Neujahrsgrüße und die wichtigsten Meldungen der letzten Wochen
Ich wünsche euch ein frohes neues Jahr und danke allen Spendern sehr herzlich für eure wertvolle Unterstützung, die dazu beiträgt, dieses Blog am Leben zu halten!
Wer sich daran noch beteiligen möchte, kann das gerne hier tun.
Diesmal möchte ich ohne lange Vorrede zu den Meldungen kommen, die ich geschlechterpolitisch interessant finde und die vielleicht nicht jeder von euch mitbekommen hat. Es hat sich nämlich so einiges angesammelt, und ihr dürftet einige Zeit zum Lesen brauchen. (Erst recht, wenn ihr euch verlinkte Texte auch zu Gemüte führen möchtet.) Also einmal tief durchatmen; es geht los.
1. Die Sprecherin der Grünen Jugend, Jette Nietzard, fiel nach der Silvesternacht mit folgendem Statement auf: "Männer, die ihre Hand beim Böllern verlieren, können zumindest keine Frauen mehr schlagen." Kerle, die zu Silvester gerne ein Feuerwerk zündeten, seien solche, "die ihre Männlichkeit zu Hause durch Gewalt unter Beweis stellen müssen". Als sie daraufhin Kritik erntete, maulte sie, man solle doch besser "über systematische Lösungen für häusliche Gewalt sprechen, statt über gekränkte Männeregos." Als ob ihr Statement ein Beitrag dazu gewesen wäre …
Auf Youtube wird Jette Nietzard von dem Psychologen Varnan Chandreswaran analysiert, der selbst mal bei der Grünen Jugend war und deshalb weiß, wie die Leute dort ticken. Er wurde mir von Genderama-Lesern schon wegen seines Videos "Wie Jungs zum Scheitern erzogen werden" mit Nachdruck empfohlen.
2. Ebenfalls auf Youtube widmet sich Tamara Wernli einem anderen Aussetzer derselben Dame: "Männer sind zu rechts zum Daten". Dabei erklärt Wernli der jungen Grünen auch, warum sie tatsächlich ständig Pech haben könnte, wenn sie eine Partnerschaft mit einem Mann sucht.
3. Der STERN erklärt, warum die AfD problematisch ist: "Überall nur Männer".
4. "Männer – das schwache Geschlecht" schlagzeilt die Neue Zürcher Zeitung.
Warum wählen gerade junge Männer heute vermehrt rechts? Auffällig sind die Abstiegsängste bei weniger gut gebildeten Männern. Sie fallen bei der Bildung mehr und mehr hinter die Frauen zurück und scheiden in steigender Zahl aus dem Arbeitsmarkt aus.
Der Artikel weist darauf hin, dass in Großbritannien inzwischen sogar das Median-Einkommen der Frauen im Alter zwischen 21 und 26 Jahren höher sei als das der Männer. Die "Financial Times" spreche in ihrem Artikel "Young women are starting to leave men behind" sogar von einer "tektonischen Verschiebung". Hinzu komme: Junge Frauen bevorzugen weiterhin erfolgreichere Partner.
Auch dieser Artikel von Professorin Margit Osterloh zitiert den US-amerikanischen Männerrechtler Richard Reeves.
5. Ebenfalls in der Neuen Zürcher Zeitung kommt Birgit Schmid darauf zu sprechen, dass sehr viele Frauen in den USA Donald Trump gewählt haben. "Der Hegemonieanspruch der feministischen Bewegung, die Behauptung, für die Frauen insgesamt zu sprechen, wird von der Realität infrage gestellt wie vielleicht noch nie", erläutert Birgit Schmid. "Der Feminismus der letzten Jahre ist gescheitert."
Die feministische Prämisse, dass Frauen eine Frau wählen, weil sie eine Frau ist, ist falsch. Sie geht von der Benachteiligung der Frau aus als einer Erfahrung, die den Wahlentscheid beeinflusst wie nichts anderes. Man sieht in den Trump-Wählerinnen Verräterinnen an der Sache der Frau, nennt sie "unsolidarisch". Statt ihre Motivation verstehen zu wollen, zweifelt man an ihrem politischen Verstand. An diesem fehlenden Interesse für Frauen, die anders leben und denken, scheitert der moderne, akademisch geprägte Feminismus.
(…) Im Umkehrschluss zur vermeintlichen politischen Homogenität der Frauen gibt es eine Tendenz, zu pauschalisieren und Männer abzuwerten. An Männern sei alles falsch, so die Aussage, also müsse man sie zu besseren Menschen erziehen. Die Anklägerinnen wirken selbstgerecht, als wären Frauen das moralisch überlegene Geschlecht.
6. In Österreichs "Kurier" ist man von folgender Entwicklung genervt:
Ausgelöst durch den Sieg des für misogyne Rhetorik bekannten Donald Trumps in den USA, schwappte jüngst etwa eine heftige Welle des Frauenhasses über die sozialen Netzwerke auch nach Europa. Sogenannte "Männerrechtler" feierten den Triumph Trumps als einen "Sieg der Männer".
Hört sich nach schlimmen Menschen an. Macht besser einen Bogen um sie.
Die zitierte Passage leitet ein Interview mit der Wiener Politologin Birgit Sauer ein. Die mosert:
Eine Studie vom - nicht sehr emanzipatorischen - American Institute for Boys and Men stellt fest: Immer weniger junge Männer promovieren, in absoluten Zahlen und auch im Verhältnis zu Frauen. In der Studie wurde es dann so dargestellt, als wären die Männer die Opfer.
Der Präsident dieses Instituts ist übrigens Richard Reeves. Sein Institut kann man nur dann als "nicht sehr emanzipatorisch" betrachten, wenn man findet, "emanzipatorisch" bedeute soviel wie: "nutzt einzig und allein den Frauen". Ähnlich gruselig verläuft der Rest des Interviews mit viel sexistischem Victim Blaming und ähnlichen Versatzstücken. Auf die Frage, ob es ein Männerministerium brauche, erwidert Sauer, dies sei nur dann sinnvoll, wenn darin die Hoheit der feministischen Ideologie herrsche. Die Männerabteilung im Sozialministerium, die es unter FPÖ-Herrschaft kurzzeitig gab, habe "leider nur die Väterrechtler unterstützt".
Die Vorstellung, dass Männer politisch bekommen könnten, was sie wollen, und nicht, was Frauen für gut für Männer halten, bleibt eine feministische Schreckvorstellung.
7. Einige Medien haben die "Jungenkrise" als Thema wiederentdeckt. So schlagzeilt Österreichs Standard: "Abgehängt und orientierungslos? Warum wir darüber reden müssen, wie es Buben geht" In einem weiteren Artikel des "Standard" zum selben Thema geht es um die Pubertät als Männlichkeitsschule. Der Schweizer "Blick" titelt: "Buben bleiben in der Schule häufiger auf der Strecke". Sämtliche Artikel enthalten ebenfalls ein gerüttelt Maß an feministischer Ideologie: Victim-Blaming, Umerziehungsphantasien, "Es-sind-ja-nicht-alle-Jungen-gleichermaßen-benachteiligt"-Rhetorik, die Behauptung, dass erwachsene Männer später ja doch wieder durch einen guten Verdienst bevorteilt würden, Genörgel über die "Mannosphere" im Internet und dergleichen mehr. Gesamtbotschaft: Das System ist schon richtig, die Jungen und Männer sind falsch.
8. "Toxische Männlichkeit lässt sich nicht mit Hass bekämpfen" mahnt "Die Welt":
Für radikale Feministinnen sind Männer der Grund für die meisten Übel. Aber ein derart vergifteter Diskurs führt nicht zu mehr Gerechtigkeit. Die Zukunft von Mann und Frau ist kein Kräftemessen – sie ist ein gemeinsames Projekt.
9. In einem weiteren Artikel der "Welt" geht es um die Französin Caroline Fourest. Sie beobachtet bei vielen Feministinnen "eine ideologische Schieflage, die in eine Schreckensherrschaft kippen könnte".
10. Heise berichtet über eine Initiative von Medizinern, männliche Unfruchtbarkeit stärker zu bekämpfen:
In der Hälfte aller Fälle liegt ungewollte Kinderlosigkeit auch am Mann. Doch momentan konzentriert sich die Medizin stark auf Frauen.
(…) Die Deutsche Gesellschaft für Andrologie e.V. (DGA), die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) und der Berufsverband der Deutschen Urologie e.V. (BvDU) haben deshalb im November einen Aufruf samt Konsenspapier verfasst, um die Versorgungslage von Männern, die von Infertilität betroffen sind, zu verbessern. Es geht darum, endlich einheitliche medizinische Standards aufzustellen, wie sie bei der Behandlung unfruchtbarer Frauen längst vorhanden sind, beim Mann bislang – aus unklaren Gründen – noch fehlen.
(…) Ein zentrales Problem bleibt, dass die Kassen sich auf die aktuelle Situation noch gar nicht eingestellt haben. Behandelbare Ursachen männlicher Zeugungsunfähigkeit müssen zum Teil privat bezahlt werden oder werden daher ganz unterlassen.
Wenn Männer im angeblichen Patriarchat benachteiligt werden, sind die Gründe immer "unklar". Oder die Männer sind selbst schuld. Von Letzterem ist auch der Heise-Artikel nicht völlig frei.
11. Bei Spiegel-Online geht es um Kuckuckskinder: "Mein Sohn weiß nicht, dass ich sein Vater bin". Der betroffene Mann berichtet:
Dann ging die Sache mit dem Umgangsrecht los. Ich wurde immer wieder davor gewarnt, die Vaterschaft von Jessicas Mann anzufechten, weil das den Familienfrieden stören würde und mir negativ angelastet werden könnte. Das deutsche Umgangsrecht gibt mir allerdings keine Sicherheit: Wenn ich meinen Sohn sehen will, bin ich immer auf Jessicas Zustimmung angewiesen. Deswegen habe ich es einmal vor Gericht probiert, aber es hat nicht geklappt.
12. "Immer mehr Männer werden von ihren Frauen verprügelt", heißt es beim Nordkurier, als ob Frauen tatsächlich immer brutaler würden und es nicht um ein allmähliches Erhelen des Dunkelfelds ginge. Der Artikel selbst bezieht sich explizit auch allein auf das Hellfeld, mahnt aber an, dass selbst danach dringender Handlungsbedarf besteht:
Das bedeutet aber auch, dass Jungen und Männer in beträchtlichem Maß Betroffene von häuslicher Gewalt seien. In Zahlen ausgedrückt: Laut Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz (BFKM) belief sich die Zahl männlicher Betroffener von häuslicher Gewalt im Jahr 2022 auf 70.000 Fälle. Das Dilemma: Für männliche Opfer stehen durch die BFKM lediglich zwölf Schutzwohnungen zur Verfügung.
Die Gründe dafür? Unklar.
13. Die Jungle World beschäftigt sich mit Gewalt gegen Schwule.
"Es kommt regelmäßig zu Übergriffen bei Blind Dates", sagt Bastian Finke, Leiter von Maneo, im Gespräch mit der Jungle World. Es seien beileibe keine Einzelfälle, sondern Maneo habe das ganze Jahr über mit solchen Meldungen zu tun. Diese reichten von Verabredungen in der eigenen Wohnung, bei denen auf einmal viel mehr Menschen erschienen und das Opfer dann entweder überfallen, demütigen, ausrauben oder auch alles zusammen, bis hin zu fingierten Verabredungen an öffentlichen Orten, bei denen es zu Übergriffen komme.
Es scheint ein bundesweiter Trend zu sein. Auch dem Verein Sub in München wurde jüngst ein Übergriff gemeldet, so wurde der Jungle World mitgeteilt. Vier jugendliche Täter hätten einen 20jährigen in seiner Wohnung überfallen. Zuvor habe sich der Betroffene auf einer bei Schwulen beliebten Dating-App verabredet. Vor seiner Wohnung hätten dann drei Vermummte auf ihn gelauert und ihn überfallen; der gedatete Mann hatte das Opfer in eine Falle gelockt. Im Polizeibericht taucht der Überfall nicht im Zusammenhang mit Hasskriminalität auf. Doch das Opfer wandte sich an Sub und berichtete von homophoben Beschimpfungen.
Im Juni traf es einem 58jährigen in einem abgelegenen Waldstück in Hagen. Ebenfalls über eine Dating-App hatte der sich mit einem vermeintlichen Callboy verabredet. Stattdessen erwartete ihn allerdings eine Gruppe Vermummter, die ihn zusammenschlug und ausraubte. Der 58jährige musste im Krankenhaus behandelt werden. Die Polizei sprach von sechs mutmaßlichen Tätern im Alter zwischen 15 und 18 Jahren – und von Ähnlichkeiten zu gleichgelagerten Taten, die sich kurz zuvor in der Region zugetragen hätten.
(…) Bei den Tatverdächtigen beobachtet Maneo eine Tendenz. Einige wenige Blind Dates seien von Rechten vorgetäuscht worden, um ihre Opfer dann zu verprügeln. Bei der Mehrzahl der gemeldeten Fälle hätten die Täter aber keine "klassisch deutschen Namen", wie Finke es vorsichtig umschreibt. Die Brisanz der Statistik ist ihm bewusst und er wehrt sich präventiv gegen irgendwie geartete rassistische Deutungsmuster. Es seien aber oft Täter, die aus dem arabischen oder südosteuropäischen Raum stammten.
Die bloße Erwähnung, dass es auch unter Zuwanderern problematische Menschen und Gruppen gibt, ist noch kein Rassismus.
14. Bei Kindesentführung nach einer Partnerschaft sind die Täter nicht immer Männer. Das verdeutlicht ein aktueller Fall in Frankfurt.
15. Berliner Unternehmer wollen den Weltfrauenkampftag (8. März) als Feiertag abschaffen. Stattdessen solle man das Patriarchat beseitigen, heißt es in einem Artiel der "taz".
Statt den 8. März als arbeitsfreien Tag zu streichen, sollten wir also lieber auf Männer in Machtpositionen verzichten. Schließlich kosten uns diese ebenfalls viel Geld: Sei es durch ihre überzogenen Boni, Steuerhinterziehungen oder wirtschaftskriminelle Machenschaften.
Pauschalisierungen, die sich bei Zuwanderern zu Recht verbieten, sind kein Problem, wenn es gegen erfolgreiche Männer geht. Immerhin heißt es in dem Artikel allerdings auch:
Aber wir wollen nicht sexistisch sein, Frauen in Machtpositionen sind nicht unbedingt besser.
Auch die BZ kommentiert die Kontroverse:
Die Sozialdemokraten sind vor Wut geradezu außer sich. "Frauenrechte sind nicht verhandelbar", schimpfte Mirjam Golm aus der SPD-Fraktion. "Wer diesen wichtigen Kampftag in Frage stellt, nimmt Frauenrechte nicht ernst genug", erzürnt sich Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe. Sie führt gerne das große Wort, wenn es um linken Populismus geht.
Doch der Frauentag ist fast nirgends auf der Welt ein gesetzlicher Feiertag. Nach Kiziltepes Logik nehmen gerade mal 28 Länder die Frauenrechte ernst, darunter ausgerechnet Nordkorea, Uganda und Russland. (…) Jetzt so zu tun, als ob es ohne Frauentag keine Frauenrechte gibt, ist zumindest absurd.
16. Der Sprachwissenschaftler und Gender-Kritiker Fabian Peyr schreibt darüber, wie der Hessische Rundfunk seine Nutzer verachtet und die Rechtschreibung ignoriert. Die von ihm geschilderte Situation ist tatsächlich bizarr:
In Hessens Schulen gelten Genderzeichen als Fehler. Trotzdem ignoriert der Landes-Sender weiter die Orthografie. Beschwerden dagegen werden abgewimmelt. Die Antworten diskriminieren die Mehrheit der Bevölkerung.
Eine Beschwerde scheiterte am 13. Dezember in letzter Instanz beim Rundfunkrat:
Tagungsordnungspunkt 5 der Sitzung lautet: "Beschwerdeverfahren hinsichtlich rechtlicher Konformität bei der Nutzung von Sonderzeichen als Ausdruck gendergerechter Sprache im Unternehmen Hessischer Rundfunk". Keine der zahlreichen in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen wird im Plenum diskutiert. Der Argumentation des Beschwerdeausschuss folgend wird lediglich erneut festgestellt, dass es keine rechtlichen Bedenken bei der Nutzung von Gendersonderzeichen durch den hr gibt. Das differenziert argumentierende Schreiben der Initiative wird lediglich auf die eine Frage verzwergt, ob die "progressiven" Sprachexperimente des hr rechtlich zulässig sind. Das wird bejaht.
(…) Fazit: Der hr wird die sprachliche Abkoppelung von seiner Zuhörer- und Zuschauerschaft weiter fortsetzen und seinen von der feministischen Linguistik inspirierten Privatjargon auch in Zukunft pflegen. An einem "Dialog auf Augenhöhe" mit seinen "Zuhörenden" und "Zuschauenden" hat er kein Interesse. Mit dem Gebrauch der Gendersprache nutzt er einen Soziolekt, der sicher in universitären und bestimmten politischen Milieus Anklang findet. Es wäre die Aufgabe des Rundfunkrates, hier kritisch zu intervenieren. Er müsste Kritik daran üben, dass der Sender die aktivistische Sprache einzelner Mitarbeiter zum moralischen Aushängeschild erklärt. Der Rat müsste den Journalisten im hr vor Augen halten, was es wirklich bedeutet, ein "Angebot für alle" zu erstellen. Ein solches Angebot würde eine Sprache verwenden, die eint und nicht spaltet, eine Sprache, die Inhalte in den Mittelpunkt stellt und nicht die vermeintlich progressive Gesinnung der Texter.
Wie sich jedoch gezeigt hat, ist ein solcher Ansatz bei den Öffentlich-Rechtlichen aussichtslos.
17. Ein großes Medienthema der letzte Wochen war Thilo Mischke, dem die Moderation einer ARD-Kultursendung aberkannt wurde, nachdem ein feministischer Podcast lang und breit ausgewalzt hatte, wie schlimm Mischkes Buch "In 80 Frauen um die Welt" gewesen sei. In den Passagen des Romans, die die Feministinnen angeprangert hatten, zeigt der Ich-Erzähler in der Tat keinen großen Respekt gegenüber Frauen. Allerdings trifft das nicht nur auf so manches literarische Werk zwischen "Lolita" und "American Psycho" zu; Mischke hatte seinen Roman deshalb auch schon vor einiger Zeit vom Markt nehmen lassen. Trotzdem hatte er im aktuellen Diskussionsklima keine Chance.
ARD-Programmchefin Christine Strobl merkt dazu an:
"Wenn ich in den letzten Tagen höre, dass mehrere anerkannte und beteiligte Personen aus der Branche sagen, sie trauen sich nicht mehr zu, in der Öffentlichkeit etwas zu dieser Debatte zu sagen, weil sie Angst haben, sich einem persönlichen Shitstorm auszusetzen - dann zeigt das für mich, dass wir eine Form der Debattenkultur erreicht haben, die ich problematisch finde und mit Sorge betrachte."
Auch die Journalistin Wiebeke Hollersen spricht über diese Mechanismen:
Wir wissen nun, was es braucht, um zu verhindern, dass jemand bei der ARD einen Job bekommt: viele Kommentare in den sozialen Medien, eine lange Podcastfolge ("Die Causa Thilo Mischke"), die Verfehlungen desjenigen aufzählt, den man nicht im Fernsehen sehen möchte (bis hin zu dem Vorwurf, er habe den Namen einer Gesprächspartnerin nicht richtig betont), einen offenen Brief von 100 politisch eher links stehenden Kulturschaffenden (darunter eine Person, die in einem Text schrieb, dass Polizisten auf den Müll gehören), eine Online-Petition mit gerade mal 3500 Unterschriften. Das ist ein Muster, das von nun an beliebig oft kopiert werden kann. Ein paar Tausend Menschen können in Deutschland bestimmen, wer in der ARD (und sicher auch beim ZDF) nicht moderieren darf.
Das ist das Beängstigende an diesem Shitstorm: Wie schnell der größte Sender in Deutschland sich ihm gebeugt hat. Die ARD tut in ihrer Erklärung nicht mal mehr so, als wolle sie mit "ttt" eine Sendung für mehr als nur eine Gruppe von Leuten machen. Als interessiere sie auch nur annähernd, was über diese Gruppe hinaus gedacht wird, ob Dinge moralisch auch anders bewertet werden können. Der Sender führt keine Diskussion darüber, sondern springt von erklärter Vorfreude zu einer Absage.
Das Overton-Magazin widmet sich auf dieser Grundlage der Männerfeindlichkeit in den Öffentlich-Rechtlichen insgesamt. Dabei kommt er zunächst auf die Journalistin Sibel Schick zu sprechen:
Als Debattenbeitrag zu der im Sommer 2018 auf Twitter ausgiebig diskutierten Frage, ob Männer Abfall seien ("#MenAreTrash"), hatte sie geschrieben: "Es ist ein strukturelles Problem, dass Männer Arschlöcher sind." Ergänzend veröffentlichte sie ein Gedicht unter dem Titel "Männer sind Arschlöcher" in einer feministischen Zeitschrift. Dass sie dafür so viel Gegenwind bekam, konnte sich Schick nur mit einer Kampagne rechtsextremer Trolle erklären. Sibel Schick gehört zu jenen rund 200 "Kulturschaffenden", die mit einem offenen Brief an die ARD dazu beigetragen haben, Thilo Mischke zu canceln.
(…) Von Cancel Culture könne aber keine Rede sein, heißt es in den sich progressiv dünkenden Medien. Es gehe ja nicht um die Person, sondern darum, eine hochwichtige Kultursendung nicht zu beschädigen. Ohnehin behaupten pseudoprogressive Medien- und Kulturschaffende unablässig, es gebe gar keine Cancel Culture.
Eine interessante Begründung dafür, dass es angeblich keine geben kann, lieferte Jovana Reisinger, eine der 200 Kulturschaffenden, in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel. Einen Namen gemacht hat sich die Vogue-Kolumnistin vor allem mit ihrer Parole, die Feministin von heute solle am besten Tussi sein. In ihrem Gastbeitrag zitiert sie eine nicht namentlich genannte Instagram-Nutzerin:
"Cancel Culture, wie sie diskutiert wird, kann in einem patriarchalen System gar nicht existieren, da die Medienmacht von männlichen Netzwerken dominiert wird, die Täter bzw. Männer, die wegen offen ausgelebtem Sexismus in der Kritik stehen, unterstützen und ihnen zusätzliche Plattformen bieten."
Nun hat die ARD gerade den „Täter“ bzw. Mann Thilo Mischke gecancelt, was darauf hindeutet, dass es mit der Macht männlicher Netzwerke in den Medien vielleicht doch nicht so weit her ist. Menschen wie Reisinger lassen sich von solchen Widersprüchen jedoch nicht beirren. Denn das unveränderte Fortbestehen des Patriarchats ist für sie keine These, die mit der Realität abzugleichen wäre, sondern ein Glaubenssatz, so wie die Auferstehung Jesu Christi für gläubige Christen.
Im Artikel des Overton-Magazin heißt es weiter:
Am Ende der Aufstellung von Mischkes Missetaten erfahren wir noch, dass eine gewisse Rebekka einem in einem Interview mit dem Deutschlandfunk gesagt habe: "Rape Culture IST unsere Kultur und sexualisierte Gewalt ist kein Nebenprodukt, sondern zentraler Bestandteil der Männlichkeit-Konstruktion."
(…) Diese Haltung spiegelt sich auch in vielen Kommentaren der progressiven Presse zur Causa Mischke wider. In der taz etwa wurde der ganz große Bogen gespannt: von dem Autor und Journalisten Thilo Mischke, der schon deshalb des Sexismus als überführt gilt, weil "Frauen und Sex … auch sein Lieblingsthema zu sein" scheinen, bis zu #meToo, Gisèle Pelicot und der Aufdeckung von Telegram-Gruppen, in denen sich Männer darüber austauschen, wie sie Frauen betäuben und vergewaltigen können.
18. Kommen wir zu Meldungen aus dem Ausland. Immer wieder war auf Genderama Thema, wie in der Ukraine Männer gejagt werden, die nicht an die Front wollen. Aber auch in Russland werden junge Männer mit Zwang eingezogen. Auch dort werden Männer mit der Parole "Wir finden dich, Verweigerer" aus U-Bahnen, Autos und Wohnungen geholt. Dabei setzen Putins Leute unter anderem die Gesichtserkennungssoftware der Überwachungskameras ein.
Schon seit Beginn der sogenannten Spezialoperation werden in Moskau Männer im wehrpflichtigen Alter angehalten und kontrolliert. Doch nun gehen die Behörden in der Hauptstadt noch rabiater vor: In sozialen Medien häufen sich Videos, die zeigen, wie Polizisten junge Männer aus Autos zerren, in Studierendenwohnheimen abfangen, in Wohnungen suchen, schließlich in Handschellen zu einem Militärpunkt bringen. Bei einigen Festnahmen sollen die Beamten Elektroschocker eingesetzt haben. Mehr als 200 Vorfälle zählten Menschenrechtsgruppen im Oktober und November für Moskau, das sind zweieinhalbmal mehr als noch im Vorjahr – und es sind nur jene, die Angehörige oder Betroffene selbst bekannt gemacht haben. Viele andere schweigen aus Angst.
"Es wird regelrecht Jagd auf junge Männer gemacht", sagt Alexej Tabalow, Leiter der Bewegung "Schule für Wehrpflichtige". Die Menschenrechtsorganisation informiert jene, die nicht zur Armee wollen, über ihre Rechte.
(…) Absolute Willkür sei das, was ihm passiert sei, sagt Wlad am Telefon. Seitdem er 15 Jahre alt war, leide er unter Schizophrenie, einer psychischen Erkrankung mit Halluzinationen, Stimmungsschwankungen bis zu Selbstmordgedanken. All das ist gut dokumentiert, er hat einen Ordner mit Unterlagen seiner Ärzte, die er dem SPIEGEL vorgelegt hat. Die aber interessierten die Militärkommission offenbar nicht, die ihn als "tauglich für den Militärdienst mit geringen Einschränkungen" einstufte. Dabei ist in der Verordnung über militärärztliche Gutachten klar aufgeführt, dass Menschen mit Schizophrenie nicht für den Wehrdienst tauglich sind.
Der lange Artikel ist bei Interesse am Thema in Gänze lesenswert.
19. Israel blockiert eine Untersuchung der Vereinten Nationen, ob es beim Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober auch sexuelle Übergriffe gegeben habe. Das berichtet die israelische Oppositionszeitung Haaretz. Grund für Israels Verhalten ist die Befürchtung, dass die Vereinten Nationen dann auch Israels sexuelle Gewalt gegen palästinensische Gefangene untersuchen könnten. Genderama hatte im vergangenen Jahr immer wieder über jene Fälle berichtet, von denen Männer betroffen waren.
20. Die indische Bahn verfolgt 304 Männer, weil sie in Abteilen reisten, die allein für Frauen reserviert waren.
21. In Südafrika wurden Dutzende nackte Männer aus einem Haus befreit.
22. Die britische feministische Kulturwissenschaftlerin Jilly Kay bewerter die Femosphäre im Internet ähnlich negativ wie die Manosphäre:
Die meisten Teile der Femosphäre bezeichnen sich selbst ausdrücklich als feministisch, und Kay sagte, sie sei überrascht gewesen, dass ihre Werte konservativ und ihre Philosophie meist gegen die Gleichstellung der Geschlechter gerichtet sei.
(…) Kay hat sich die Female Dating Strategy angesehen, die als Reddit-Forum (mit mehr als 250.000 Mitgliedern) begann und sich auf soziale Medien und einen Podcast ausweitete. Es hat eine Sechs-Punkte-Ideologie, der sich die Mitglieder anschließen können. Dazu gehören Ideen wie: Männer sollten immer hinter Frauen her sein, Frauen sollten sich um finanzielle Zuwendungen von Männern bemühen, und die Mehrheit der Männer hat keinen Wert.
Öhm … einige Parallelen zum Feminismus gibt es hier durchaus.
Es gibt klare Gründe, warum sich Frauen und Mädchen zu dieser Denkweise hingezogen fühlen könnten, so die feministische Theoretikerin Dr. Sophie Lewis, die in ihrem demnächst erscheinenden Buch Enemy Feminisms Momente in der Geschichte untersuchen wird, in denen sich Feministinnen mit unwahrscheinlichen Gruppen wie Kolonialregimen und sogar dem Ku-Klux-Klan verbündet haben.
Ein antifeministisches Buch also. Weiß die Meldestelle Bescheid?
Auch der Sprachgebrauch ist teilweise ähnlich. In der Manosphäre wird oft von "redpilled" gesprochen - die Vorstellung, in Anlehnung an die Handlung des Matrix-Films plötzlich die Realität sehen zu können (…). In der Femosphäre wurden diese als "rosa Pille" umgedeutet.
Anschuldigungen wegen toxischer Sprache und Hassrede haben dazu geführt, dass einige Frauengruppen, darunter auch Femcel-Gruppen, von Reddit verbannt wurden. Wie die Manosphäre-Gruppen vor ihnen haben sie daraufhin ihre eigenen unabhängigen Plattformen gegründet.
"Normalerweise verkleinert sich diese Gemeinschaft, wird aber radikaler und toxischer, weil es an Moderation mangelt und gemäßigtere Positionen weniger bekannt sind".
Verstehe. Irgendwann werden die Frauen dort dermaßen radikalisiert, dass sie nur noch in deutschen Medienredaktionen unterkommen können. Betrüblich.
23. Eine US-amerikanische Folgestudie zu sexuellen Übergriffen gegen Männer nennt die Zahlen aus dem Jahr 2024:
29 % erlebten verbale sexuelle Belästigung
15 % erlebten sexuelle Belästigung im Internet
21 % erlebten körperlich aggressive sexuelle Belästigung
24 % erlebten Nötigung bei der Partnersuche und sexuelle Drohungen
Der verlinkte Beitrag erinnert auch an die Ergebnisse einer Untersuchung von 2016/2017, was "sexuelle Kontaktgewalt" angeht. Demnach erlebten Männer
Versuchte oder vollendete Vergewaltigung (3,8 %),
gezwungen worden zu sein, jemanden zu penetrieren (10,7 %),
sexuelle Nötigung (10,9 %) und
unerwünschter sexueller Kontakt (23,3 %).
In Medien und Politik sind diese hohen Raten bei männlichen Opfern kein Thema. Die Gründe? Unklar.
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