Samstag, Juni 06, 2020

Väter kümmern sich in der Corona-Krise mehr um ihre Kinder – News vom 6. Juni 2020

1. Wirft die Corona-Pandemie Frauen in Sachen Emanzipation wirklich um 30 Jahre zurück, wie Anne Will mit Bezug auf Jutta Allmendinger kürzlich über Twitter verbreitete? Zig Medien bis hin zur Tagesschau berichten entsprechend. Für derart vollmundige Behauptungen fehlt jedoch eine gesicherte Grundlage. Es gibt Erhebungen, die darauf hinweist, dass die Krise die traditionelle Rollenverteilung begünstigt, aber auch Forschung, die in die Gegenrichtung weist:

Während der Corona-Krise übernehmen mehr Väter die Verantwortung für die Betreuung ihrer Kinder als vor der Krise. Das zeigt die Statista-Grafik auf Basis einer Umfrage der Väter GmbH (PDF-Download). Danach gaben 48 Prozent der befragten Väter an, dass die Hauptverantwortung für die Kinderbetreuung zwischen beiden Partnern in etwa gleich aufgeteilt ist. Für die Zeit vor der Krise gaben dies lediglich 40 Prozent der Befragten an. Dazu passend sank die Zahl der Väter die angaben, dass ihre Partnerin bzw. ihr Partner während der Krise hauptsächlich die Betreuungsverantwortung übernimmt. Auch gaben mehr Väter an, dass sie hauptverantwortlich sind für die Kinderbetreuung.

Der Gründer und Geschäftsführer der Väter GmbH, Volker Baisch, sieht in der Umfrage auch einen Beitrag zur gesellschaftlichen Diskussion über die Frage, ob die Corona-Krise ein Rückschlag für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern darstellt: "Ich denke auch, das die Rollback-Diskussion gerade nicht sehr hilfreich ist - nicht für Mütter und auch nicht für Väter. Beide machen gerade einen unglaublichen Job, denn ich spreche täglich mit vielen Vätern und Paaren."




2. Kulturstaatsministerin Monika Grütters positioniert sich klar zu sexuellen Übergriffen gegen Frauen: "Das Thema ist mir sehr wichtig und beschäftigt mich ständig." Als sie jedoch vor einem Untersuchungsausschuss konkreter zu der Entlassung eines Mitarbeiters im Zusammenhang mit solchen Vorwürfen befragt wurde, lassen ihre Antworten sehr zu wünschen übrig. Darüber berichtet die Frankfurter Allgemeine.



3. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:

Hallo Arne,

ich schreibe Dir mit Bezug auf die Ergebnisse der Gewaltstudie von Steinert und Ebert. Meines Erachtens werden die Studienergebnisse von Dir und auch von Blogs, die du verlinkst, nicht richtig eingeordnet. Einige Punkte möchte ich herausgreifen:

1.) Die Studie von Steinert ist keine eigenständige Studie. Sie wertet lediglich Daten der COVID-Snapshot-Studie aus. In diese Studie durfte sie eine oder gegebenfalls auch mehrere Fragen in einige der Erhebungswellen einbinden. Zumindest durfte sie aber die die Frage nach den Vergewaltigungen (das Listenexperiment) einbinden. Das kann man aus der Pressemitteilung zur Steinert-Studie entnehmen.

Die Erhebungsbögen der Snapshot-Studie finden sich hier.

Das Listenexperiment zu Vergewaltigung finde ich nur in Welle 6 (7.4. - 8.4.). Auch die Fragen zu allgemeiner Gewalterfahrung sind nicht in allen Erhebungswellen enthalten.

2.) Ich habe unterschiedliche Angaben dazu gefunden, wie viele Personen je Erghebungswelle befragt werden. Laut Studienprotokoll sind es 500 Personen je Erhebungswelle:

3.) Es wurden sowohl Männer als auch Frauen befragt. Auch zu Gewalt. Auch zu Vergewaltigung. Steiner veröffentlicht nur die Ergebnisse nicht. Deshalb steht in Klammer immer "woman" hinter den Zahlen. Die Fragen sind für Männer und Frauen identisch, außer bei der Vergewaltigungsfrage und dem Listenexperiment zu Gewalt. Frauen werden befragt, ob sie zu Geschlechtsverkehr genötigt WURDEN. Männer werden gefragt, ob sie zu Geschlechtsverkehr genötigt HABEN. Frauen werden gefragt, ob sie Gewalt ERFAHREN haben, Männer werden gefragt, ob sie Gewalt ANGEWENDET haben. Diese Unterscheidung gibt es aber nur beim Listenexperiment. Bei den direkten Fragen gibt es keinen Unterschied.

4.) Es gibt vorläufige Ergebnisse zur häuslichen Gewalt aus 6 Datenerhebungen (einschließlich Welle 6).

Die Ergebnisse sind hier.

Daraus Zitat Abschnitt 16: Direkte Befragung

15.4% der Befragten (16.2% der Frauen und 14.5% der Männer) geben an, dass es innerhalb der letzten Woche (letzten 7 Tage) zu lautstarkem Streit mit dem (Ehe-)Partner/der (Ehe-)Partnerin kam.

4.0% der Befragten (2.3% der Frauen und 5.7% der Männer) geben an, dass sie sich innerhalb der letzten Woche (letzten 7 Tage) von ihrem (Ehe-)Partner/ihrer (Ehe-)Partnerin bedroht gefühlt haben.

3.2% der Befragten (2.3% der Frauen und 4.0% der Männer) geben an, dass es innerhalb der letzten Woche (letzten 7 Tage) zu körperlichen Auseinandersetzungen mit dem (Ehe-)Partner/der (Ehe-)Partnerin kam.

Männer sind häufiger von Gewalt betroffen als Frauen.


Viele Studien über häusliche Gewalt ermitteln ebenfalls eine Mehrheit von weiblichen Tätern. Am gezielt flächendeckend verbreiteten Mythos vom Mann als Schläger und der Frau als Opfer ändert es bislang nichts. Kaum jemand schaut in den Originaltext der aktuellen Studie. Wer das doch tun, also zum Beispiel wir Männerrechtler, wird als bösartiger Frauenhasser diskreditiert.

Ein Hinweis darauf, was die Studie tatsächlich aussagt, wird zwar derzeit über Twitter verbreitet, erreicht so aber nur wenige Leute. Währenddessen bekommen zig Mllionen Bürger von den selbsternannten "Qualitätsjournalisten" die Meldung "Häusliche Gewalt gegen Frauen während Corona-Lockdown gestiegen" serviert. Fake News als Regierungspolitik gibt es eben nicht nur bei Donald Trump.

(Viele weitere Beispile dieser Art findet man in meinem Lexikon der feministischen Irrtümer.)

Mein Leser schreibt weiter:

5.) Listenexperiment

Ich will hier nur auf das Listenexperiment zu Vergewaltigung eingehen, nicht auf das Listenexperiment zu allegemeiner Gewalterfahrung( Frauen) bzw. Gewaltanwendung (Männer).

In der Welle mit dem Listenexperiment zu Vergewaltigung wurden 500 Personen befragt, davon rund 250 Männer und 250 Frauen. Bei dem Listenexperiment bekommen rund 125 Frauen die Fragen ohne Zusatzfrage vorgelegt, die anderen rund 125 Frauen die Fragen mit Zusatzfrage nach Vergewaltigung.

Statistisch müssten die Unterschiede mittels t-test (zweiseitig, zwei unabhängigeStichproben, möglicherweise ungleiche Varianz (dann: Welch-Test) überprüft werden. Ergebnisse sind natürlich nicht veröffentlicht, aber man kann grob abschätzen, ob und unter welchen Bedingungen der von Steinert behauptete Unterschied signifikant sein könnte.

Der Knackpunkt ist die Varianz. Je höher die Varianz, desto geringer die Teststärke für den statistischen Nachweis eines gegebenen Unterschieds bei gegebenem Stichprobenumfang. Wenn man annimmt, dass von 125 teilnehmern in jeder Gruppe 105 TN die gleiche Anzahl an zutreffenden Aussagen angibt, und nur 20 TN in jeder Gruppe um eine Kategorie nach oben oder unten abweichen, und in Gruppe 2 darüber hinaus 3.5% der TN eine um 1 höhere Anzahl angibt, dann erhält man bei einem Vergleich der Mittelwerte einen p-Wert von etwa 0.45 und das Konfidenzintervall reicht von -0.14 bis +0.06.

Das heißt grob: Der Unterschied zwischen den Gruppen ist reiner Zufall. Das ist nicht mal annähernd signifikant. Und die angenommene Stichprobenvarianz ist bereits gering bis zur Schmerzgranze. Kein seriöser Wissenschaftler würde daraus die Ergebnisschlußfolgerung ziehen, die Steiner und Ebert treffen. Es ist schlicht Unsinn. Auch ohne die tatsächliche Varianz und die Ergebnisse der statistischen Tests, die Steiner und Ebert hoffentlich durchgeführt haben, zu kennen.




Ein anderer Leser schreibt mir:

Hallo lieber Arne,

vielen Dank für Deinen Blog. Vieles was Du postest, ist nicht schön, aber dafür eben umso interessanter und wichtiger. Ein kleiner wohltuender Luftzug gegen den anschwellenden Sturm des staatstragenden Radikalfeminismus.

Die Tagesschau berichtet über das Thema "Rolle der Frau in Zeiten von Corona". Ab 8:04 wird es interessant: In dem kurzen Einspieler kommt eine eine Kommunikationstrainerin aus Hamburg zu Wort. Ich kenne diese Frau nicht persönlich, gehöre aber einer vergleichbaren Berufsgruppe an und habe mich über einige Aspekte dieses Beitrags sehr gewundert:

Sie sortiert beruflich vorbereitete Flipcharts, also ein Medium für Präsenzveranstaltungen. Diese finden im Moment so gut wie gar nicht statt und im Beitrag wird das auch thematisiert ("bleiben die Kunden weg"). Mein vergleichbarer Job hat mich auch ins Homeoffice gebracht, und ich mache gerade sehr viel digital und online. Sie ist also keinesfalls zur Betreuung ihres 11-jährigen Sohnes zu Hause, sondern weil sie ihr Geschäftsmodell nicht anpasst.

Wie üblich, kommt der ganze Beitrag ohne einen Mann aus. Wo ist ihr Partner bzw. der Vater des Jungen? Ist sie alleinerziehend? Oder hat er eine systemrelevante Arbeit, die nicht im Homeoffice zu machen ist? Internetanschlüsse reparieren, Windenergieanlagen warten oder Schulkinder unterrichten?

Unklar bleibt auch, was sie mit "politischer Hilfe zum Ausweg aus dieser Situation meint"? Wiederöffnung der Schule, finanzielle Staatshilfen für Freiberufler? Das alles bleibt unbeantwortet.

Oder geht es nur darum eine neue Facette radikalfeministischer Larmoyanz zu präsentieren – nachdem die Supermarktkassiererinnen und Krankenschwestern medial nicht mehr so interessant sind? Ein sehr berühmter Hamburger prägte mal den Satz: “In der Krise offenbart sich der Charakter."




Ein anderer Leser weist mich auf einen Artikel in der "Welt" hin und schreibt mir dazu:

Es geht um die Frage, warum es denn keine Pille für den Mann gäbe. Leider gelingt es keinem der befragten Männer sich vorzustellen, daß die ungeplante Schwangerschaft einer Frau für denjenigen, der sie (angeblich) geschwängert hat, mitunter dramatische Konsequenzen haben kann. Eigentlich seltsam. Ansonsten ist der Artikel eigentlich recht gut, da er durchaus plausible Gründe für den Mangel liefert.




Ein weiterer Leser schreibt:

Lieber Herr Hoffmann,

Sie haben heute über die Senatsbildung in Hamburg berichtet und über die neue Justizsenatorin Anna Gallina von den Grünen. In der Stadt herrscht eigentlich Einigkeit bei allen kundigen Beobachtern, dass die Dame für das Amt ungeeignet ist und viele prophezeien ihr Scheitern. Eine typische Quotenfrau. "Vier grüne Senatoren" heißt eben "zwei Frauen".

Interessant ist aber auch ein Blick auf die SPD-Seite des Senats. Die SPD stellt sieben (mit dem Bürgermeister acht) Senatsmitglieder. Davon sind nur zwei Frauen und die parteiintern angestrebte Quote wird klar verfehlt. Die Basis dafür wurde schon in der vergangenen Legislatur gelegt. Die Kultursenatorin starb und ihr Nachfolger wurde ein Mann. Weil sich keine Frau finden ließ, die auch nur annähernd so geeignet war. Der Kultursenator macht eine anerkannt gute, fast schon überragende Arbeit. Damit veränderte sich das Verhältnis Männer zu Frauen auf SPD-Seite von 4:4 auf 5:3.

Nun hat nach der Bürgerschaftswahl die Gesundheitssenatorin ihren Rückzug angekündigt, sie geht in den Ruhestand. Ihr Ressort wird aufgeteilt. Alle anderen SPD-Senatoren bleiben im Amt, und das sind eben fünf. Der Bürgermeister hat das damit begründet, dass sie gute Arbeit geleistet hätten und er gerade jetzt alle an Bord brauche. Die männlichen Senatoren für Finanzen, Wirtschaft, Inneres, Kultur und Schule machen also weiter. Den SPD-Frauen bleibt Soziales und Stadtentwicklung, ebenfalls mit den bisherigen Senatorinnen.

Das hat nun den Hamburger Landesfrauenrat auf den Plan gerufen, der das "nicht hinnehmbar" findet.

Nach der Hamburger Verfassung hat allein der Bürgermeister das Vorschlagsrecht für die Senatoren. Das ganze Ergebnis der Koalitionsverhandlungen muss aber von der SPD-Basis in Form einer Online-Abstimmung gebilligt werden. Jetzt rufen die Frauen dazu auf, den Senat abzulehnen. Wenn sie sich durchsetzen sollten, ist das bindend. Das erwarte ich aber nicht. Die Hamburger SPD ist zu pragmatisch, um sich wegen Quoten-Ideologie selbst ihre Erfolge zu zerschießen.


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