Samstag, März 07, 2020

USA: Woody Allens Biographie darf nicht erscheinen – News vom 7. März 2020

1. Bei dem Verlag, bei dem die Memoiren des Filmregisseurs Woody Allein erscheinen sollten, gab es Ärger:

Aus Protest gegen die Veröffentlichung der Autobiografie von Hollywood-Regisseur Woody Allen (84) haben Dutzende Mitarbeiter der Hachette-Verlagsgruppe in New York und Boston die Arbeit niedergelegt.

"Wir stehen Ronan Farrow, Dylan Farrow und den Opfern sexueller Übergriffe in Solidarität zur Seite", hieß es am Donnerstag (Ortszeit) nach US-Medienberichten in den Email-Abwesenheitsnotizen einiger Mitarbeiter. Hachette schrieb demnach in einer Mitteilung an US-Medien, das Unternehmen respektierte die Sicht seiner Angestellten und werde den Dialog mit ihnen suchen. Zuvor hatten Allens Kinder Ronan (32) und Dylan Farrow (34) am Dienstag auf Twitter gegen das umstrittene Buch protestiert. Trotz der Vorwürfe sexuellen Missbrauchs gegen Allen soll dessen Autobiografie noch in diesem Jahr erscheinen.


Inzwischen hat der Druck der Mitarbeiter dazu geführt, dass der Verlag von der Veröffentlichung des Buches in den USA zurückgetreten ist. Unter der Schlagzeile "Protest von Verlagsmitarbeitern gegen Regisseur erfolgreich" berichtet der "Tagesspiegel":

Die Hachette Verlagsgruppe hat am Freitag ihre Pläne zur Veröffentlichung von Woody Allens Autobiografie fallen gelassen. Sie teilte laut "New York Times" mit, sie werde alle Rechte an den Autor zurückgeben.

"Die Entscheidung, Mr. Allens Buch abzusagen, war eine schwierige Entscheidung", sagte eine Sprecherin des Verlags in einer Erklärung. "Wir nehmen unsere Beziehungen zu den Autoren sehr ernst und sagen Bücher nicht leichtfertig ab. Wir haben viele herausfordernde Bücher veröffentlicht und werden dies auch weiterhin tun. Als Verleger stellen wir jeden Tag in unserer Arbeit sicher, dass unterschiedliche Stimmen und widersprüchliche Standpunkte gehört werden können."

Sie fügte jedoch hinzu, dass die Hachette-Führungskräfte die Angelegenheit mit ihren Mitarbeitern diskutiert hätten. Danach seien die Führungskräfte zu dem Schluss gelangt, mit der Veröffentlichung nicht fortzufahren.


Von "Spiegel-Online" erfährt man:

Der Hamburger Rowohlt-Verlag hatte nach den Mitarbeiter-Protesten angekündigt, an der Veröffentlichung in Deutschland festhalten zu wollen. Das Buch mit dem Titel "Ganz nebenbei" werde wie geplant am 7. April erscheinen, teilte eine Sprecherin mit. "Die Vorwürfe gegen Woody Allen sind seit Anfang der Neunzigerjahre bekannt, sie sind umfassend untersucht und schließlich entkräftet worden", hieß es weiter.


Tatsächlich war in zwei voneinander unabhängigen Untersuchungen gegen Woody Allen ermittelt worden, wonach die Staatsanwaltschaft jeweils die Entscheidung fällte, keine Anklage zu erheben, da die Zweifel an den Vorwürfen gegen ihn überwiegen. Sein Adoptivsohn Moses Farrow, der in den aktuellen Artikeln ebenso unerwähnt bleibt wie in etlichen Artikeln zuvor, verteidigt Allen mit Nachdruck: Die Vorwürfe gegen Woody Allein seien im Sorgerechtsstreit offenbar zwischen der Tochter Dylan und der Ex-Frau Mia Farrow abgesprochen worden.

Die liberale Feministin Cathy Young hatte schon vor zwei Jahren dargelegt, warum sie Dylan Farrows Missbrauchsbeschuldigungen gegen Woody Allen nicht glaubt. Ihr Fazit:

Allens Dilemma bestätigt die Bedenken über die #MeToo-Bewegung, die Allen selbst schon früh im Weinstein-Skandal ironisch zum Ausdruck brachte: dass die nationale Abrechnung über sexuellen Missbrauch leicht zur Hexenjagd werden könnte. (...) Im gegenwärtigen Klima ist die Anklage gegen Allen weniger eine moralische Entscheidung als vielmehr ein Ergebnis intensiven sozialen Drucks, und diejenigen, die ihn verteidigen, von Keaton bis Alec Baldwin, werden selbst als Gedankenverbrecher angegriffen.

Das ist keine Gerechtigkeit, das ist Mafia-Mentalität. Und es ist die Zukunft der #MeToo-Bewegung, wenn sie ihren Kurs nicht korrigiert.


Zum aktuellen Rückzieher des Verlages hat sich inzwischen Stephen King auf Twitter geäußert:

Die Entscheidung von Hachette, das Woody-Allen-Buch fallen zu lassen, macht mich sehr unruhig. Nicht wegen ihm; Mr. Allen ist mir scheißegal. Mich beunruhigt, wer als Nächster einen Maulkorb umgelegt bekommt.


Darauf erhielt King Aufforderungen, seinen Tweet zu löschen, und Reaktionen wie diese:

Hoffentlich sind Sie der nächste.


Könnten Sie bitte für etwa fünf Minuten aufhören, eklig zu sein. Die Leute versuchen, Sie zu lieben, und Sie verschwenden das.


Wenn der Nächste, der einen "Maulkorb" bekommt, das tut, was Woody getan hat, wäre mir das auch scheißegal.


Wenn du dein Kind nicht fickst, bist du vermutlich in Sicherheit.


Wir sollten Pädophilen einen Maulkorb verpassen.


Verbietet weiße Männer.


Zuerst kamen sie wegen der Sexualstraftäter, und ich habe nichts gesagt, weil es eigentlich eine gute Sache ist, wenn Sexualstraftätern eine Plattform genommen wird.


Mir wird ein Maulkorb angelegt. Hatchett weigert sich, meine Memoiren zu veröffentlichen. Können Sie mir helfen?


Wir müssen Stephen King mit Cybermobbing von Twitter vertreiben; nur so funktioniert es.


Manchmal wünsche ich mir, dass Sie eine Weile nachdenken, bevor Sie twittern. Lesen Sie die nachdenklichen Ansichten einiger anderer Leute, bevor Sie anfangen, Ihre unbedachte Meinung zu äußern.


"Wenn wir Kindervergewaltigern einen Maulkorb anlegen, wer ist der nächste? Andere Vergewaltiger? Gewalttätige Missbrauchstäter? Es könnte jeden treffen."


Es ist nicht so, dass Allen für seine Ideen einen Maulkorb verpasst wird. Er ist ein ekelhafter Mensch, den niemand lesen will. Das ist keine Zensur. Das ist der Marktplatz, der da spricht.


Das Meinungsklima dürfte durch diese Tweets deutlich geworden: Social Justice Warriors, denen die Unschuldsvermutung vollkommen egal ist, haben die Herrschaft in dieser Debatte übernommen und ätzen von ihrem hohen Ross herab gegen jeden, der an der Unschuldsvermutung festhält.

Auf Facebook äußert sich der Regensburger Professor für Strafrecht Tonio Walter zu den aktuellen Entwicklungen:

Jeder, der sich etwas näher mit dem Fall befasst, weiß, dass Allen das Opfer und Mia Farrow die (Verleumdungs-)Täterin ist. Typisch für die Leitmedien, dass die Entlastungszeugen, insbesondere Moses Farrow, ebenso unterschlagen werden wie die klaren Ergebnisse der damaligen Ermittlungen und Verfahren; einschließlich dessen, dass Allen einen Polygrafentest ("Lügendetektor") bestanden hat, während ihn M. Farrow bis heute verweigert. Es ist erschreckend, wie in unserer vermeintlich aufgeklärten Zeit mit Propaganda, sofern sie nur ins feministische Welterklärungsschema passt, Menschen, insbesondere Männer zugrunde gerichtet werden können.




2. Der Deutsche Frauenrat fordert ein Bündnis der Demokratie gegen die "Übermannung":

Wie können wir uns vor dieser "Übermannung" zukünftig schützen? Nur mit einem neuen Bündnis der Demokratie. Dieses Bündnis muss auf der Gleichwertigkeit und der Gleichberechtigung aller beruhen, sie muss alle Spaltungsversuche in ein „Wir“ und „die anderen“(…) kategorisch zurückweisen. (…) Frauenrechtsverteidigerinnen und Frauenbewegungen spielen in diesem Bündnis eine tragende Rolle. Denn sie kämpfen seit jeher gegen zerstörerische Männlichkeit und für ein friedliches und gleichwertiges Miteinander. Generell sind Frauen weniger anfällig für extremistische Positionen, wie die jüngsten Wahlen in Hamburg einmal mehr bestätigten.


Man sieht: Es ist nicht ganz einfach, einen vernünftigen Text zu schreiben, wenn man einerseits die Welt nicht in "wir" und "die" spalten möchte, aber andererseits Frauen für bessere Menschen hält.

Währenddessen bleibt das Patriarchat unerbitterlich: Bundespräsident Steinmeier (SPD) hat den Frauenrat in einer aktuellen Rede nachdrücklich gewürdigt.



3. In Aachen stand gestern das Thema "Feminismus und Klimakrise" im Mittelpunkt der "Fridays-for-Future"-Demo:

"Feminismus und Klimagerechtigkeit sind eng miteinander verbunden, das muss uns bewusst sein. Denn anders wird es wohl nicht möglich sein, den Klimawandel mit seinen Konsequenzen zu besiegen, ohne dass diejenigen, die am wenigsten dafür können, am meisten darunter leiden", begründet "Fridays-for-Future"-Aktivistin Meike Feldmann die Themensetzung. Ihrer Ansicht nach funktioniert Klimagerechtigkeit nicht ohne Feminismus. Deshalb wolle die Bewegung darauf aufmerksam machen.




4. "Die Zeit" kommentiert mit ungewohnter Einsicht die Wahlniederlage Elizabeth Warrens beim Wettkampf darum, wer aus der demokratischen Partei gegen Trump antreten darf:

Für Warren blieb hauptsächlich das recht kleine Segment meist weißer, gut verdienender Akademikerinnen, deren oberste Priorität die Wahl einer Frau zur US-Präsidentin ist. Allerdings spielt diese demografische Gruppe, die zwar in den US-Medien stark präsent ist, in der Gesamtbevölkerung keine besonders große Rolle.

(…) Die ehemalige Harvard-Professorin überschätzte auch in anderen Fragen das Mobilisierungspotenzial feministischer Identitätspolitik. Warren warf Bernie Sanders in der TV-Debatte im Januar vor, er habe in einem Privatgespräch die Überzeugung geäußert, eine Frau könne nicht zur Präsidentin gewählt werden. Der indirekte Sexismus-Vorwurf ging nach hinten los. Warren verlor in Wählerbefragungen an Zustimmung, Sanders‘ Werte schossen nach oben. Die "gläserne Decke" in der Karriere von Frauen scheint als politisches Problem für Wählerinnen nachrangig zu sein, wenn sie ohnehin wissen, dass sie vermutlich ihr Leben lang im Keller der Gesellschaft eingeschlossen bleiben.


Die Anhänger Warrens geben vielfach "Sexismus" die Schuld an ihrer Wahlniederlage:

Sätze wie "Wir haben sie nicht verdient" und der trendige Twitter-Hashtag #DankeElizabeth" dominierten den Trauerprozess, ebenso wie Tweets wie dieser von einem Unterstützer, der behauptete: "Warren-Demokraten stellen Mut über Zynismus und kämpfen für das, was richtig ist". Ein anderer beklagte sich: "Der qualifizierteste Bewerber, der sich für die Stelle bewirbt, bekommt sie nicht". ("Sie ist kein alter weißer Mann", antwortete ein anderer Twitter-Nutzer als Erklärung). Audrey Gelman, die Schöpferin von The Wing, einem reinen Frauenclub für progressiv denkende reiche Frauen, twitterte: "Gläserne Decke. Völlig intakt."

(...) Wie die feministische Schriftstellerin Jessica Valenti in einem leidvollen Beitrag für "Medium" schrieb: "Es ist genug, um mich verzweifeln zu lassen: dass wir die Kandidatin unseres Lebens hatten - jemanden mit der Energie, der Vision und der Konsequenz, das Land aus unserer albtraumhaften Ära herauszuführen - und dass die Medien und die Wähler sie im Grunde genommen gänzlich ausradiert und ignoriert haben. Die Experten werden alle ihre Theorien haben; die Sorge um fehlende 'Wählbarkeit' wird wahrscheinlich ihre Erklärung Nr. 1 sein. Erzählen Sie mir nicht, dass es hier nicht um Sexismus geht. Dafür bin ich schon zu lange dabei."


Die Journalistin Christine Rosen widerspricht:

Valenti und ihresgleichen haben eine seltsame Definition von "ausradiert". Warren (und Klobuchar) wurden von der New York Times unterstützt, und Warren verzeichnete die meiste Redezeit bei mehreren der großen Fernsehdebatten. Was den Sexismus betrifft: War der letzte Präsidentschaftskandidat der Demokraten nicht eine Frau?

Der wahre Grund, warum Warrens Kampagne scheiterte, war eher banaler Natur: Es gelang ihr nicht, Anhänger unter den nicht-weißen, nicht an einem College ausgebildeten demokratischen Wählern zu gewinnen. Ihre Fangemeinde bestand immer aus der gleichen Art von Menschen, die die nationalen Medien dominieren: gut gebildete, progressiv denkende Weiße. Eilmeldung: Dies ist nicht die Mehrheit der Amerikaner, noch nicht einmal die Mehrheit der demokratischen Wähler. Deshalb konnte Warren nicht einmal weibliche demokratische Wähler in ihrem eigenen Staat für sich gewinnen. Wie die New York Times bemerkte: "Sogar in ihrer stärksten demographischen Gruppe - weiße Frauen mit College-Abschluss - hatte Warren nur 33 Prozent Unterstützung, nicht annähernd genug, um ihre Schwäche bei anderen Gruppen auszugleichen."


Die Journalisten der Leitmedien repräsentieren die Gesamtbevölkerung nun mal in keiner Weise. In den Redaktionsstuben ist mehr "diversity" bei der Stellenbesetzung längst überfällig.

kostenloser Counter