Lesermail (Gravitationswellen)
Einer meiner Leser mailt mir heute:
Spiegel-Online war in den letzten Tagen ganz gut in Form. Nun gibt es ja Artikel, da erwarte ich Feminismus (Pisa-Studie zu Mathematik, die übliche Kolumne ...), überrascht wurde ich im Wissenschaftsteil zum Thema Gravitationswellen.
Wissenschaftsredakteur Christoph Seidler schreibt einen Kommentar zum Problem, wie der Nobelpreis an einzelne Personen vergeben werden soll, wenn eine Kollaboration aus hunderten Personen das Experiment entworfen, gebaut und ausgewertet hat. So weit, so gut. Aber sein Kommentar beginnt mit zwei Absätzen darüber, wie wenige Frauen bisher den Nobelpreis für Physik erhalten haben (Kunststück, Ende der 90er zu Beginn meines Studiums lag der Frauenanteil im Physikstudium in Deutschland bei 5%). Als wenn es bei der Preisverleihung nur um Beziehungen gehen würde, schreibt Seidler: "Für gewöhmlich bekommen honorige ältere Herren den Preis, genau 198 männliche Preisträger gab es bisher."
Nach einem vernünftigen Text über die Praxis, dass der Preis nicht an Organisationen vergeben wird, landet Herr Seidler wieder bei seinem Ausgangsthema: "Schön wäre es, wenn nicht am Ende wieder ein weißhaariger alter Mann den Preis in den Händen hielte."
Peter Higgs hätte den Nobelpreis für den von ihm in den 60ern vorgeschlagenen Higgs-Mechanismus bestimmt auch gerne schon damals mit 40, bevor er ergraut ist, entgegen genommen, aber die experimentelle Bestätigung des Higgs-Teilchens ließ nun einmal 50 Jahre auf sich warten und ist Voraussetzung für die Prämierung einer Theorie.
Danke Spiegel-Online, dass ich Deine Wissenschaftsredaktion jetzt auch nicht mehr ernst nehmen kann.
<< Home