Donnerstag, Februar 27, 2025

Kriegsdienstverweigerung im Kriegsfall verboten

1. Für das Verfassungsblog beschäftigt sich Professorin Kathrin Groh mit einer aktuellen Gerichtsentscheidung. Ein Auszug:

Der BGH hat am 16.1.2025 einen Beschluss gefasst, der sich folgendermaßen zuspitzen lässt: Im Kriegsfall kann das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung aus Art. 4 Abs. 3 GG ausgesetzt werden. Eine Verfassungsänderung ist hierfür nach Auffassung des BGH nicht nötig. (…) Für deutsche wehrpflichtige Männer würde das bedeuten, dass sie uneingeschränkt zum Kriegsdienst mit der Waffe herangezogen werden dürften – selbst wenn ihr Gewissen es ihnen verbietet, mit Waffengewalt andere Menschen im Krieg zu töten, sobald Deutschland mit völkerrechtswidriger Waffengewalt angegriffen und der Verteidigungsfall nach Art. 115a GG festgestellt würde.

Das ist falsch. Das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung aus Art. 4 Abs. 3 GG ist auf den Kriegsfall zugeschnitten. Sein unantastbarer Kernbereich verlangt gerade für den Verteidigungsfall uneingeschränkte Geltung. (…) Wieso kommt der BGH zu einem anderen Ergebnis, und wo biegt er falsch ab?


Hier geht es weiter – das wird dann aber sehr juristisch.

Der bekannte Rechtsanwalt und Blogger Udo Vetter hat dieses Urteil ebenfalls aufgegriffen (rein berichterstattend und ohne eigene Kommentierung). Der einzige Kommentar unter diesem Blogpost fragt, warum Frauen nicht ebenfalls eingezogen werden.



2. Der Journalist Thilo Mischke wurde von der ARD gecancelt, weil die Hauptfigur seines Romans "In 80 Frauen um die Welt" wenig Respekt vor Angehörigen des weiblichen Geschlechts hat. In einem Interview mit der "Zeit", betitelt mit "Literatur darf auch Arschgeigen enthalten", äußert er sich zum ersten Mal öffentlich zu dieser Kontroverse. Ein kleiner Auszug aus dem langen, insgesamt lesenswerten Gespräch:

"Was mich aber wirklich erschüttert hat, ist: Diese Debatte, ob ich eine Kultursendung moderieren darf, wurde ohne mich geführt. Das hat mir die Beine weggerissen. Die Verantwortung dafür tragen aber nicht nur die Podcasterinnen oder die Leute, die im Internet Kommentare geschrieben haben. Sondern die Journalisten, die das alles verbreitet haben, ohne es infrage zu stellen. Am 26. Dezember habe ich eine Spiegel-Meldung auf meinem Handy gesehen: 'ttt-Moderator steht wegen Sexismus-Vorwürfen in der Kritik'. Vom Spiegel habe ich vor Erscheinen keine Mail bekommen. Keine Anfrage, ob ich mich äußern möchte. Es gab 500 Texte zu dem Fall, aber ich habe weniger als zehn Presseanfragen bekommen. Ich habe darauf gewartet, dass mal jemand schreibt: Stopp, wir diskutieren hier über etwas Ausgedachtes. Ich hatte gehofft, dass vielleicht ein Journalist beim Riva-Verlag nachfragt, wie das Buch entstanden ist.

(…) Die ARD hatte diese Informationen, es hat nicht geholfen. Mir ist wichtig zu betonen, dass ich das umstrittene Buch offen mit der ARD im Vorfeld kommuniziert habe. Ich habe darauf hingewiesen, welche Problematik damit verbunden sein könnte. Es hat niemanden interessiert. Ich war vom 20. Dezember an jeden Tag in Videoanrufen mit verschiedenen Verantwortlichen. Da musste ich immer wieder sagen: 'Lest bitte das Buch. Ich bin nicht diese Person.' Meines Wissens hat niemand von denen das Buch gelesen oder mit dem Verlag gesprochen. Es war ein kafkaesker Albtraum. Ganz am Anfang standen noch alle Kulturchefs hinter mir. Da gab es einen Anruf, in dem das nacheinander gesagt wurde: 'Der RBB steht hinter Thilo Mischke, der MDR steht hinter Thilo Mischke.' Und so weiter. Das war skurril. Es ist dann aber gekippt. Gar nicht so sehr wegen der Kommentare oder wegen des offenen Briefs, sondern wegen der Berichterstattung in Spiegel, ZEIT, Süddeutscher, Guardian. Die Kulturschaffenden, die den offenen Brief geschrieben haben, waren der ARD zu großen Teilen ziemlich unbekannt. Ich vermute, die Berichterstattung hat unter anderem erst dazu geführt, dass die ARD mich gefeuert hat.

(…) In einem Videocall mit dem ARD-Chefredakteur fragte er mich, ob da denn was rauskommen könne. Ich bin ziemlich sicher, er meinte damit, ob herauskommen könnte, dass ich jemanden vergewaltigt habe. So etwas Unprofessionelles habe ich noch nicht erlebt. Das zeigt auch, wie wenig leitende Mitarbeitende der ARD sich mit der Thematik auseinandergesetzt haben. Meine designierte Moderatoren-Kollegin wollte gar nicht mit mir sprechen. Als sie sich am 1. Januar dazu bereit erklärte, sagte sie mir, sie werde das Buch nicht lesen, habe es nicht gelesen und würde mir nahelegen, selbst von dem Job zurückzutreten. Sie war davon überzeugt, dass das, was in dem Shitstorm kolportiert wurde, mein Frauenbild sei. Die Kulturchefin des WDR konfrontierte mich im gleichen Gespräch mit der Aussage, dass ich ja schon so ein Sexjournalist sei, wenn man sich meinen Lebenslauf ansehen würde. Es hat nicht gezählt, dass ich schon lange aufgehört habe, über Sex zu schreiben. Dass ich seitdem zahllose Filme zu verantworten habe, Auslands- und Kriegsreportagen, Podcasts, weitere Bücher, eines davon ein Spiegel-Bestseller.

(…) In deren Statement steht im Prinzip, dass jeder Mitarbeitende der ARD entlassen werden kann, wenn man etwas in seiner Vergangenheit findet, das sich für eine Kontroverse eignet. In den letzten Wochen wurde häufig ein Satz zu mir gesagt: Wenn es dich trifft, dann kann es jeden treffen."


Ach schade, meine Karriereträume bei der ARD kann ich knicken …

Im Ernst: Warum nur sind die deutschen Medien dermaßen grotesk miserabel? Und wie prüde bitte ist man noch im Jahr 2025 im deutschen Fernsehen? Seit wann muss man sich mit anderen Büchern dafür rechtfertigen, wenn man über Sexualität geschrieben hat? Gruselig.



3. Christian Schmidt zerpflückt einen männerfeindlichen Artikel, den Ursula Weidenfeld auf Spiegel-Online veröffentlicht hat.



4. Im Tagespiegel findet man einen gelungenen Artikel über ein Projekt, das einsame Männer ab 50 aus der Isolation holt. Offenbar empfindet diese Zeitung Männer, die das politische Establishment nicht in Frage stellen, nicht als bedrohlich.



5. Ein Schariagericht in Indonesien verurteilt zwei Männer zu 85 beziehungsweise 80 Peitschenhieben, weil sie sich ein Zimmer gemietet haben sollen, um Sex zu haben.



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