Freitag, März 20, 2009

Teilnahmslosigkeit, Arroganz und Dummheit

Die FAZ berichtet über eine in den USA bereits sehr erfolgreiche Neuerscheinung auf dem deutschen Buchmarkt, in der es um den Selbstmord eines Mädchens geht. Der Autor des Artikels verknüpft dies mit dem Amoklauf in Winnenden und lässt sich von Alice Schwarzer auf eine falsche Spur führen:

Am Montag hat Alice Schwarzer, die Herausgeberin der Zeitschrift „Emma“, einen streitbaren Artikel über Winnenden veröffentlich. Sie hat den Amoklauf „das erste Massaker mit dem Motiv Frauenhass in Deutschland“ genannt - weil von den neunzehn toten und verletzten Opfern in der Albertville-Realschule achtzehn weiblich gewesen seien. Auf der Flucht habe der Täter dann wahllos und auch auf Männer geschossen. „Tim K. soll ,Depressionen' gehabt haben“, schreibt Alice Schwarzer. „Wir alle kennen depressive Frauen. Morden sie? Nein, höchstens sich selbst.“

Morden sie? In den Tagen seit den Ereignissen von Winnenden hat man zwei andere Fragen wieder und wieder gehört. Die eine lautet: Hätten wir die Warnsignale des Schulamokläufers rechtzeitig erkennen können? Und die andere: Warum sind es eigentlich immer Jungs oder junge Männer? Experten haben daraufhin erklärt, dass es sehr wohl Amokläuferinnen gibt, wenn ihre Zahl auch gering ist: Eine Studie aus dem Jahr 2006, die neunundneunzig Amokläufe an Schulen auf der ganzen Welt seit 1974 aufgeschlüsselt hat, zeigt, dass es viermal Täterinnen waren. Und obwohl die Gewaltbereitschaft junger Mädchen zuletzt gestiegen ist, was wiederum andere Studien belegen: Die Aggression psychisch belasteter Frauen, und das bringen Alice Schwarzers bittere Worte zum Ausdruck, scheint sich also eher nicht nach außen, sondern nach innen zu richten. Doch auch Jungen, dass darf man dabei nicht vergessen, begehen Selbstmord. Sie tun es sogar häufiger als Mädchen.


"Sogar häufiger" ist gut! Sie tun es nach offiziellen Statistiken siebenmal so häufig, rechnet man die "verdeckten", als Unfall ausgegebenen Selbstmorde mit, handelt es sich nach Schätzungen von Kinderärzten um eine zwölfmal so hohe Rate. Aber wenn die Jungen bei ihrem Selbstmord nicht viele andere Menschen mit sich in den Tod reißen, kümmert sich kaum jemand besonders darum. Auch nicht die FAZ. Warum nicht? Vielleicht gibt uns eine Zwischenüberschrift dieses FAZ-Artikels einen Hinweis: "Teilnahmslosigkeit, Arroganz und Dummheit".

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