Jungen werden häufiger vergewaltigt als Mädchen
Der auf Männergesundheit spezialisierte klinische Sozialarbeiter und Psychotherapeut Tom Golden hat aktuell einen neuen Beitrag auf der männerpolitischen Website "A Voice for Men" veröffentlicht: "Boys Raped More Often Than Girls":
Werden Jungen sexuell missbraucht? Nachforschungen zufolge ist die Antwort ein sehr starkes Ja. Eine CDC-Studie aus dem Jahr 2005 zeigte, dass einer von sechs Jungen bis zum Alter von 18 Jahren unerwünschte sexuelle Kontakte erlebte. Bei den Mädchen war die Zahl etwas höher, es war eine von vier. Damit haben 25% der Mädchen und 16% der Jungen vor dem 18. Lebensjahr unerwünschte sexuelle Aktivitäten erlebt.
Ich bin sicher, dass sich einige von Ihnen fragen, wie genau die Frage formuliert wurde, um zu diesen Zahlen zu gelangen. Wir leben in einer Zeit, in der die Definitionen so verwässert wurden, dass die Statistiken nicht mehr aussagekräftig sind. Sehen wir uns also den genauen Wortlaut an:
"Vier Fragen von Wyatt wurden angepasst, um sexuellen Missbrauch in der Kindheit und Jugend zu definieren: 'Einige Menschen hatten, während sie in ihren ersten 18 Lebensjahren aufwachsen, eine sexuelle Erfahrung mit einem Erwachsenen oder jemandem, der mindestens fünf Jahre älter ist als sie selbst. An diesen Erfahrungen kann ein Verwandter, ein Freund der Familie oder ein Fremder beteiligt gewesen sein. Hat ein Erwachsener, ein Verwandter, ein Freund der Familie oder ein Fremder während der ersten 18 Lebensjahre jemals (1) Ihren Körper auf sexuelle Weise berührt oder gestreichelt, (2) ihren Körper auf sexuelle Weise berühren lassen, (3) versucht, irgendeine Art von Geschlechtsverkehr mit Ihnen zu haben (oral, anal oder vaginal), oder (4) tatsächlich irgendeine Art von Geschlechtsverkehr mit Ihnen gehabt (oral, anal oder vaginal)?' Eine 'Ja'-Antwort auf eine der vier Fragen stufte einen Befragten als von sexuellem Missbrauch betroffen ein. Darüber hinaus wurden die Häufigkeiten für jede Komponente berechnet".
Diese Formulierung scheint ziemlich einfach zu sein und erfüllt die wichtige Aufgabe, das Wort Missbrauch nicht zu verwenden. Wir wissen inzwischen, dass Männer in der Vergangenheit nur zögerlich geantwortet haben, dass sie missbraucht wurden, weil sie ihre Erfahrung oft nicht als Missbrauch empfinden.
In einer Studie wurde eine Stichprobe von Kindern, sowohl Jungen als auch Mädchen, untersucht, die sexuellen Missbrauch in der Kindheit erlebt hatten. Von dieser Gruppe waren nur 16% der Jungen der Meinung, dass sie missbraucht worden waren – im Vergleich zu 64% der Mädchen, die glaubten, dass sie missbraucht worden waren. In dieser Stichprobe glaubten viermal so viele Mädchen, die laut Definition sexuellen Missbrauch erlebt hatten, dass ihre Erfahrung "Missbrauch" darstellte. Nur ein Bruchteil der Jungen war der Meinung, dass sie missbraucht worden waren, obwohl sie eine ähnliche Erfahrung gemacht hatten. Dies war wahrscheinlich ein Faktor in einigen früheren Untersuchungen, die zeigten, dass Jungen seltener sexuell missbraucht würden.
Die schlichte Verwendung des Begriffs "Missbrauch" in einem Forschungsfragebogen würde die Zahlen durcheinander bringen. Die Dinge scheinen sich drastisch zu ändern, wenn man nur nach den genauen Erfahrungen fragt und sie nicht als missbräuchlich bezeichnet. Diese Studie zeigt, dass, wenn man nach konkreten Erfahrungen fragt, die Jungen und Mädchen ähnliche Missbrauchsraten haben. Die Männer und Jungen werden die Fragen ehrlich beantworten; es ist einfach so, dass sie das Wort "Missbrauch" anders sehen.
Die Vorstellung, dass einer von sechs Jungen als Kind sexuell missbraucht worden ist, ist nicht auf diese Forschung beschränkt und auch nicht neu. Es gibt eine Reihe anderer Studien, die zu sehr ähnlichen Schlussfolgerungen gekommen sind. (Siehe Literaturhinweise.) Die Spanne scheint bei den Jungen zwischen 14% und 18% zu liegen. Schon in den 1980er Jahren wussten wir, dass Jungen eine beträchtliche Anzahl der Kinder ausmachten, die sexuellen Missbrauch erlebten. Das klassische und meistverkaufte Handbuch für weibliche Überlebende von sexuellem Missbrauch in der Kindheit "The Courage to Heal" schätzte, dass einer von sieben Jungen als Kind mit dem Trauma des sexuellen Missbrauchs konfrontiert war. Das Buch konzentrierte sich aber, wie so viele andere Medienquellen, fast ausschließlich auf weibliche Opfer.
Die Idee von 1 von 6 hat sich so durchgesetzt, dass es jetzt eine Website 1in6.org gibt, die speziell für Jungen und Männer Informationen über sexuellen Missbrauch in der Kindheit anbietet. Sie bietet einen Platz für die Geschichten von Männern über ihren Missbrauch; sie enthält Informationen für die Männer, ihre Familienmitglieder, Therapeuten und Fachleute. Sie ist einen Blick wert. Ich denke, sie ist eine Brise frischer Luft.
Die soeben erwähnte Studie ging weiter als nur die Untersuchung der Häufigkeit sexuellen Missbrauchs von Jungen und Mädchen. Sie verfolgte auch das Geschlecht des Täters. Viele Jahre lang ging man davon aus, dass die Täter des sexuellen Missbrauchs von Jungen in erster Linie Männer sind. Diese Forschung und andere neuere Studien stellen diese Annahme in Frage. Diese Studie ergab, dass von den Jungen, die missbraucht wurden, fast 40% der Täter weiblich waren. Sie fand auch heraus, dass 8% der Täter, die Mädchen sexuell missbraucht hatten, ebenfalls weiblich waren.
Die Studie untersuchte auch die Auswirkungen des sexuellen Missbrauchs in der Kindheit auf das spätere Leben. Sie stellte fest, dass sowohl Jungen als auch Mädchen in ähnlicher Weise negativ beeinflusst wurden. Dies stellt auch einige der alten Annahmen in Frage, denen zufolge Missbrauch bei Mädchen die stärksten Traumata und negativen Auswirkungen auf ihr Leben hatte. Diese Studie zeigt, dass das bei weitem nicht der Wahrheit entspricht. Sie kommt zu dem Schluss, dass sowohl Jungen als auch Mädchen betroffen und dass die Auswirkungen für beide sehr ähnlich sind.
Ich bin diesen Forschern dankbar für ihre unparteiische Untersuchung dieses Problems und für ihre Fähigkeit, die politisch korrekte Version des Status quo zu ignorieren, die sich auf Mädchen konzentriert, die Opfer sind, und die die Nöte und Bedürfnisse von Jungen ignoriert. Sie nehmen zu diesem Thema einen sehr wichtigen Standpunkt ein, wie aus ihrer Schlussfolgerung hervorgeht:
"Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die vorgelegten Daten wichtige Implikationen für die öffentliche Gesundheit und die Präventivmedizin haben. Erstens: Sexueller Missbrauch in der Kindheit ist sowohl bei Männern als auch bei Frauen eine häufige Form der Misshandlung von Kindern. Zweitens haben der sexuelle Missbrauch in der Kindheit und die Schwere des Missbrauchs einen ähnlichen Einfluss auf das Verhalten, die psychische Gesundheit und die sozialen Ergebnisse sowohl bei Männern als auch bei Frauen, die die Misshandlung überlebt haben, wie im Erwachsenenalter berichtet wurde. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass weibliche Missbrauchshandlungen an Jungen weit verbreitet waren (40%) und bei männlichen Missbrauchsopfern das Risiko von Verhaltens- und Sozialstörungen erhöhten."
Ich habe bei dieser Forschung noch ein Hühnchen zu rupfen. Es hat mit einer der Datentabellen zu tun, die sie in ihrem Artikel anbieten.
Golden zeigt in seinem Artikel Tabelle 2 von Seite 433 der von ihm dargestellten Studie.
Beachten Sie, dass diese Tabelle die männlichen Zahlen von den weiblichen Zahlen derjenigen trennt, die sexuellen Missbrauch in der Kindheit erlebt haben. Ein kurzer Blick auf die Tabelle zeigt, dass sich die Summe der verschiedenen Arten von Missbrauch auf 16% der Männer und 24,7% der Frauen beläuft. Okay, aber schauen Sie sich die Zahlen für den am wenigsten aufdringlichen sexuellen Missbrauch an. Dies ist die Kategorie, von der man annehmen würde, dass sie sowohl für Jungen als auch für Mädchen die größte ist, mit sinkenden Zahlen. Aber was Sie finden, ist, dass 13,2% der Jungen diesen niedrigsten Grad des Missbrauchs und 22,5% der Mädchen diesen niedrigsten Grad des Missbrauchs erlebt haben.
(…) Aber sehen Sie sich an, was beim schwereren Missbrauch geschieht: In der nächsten Kategorie "gezwungen, einen Erwachsenen zu berühren" sind die Jungen den Mädchen zahlenmäßig voraus, nämlich mit 8,1% gegenüber 7,9%. In der nächsten Stufe des Missbrauchs bei versuchtem Geschlechtsverkehr liegen die Jungen bei 7,3% und die Mädchen bei 8,6%. Aber es ist die letzte Kategorie mit den meisten Misshandlungen, bei der ich große Augen bekommen habe. In dieser Kategorie des vollzogenen Geschlechtsverkehrs sind die Jungen mit 6,7 % gegenüber 5,6 % stärker betoffen als die Mädchen! Offenbar werden mehr Jungen als Mädchen in ihrer Kindheit vergewaltigt. Das ist eine bemerkenswerte Statistik.
Mein Ärger über die Forscher resultiert daraus, dass sie diesen Unterschied nicht hervorgehoben und die Gründe für diese erschreckende Statistik nicht in Frage gestellt haben. Sie wurde geschönt.
Obwohl ich es sehr schätze, dass diese Forscher sich auf Jungen konzentrieren und zeigen, dass diese Jungen Mitgefühl brauchen und verdienen (…), kann ich ihnen einfach nicht verzeihen, dass sie diese Statistik nicht in ihre Diskussion eingebracht und darauf hingewiesen haben, dass ihre Daten darauf hinweisen, dass Jungen häufiger Opfer schweren sexuellen Missbrauchs sind.
Je schlimmer der Missbrauch wird, desto mehr gleichen sich die Zahlen von Jungen und Mädchen einander an, wobei Jungen mit etwas größerer Wahrscheinlichkeit die schlimmsten Arten sexuellen Missbrauchs erleben. Das besagen die Daten, und das ist eine sehr starke Botschaft, die einige unserer schlummernden psychologischen Fachkräfte und die Öffentlichkeit aufwecken könnte. Das Mindeste, was die Forscher tun könnten, wäre, eine Diskussion über die Gründe in Gang zu bringen, warum Jungen den Mädchen in dieser schlimmsten Kategorie zahlenmäßig voraus sind.
(…) Ich möchte die Auswirkungen der weniger schweren Formen des sexuellen Missbrauchs nicht bagatellisieren, aber gleichzeitig halte ich es für äußerst wichtig, dafür zu sorgen, dass die Tatsache, dass sowohl Jungen als auch Mädchen für die schwereren Formen des Missbrauchs gleichermaßen anfällig sind, in den allgemeinen Wissensstand einfließt.
Unsere Medien haben in den letzten 40 Jahren das Bild gezeichnet, dass Mädchen die wirklichen Opfer von sexuellem Missbrauch in der Kindheit seien und Männer die Haupttäter. Wenn Sie über Ihre eigenen Wahrnehmungen nachdenken, würde ich wetten, dass Sie sich diesen Vorstellungen anschließen. Wir haben nur die Hälfte der Geschichte aus den Medien erfahren. Wenn man nur die Hälfte der Geschichte kennt, ist man stark voreingenommen. Es hinterlässt bei uns ein Desinteresse und sogar einen Unglauben an den Schmerz und die Not, denen die Jungen ausgesetzt sind.
Nun gibt es eine politische Strömung, die das Tabu bricht und die hohe Rate missbrauchter Jungen immer wieder zum Thema macht: die Männerrechtler (Maskulisten). Die allerdings werden von Franziska Schutzbach und Andreas Hechler (Dissens) und der Bundeszentrale für politische Bildung wegen ihres Engagements als Frauenhasser dargestellt, die man aus der Debatte ausgrenzen sollte – durch "De-Platforming, also Sexisten ihre Plattform zu entziehen", durch "Monitoring" (Überwachung) und dadurch "repressiv zu handeln". Um die eigenen Ressorucen zu schonen, solle man nur mit Männerrechtlern sprechen, die "uninformiert", aber offen dafür sind "dazuzulernen".
Zu den Opfern dieser Propaganda gehören zahllose vergewaltigte Jungen. Die knallharte Ausgrenzung ihrer Fürsprecher auf den verschiedensten staatlichen und nicht-staatlichen Ebenen sorgen dafür, dass diese Jungen weiter unsichtbar bleiben. Das wiegt für mich noch schwerer als die ständige Verleumdung und das unaufhörliche Schüren von Hass gegen die Aktivisten, die sich für diese Jungen einsetzen.
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