Dienstag, Dezember 10, 2019

Vergessene Jungen, vergewaltigte Männer und sterbende feministische Blogs – News vom 10. Dezember 2019

1.
Die Ergebnisse des neuen PISA-Tests zeigen etwas, das schon seit Jahrzehnten bekannt ist: Jungen leiden in der Schule unter erheblichen geschlechtsspezifischen Nachteilen. Warum aber ist das konsequent kein Thema für Bildungspolitiker und universitäre Schulpädagogik – obwohl die Folgen gravierend sind, nicht allein für die betroffenen Jungen?


Das fragt der Gymnasiallehrer und Blogger Lucas Schoppe in einem aktuellen Beitrag. Darin heißt es:

Da verpflichten sich alle EU-Länder, auch Deutschland, auf das Gender Mainstreaming, was bedeutet, dass politische Entscheidungen immer auch im Hinblick auf die Geschlechtszugehörigkeit Betroffener beurteilt werden müssen – und zugleich finden sich in der schulischen Bildung gewaltige Unterschiede, bei denen offensichtlich Kinder und Jugendliche des einen Geschlechts erhebliche Nachteile erleben, mit vielen Hunderttausenden Betroffenen: Aber sowohl in der Bildungspolitik als auch in der universitären Schulpädagogik sind diese Unterschiede schlicht kein Thema.

Gerade hatte ich beispielsweise ein Lehrbuch zur Schulpädagogik in der Hand, mit dem Lehrkräfte an Universitäten ausgebildet werden. Der Zustand des deutschen Schulsystems wird darin ermüdend ausführlich dargestellt – aber eine der gravierendsten Auffälligkeiten, die Nachteile der Jungen, wird kommentarlos ausgelassen.

Dabei ist das grundsätzlich nicht einmal ein männerrechtliches oder jungenpolitisches Thema: Wir haben als Erwachsene den Kindern und Jugendlichen gegenüber eine Verantwortung, und wenn große Gruppen von ihnen offensichtliche Nachteile erleben und wir das über Jahrzehnte hinweg desinteressiert zur Kenntnis nehmen, ohne etwas zu tun, werden wir dieser Verantwortung nicht gerecht.

Noch dazu hat die erhebliche geschlechtsspezifische Schieflage des Bildungssystems natürlich auch ökonomische Folgen, und nicht nur im Hinblick auf die Konsequenzen, die es hat, wenn jährlich Zigtausende von Kindern ohne Schulabschluss bleiben.

Wir können davon ausgehen, dass der seit Jahren beklagte Fachkräftemangel unter anderem auf die Vernachlässigung der Probleme zurückzuführen ist, mit denen Jungen an den Schulen offensichtlich konfrontiert sind. Dies umso mehr, als sehr viel mehr Männer als Frauen in Vollzeit arbeiten. Der Mangel, der durch das Wegrutschen der Jungen entsteht. kann also auch ökonomisch kaum durch die Erfolge der Mädchen ausgeglichen werden.

(...) Dies ist umso seltsamer, als Jungen keineswegs prinzipiell größere Schwierigkeiten als Mädchen beim sinnentnehmenden Lesen haben – nach einer französischen Studie können Jungen Texten sogar besser als Mädchen gezielt Informationen entnehmen. Das bedeutet: Mit großer Wahrscheinlichkeit werden die schlechteren Ergebnisse der Jungen von den Schulen nicht allein diagnostiziert, sondern dort überhaupt erst produziert.


Hier findet man den vollständigen Beitrag, in dem Schoppe untersucht, warum diese Schieflage so beharrlich ignoriert wird.



2. Die AfD-Aussteigerin Franziska Schreiber beschäftigt sich auf Youtube mit dem Thema "vergewaltigte Männer". Das Video ist gut gelungen, was sich auch an den Kommentaren darunter ablesen lässt.



3.
Der Justizskandal um das Psychiatrieopfer Gustl Mollath hat ein parlamentarisches Nachspiel. Bayerns Staatsregierung soll nach dem Willen des FDP-Landtagsabgeordneten Helmut Markwort Auskunft geben, ob jemand für die 670.000 Euro an Ausgleichszahlungen zur Verantwortung gezogen wird - und wer letztlich dafür aufkommen muss.


Hier geht es weiter. Wenn tatsächlich Schuldige zur Rechenschaft gezogen werden, kann man damit zukünftige Fälle vielleicht unterbinden.

Mollath war wegen Falschbeschuldigungen seiner Frau im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt jahrelang in der Psychiatrie weggesperrt worden. Als Beleg für "toxische Weiblichkeit" wird sein Fall nicht verwendet.



4. Aufgrund der aktuellen Berichterstattung der "Zeit" beim Thema häusliche Gewalt zeigt Christian Schmidt, wie es aussehen würde, wenn Leitmedien wie "Die Zeit" ihre Polemik nicht gegen Männer, sondern gegen Frauen richten würden:

Im Jahr 2018 waren es bundesweit 136 unter vierzehnjährige Tötungsopfer.

Im Jahr 2017 waren es bundesweit 143 unter vierzehnjährige Tötungsopfer. Hiervon waren 111 Kinder jünger als sechs Jahre.

Im Jahr 2016 waren es bundesweit 133 unter vierzehnjährige Tötungsopfer.

(...) Auch hier: etwa jeden dritten Tag. Infantizid. Wahrscheinlich mit Müttern überproportional vertreten. Sind Kinder noch sicher? Was macht man gegen diese toxische Weiblichkeit? Wird Müttern beigebracht, dass die Kinder ihr Eigentum sind und bringen sie sie daher um?


Bezeichnenderweise gibt es eine derartig beknackte Berichterstattung aber nur, wenn es gegen Männer geht.



5. FAZ-Quarterly, das vierteljährlich erscheinende Magazin der Frankfurter Allgemeinen, beschäftigt sich in der aktuellen Ausgabe mit der Zukunft der Männlichkeit. Wie sehr man sich dabei in gewohnten Bahnen bewegt, wird schon dadurch deutlich, dass die FAZ bewusst "ausschließlich Frauen" über dieses Thema schreiben lässt. Denn, so die FAZ: "Wer, wenn nicht sie, könnte das Phänomen von außen betrachten?" Dieses Spiel kennt man nach einem halben Jahrhundert Feminismus allerdings zur Genüge und fragt sich, was für einen Shitstorm es gäbe, wenn die FAZ ausschließlich Männer über die Befindlichkeiten von Frauen schreiben lassen würde.



6. In Mexiko ist das Matriarchat auf dem Rückzug. Dort hat der Oberste Gerichtshof jetzt ein Gesetz gestrichen, nach dem im Fall einer Scheidung die Kinder automatisch bei der Mutter bleiben.



7. Die New York Times beklagt den rapiden Niedergang vormals sehr beliebter feministischer Blogs, den wir ja auch hierzulande erleben. ("Kleiner drei" beispielsweise ist tot, die "Störenfriedas" geben nur noch alle paar Monate ein Lebenszeichen.) Ein Auszug aus dem Artikel:

In den Nullerjahren und zu Beginn dieses Jahrzehnts entstanden weitere feministische Online-Publikationen - Feministing, The Hairpin, The Toast und viele andere -, die alles von bezahltem Urlaub bis zu den Kardashians mit einer Stimme abdeckten, die manchmal unhöflich, manchmal lustig und nie didaktisch war.

Jetzt sind viele dieser Standorte tot oder sterben, und Jezebel steht unter neuer Leitung, Teil einer Reihe von Publikationen, die von der von Hedgefonds kontrollierten Eigentümergruppe G/O Media betrieben werden (...). Feministische Medien sind von den Finanzturbulenzen in der Nachrichtenindustrie besonders stark betroffen.

(...) "Es war dieser erstaunliche Moment, als wir Karriere machten, während wir in unserer Unterwäsche bloggten. Jetzt ist es nicht mehr der richtige Zeitpunkt für Start-up-Medien", sagte [Samhita Mukhopadhyay, die von "Feministing" zu "Teen Vogue" wechselte,] und fügte hinzu: "Ich befürchte, dass die Menschen Angst haben, sich mit Publikationen zu identifizieren, die explizit feministisch sind".

Der allmähliche Zusammenbruch hat sich bis in dieses Jahr hinein fortgesetzt. Feministing, ein 2004 gegründeter unabhängiger Blog, plant, in den kommenden Wochen abzuschalten. In Spitzenzeiten hatte die Website 1,2 Millionen Besucher pro Monat, wobei der größte Teil des Umsatzes aus Anzeigen und Leserspenden stammt.

(...) "Da die Medienindustrie mit verschiedenen Themen zu kämpfen hat, sind es diese feministischen Publikationen, die zuerst geschlossen werden", sagte Lindsay Schrupp, der ehemalige Chefredakteur von Broadly. "Es trägt zur langen Geschichte der Auslöschung von Frauenarbeit bei."

(...) Bis zu einem gewissen Grad wurden die Seiten durch ihre eigene Popularität überflüssig gemacht. Größere Medienunternehmen wie The New York Times, The Washington Post und Condé Nast haben den Nachwuchs an Journalistinnen wahrgenommen und sie eingestellt.


Ja, vielleicht sind solche Online-Journale auch hierzulande überflüssig geworden, weil sich inzwischen selbst "Die Zeit" wie ein feministisches Blog liest. Mit Gejammer a la "Die Arbeit von Frauen wird ausradiert" werden die Verhältnisse allerdings auf den Kopf gestellt. Es steht jeder Feministin frei, auf eigene Faust ein Blog so zu betreiben, wie ich das etwa mit Genderama tue. Sie kann sich beklagen, dass sie dieses Blog nicht so wohlhabend und einflussreich macht, wie erträumt, aber mit einem "Ausradieren weiblicher Arbeit" hat dieser Misserfolg nichts zu tun. Maskulistische Blogger können von der medialen Unterstützung, die feministische Blogger genießen, nur träumen: Weder wird in den Leitmedien neutral oder gar positiv über uns berichtet, noch werden wir Blogger von diesen Leitmedien angeworben, wie es Feministinnen ergeht. Wenn feministische Blogs trotzdem dahinsiechen, sollten ihre Macherinnen im eigenen Interesse ausnahmsweise mal eine selbstkritische Analyse wagen. Hält man sich in der eigenen Filterblase allerdings ohnehin schon für die Crème de la Crème, wird eine solche Analyse schwierig, und es kann mal wieder nur das Frauen unterdrückende Patriarchat schuld an allem sein.

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