Samstag, Juli 11, 2020

SPIEGEL geht CDU-Frauenquote längst nicht weit genug – News vom 11. Juli 2020

1. Im Leitartikel des aktuellen SPIEGEL, "Petersilie am Tellerrand", verkündet Ann-Katrin Müller, dass die Frauenquote, zu der die CDU-Spitze ihrer Partei dieser Tage verdonnerte, kaum mehr als Deko sei: "was fürs Auge, aber mit bitterem Beigeschmack, wenn man länger darauf herumkaut." Stattdessen brauche es viel weiter gehende Regeln: paritätisch besetzte Gremien und Listen, Direktkandidatinnen, quotierte Rednerlisten. "Dass all das hilft", so Müller, "kann man bei anderen Parteien begutachten, in denen mehr Frauen mitmischen, bei den Grünen zum Beispiel. Der CDU fehlt es immer noch an der Einsicht – und der Konsequenz."

Derweil erklärte der potentielle CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz: "Aus besseren Chancen für Frauen – die wir alle wollen – darf nicht eine Diskriminierung der Männer werden. Das wäre auch juristisch angreifbar."



2. Die Unionsparteien haben sich mit der SPD auf eine Bundesgleichstellungsstiftung des Öffentlichen Rechts geeinigt:

Dazu erklären der familienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marcus Weinberg und die zuständige Berichterstatterin, Silvia Breher:

Marcus Weinberg: "Die Einigung der Koalitionsfraktionen auf die Errichtung einer Bundesgleichstellungsstiftung des Öffentlichen Rechts ist für die Gleichstellung von Frauen und Männern ein wichtiges Signal. Mit der Errichtung einer Bundesstiftung setzen wir gleichzeitig auch die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag um. Die Bundesstiftung soll Akteure und Aktive stärker vernetzen und die Gleichstellungsarbeit vor Ort stärken. Kommunen sollen beraten und informiert werden."

Silvia Breher: "Der jetzt erfolgte erste Schritt zur Gründung einer Gleichstellungsstiftung macht deutlich, dass wir dem Thema Gleichstellung eine neue Qualität verleihen wollen. Die Corona-Krise hat es gezeigt: Gleichstellung ist kein Selbstzweck, sondern elementare Voraussetzung, damit Frauen in allen Bereichen des öffentlichen, wirtschaftlichen und politischen Lebens auch tatsächlich dieselben Chancen bekommen wie Männer."




3. Der heutige 11. Juli ist der Tag des sogenannten "Gender Empathy Gaps", der an das fehlende Interesse unserer Gesellschaft am Leiden von Männern erinnert. Der 11. Juli wurde ausgewählt, weil an diesem Tag vor 25 Jahren in den Konflikten des zerfallenden Jugoslawien das Massaker von Srebrenica begann. Bosnisch-serbische Soldaten trennten bosniakische Frauen und Kinder von den Männern und brachten sie in Sicherheit. Achttausend bosniakische Männer und Jungen wurden dann während mehrerer Tage von den bosnisch-serbischen Einheiten brutal ermordet. In der öffentlichen Wahrnehmung dieses Massakers wird es indes fast nie als das behandelt, was es war: ein sexistischer Genderzid. Infolgedessen gibt es in den Vereinten Nationen noch heute zwar eine Sektion "UN Women", aber keine parallele Abteilung für die Anliegen von Männern.

Auf der deutschen Website zum Gender Empathy Gap findet man inzwischen auch einen Gastartikel von Dr. Warren Farrell. Aktuelle Blogbeiträge zum Gender Empathy Gap bei Uepsilonniks und bei Gunnar Kunz beschäftigen sich vor allem mit dem Thema Obdachlosigkeit.



4. Zwei schwarze Teenager wurden im US-Bundesstaat South Carolina ein Jahr lang wegen Vergewaltigung ins Gefängnis gesteckt, obwohl DNS-Spuren ihre Unschuld bewiesen hatten. Auch als einem anderen Mann das Verbrechen zur Last gelegt wurde, blieben die beiden hinter Gittern. Jetzt verklagen sie den Bundesstaat auf Entschädigung für ihre Haft. Die Schilderung des Falles in dem verlinkten Artikel zeigt auffällige Parallelen zu dem bekannten Fall der Central Park Five.



5. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:

Hallo Arne,

ich wollte dir nur mal mitteilen, was bei Spiegel Online als Kommentar nicht mehr durchkommt. Mein Kommentar zu dem Artikel über Merz und die Frauenquote in der CDU bestand nur aus einem Satz:

"Meine schlimmste Befürchtung in diesem Kontext: Parlamente voller Quotenfrauen, die dann absolut jedes Gesetz zur Frauenbevorzugung unterstützen, wenn sie nicht als Heuchlerinnen dastehen wollen und damit an dem Ast sägen würden, auf dem sie selber sitzen. "

Eine kleine Diskussion über Kommentare, die nicht durchkommen, und wo ich nur endeuten konnte, welcher Inhalt geblockt wurde, erschien ganz kurz, aber dann haben die ziemlich schnell jeden Hinweis wieder beseitigt, dass überhaupt irgendwas geblockt wurde.


Professionelle Zensur abweichender Meinungen sollte immer so aussehen, als ob keine Zensur stattgefunden hätte. "Zeit"-Online" macht das immer noch ein wenig dilettantisch und lässt erkennen, wenn etliche Leserkommentare unter einem Artikel gelöscht wurden. Insgesamt können wir aber stolz darauf sein, mit welcher Perfektion viele Leitmedien ihre Zensur inzwischen betreiben: An vielen Lesern dürfte völlig vorbeigehen, wie eng der Meinungskorridor inzwischen gehalten wird.

kostenloser Counter