Nena Brockhaus: "Wenn ich ein Mann wäre, dann wäre ich längst ein Männerrechtler"
1.
Eine paradoxe Schieflage prägt die deutsche Debattenkultur, beklagen die Journalistinnen Franca Lehfeldt und Nena Brockhaus: Wir als Gesellschaft wollen vielfältig und integrativ sein, dennoch üben wir eine gelebte Altersdiskriminierung aus. Dabei ist der alte weiße Mann zum Totschlagargument und Feindbild geworden. Der sich in seine Ecke zurückzuziehen hat und den jungen Feministen die Welt überlassen soll.
Die beiden bekannten Fernsehmoderatorinnen von Bild und Welt geben mit ihrem Buch "Alte weise Männer" den Grauhaarigen – soweit Haare noch vorhanden sind – eine Stimme und neue Sichtbarkeit. Männern, die für Tugenden wie Leistungsprinzip, Opferbereitschaft und Pflichterfüllung stehen.
(…) Im Interview mit der Berliner Zeitung geht es um weitaus mehr: um Feminismus, Quote, Geschlechterkampf; um die Fragen, warum die bekennende Alice-Schwarzer-Feministin Nena Brockhaus gerne ein Männerrechtler wäre und zu welcher Kategorie Mann Franca Lehfeldts Ehemann, Bundesfinanzminister Christian Lindner, gehört.
Hier geht es zum Interview.
2. Im Interview mit der Berliner Zeitung präzisiert Judith Rahner, Begründerin der Meldestelle Antifeminismus, inwieweit es sich dabei um ein Denunziationsportal handelt:
"Wir behalten uns immer noch vor, etwa in Broschüren auch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens als Beispiele zu nennen, deren antifeministischen Handlungen der Meldestelle bekannt sind. Das ist wichtig für ein Lagebild zu einem Phänomen, das bisher zu wenig Beachtung gefunden hat."
3. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat sich für eine Frauenquote im Bundestag ausgesprochen. Sie nannte es darüber hinaus "widerlich", was vor allem Politikerinnen an Hass und Hetze im Netz aushalten müssten. "Es überrascht nicht, wenn bei dieser Gemengelage noch viel zu viele Frauen davor zurückschrecken, für ein politisches Amt zu kandidieren"
Natürlich sind Männer mindestens ebenso heftigen Online-Attacken ausgesetzt, aber bei ihnen erwartet man offenbar, dass sie selbst damit klarkommen. Hält Baerbock Männer etwa insgeheim für das stärkere Geschlecht?
4. In ihrem aktuellen Podcast "Machtwechsel" erklären Dagmar Rosenfeld und Robin Alexander, warum Baerbocks Engagement für eine feministische Außenpolitik eine reine Show-Vorführung für die Medien ist: ab Minute 31.
5. In Basel herrschte gestern Alarmstimmung:
Auf linksautonomen Portalen wird zum "Queerfeministischen Kampftag" anlässlich des Tags der Frau am Mittwoch aufgerufen. In Basel soll deshalb am Mittwoch auf dem Barfüsserplatz um 19 Uhr eine Kundgebung stattfinden. "Nehmen wir uns gemeinsam die Strasse", heisst es im Aufruf. Und: "Cis-Männer bleiben solidarisch fern." Das heisst, Männer, die sich mit dem ihnen zugeschriebenen Geschlecht identifizieren, sind nicht erwünscht. Trotzdem geht die Kantonspolizei von einem erheblichen Gewaltpotenzial aus.
"Trotzdem."
6. In der Bildzeitung überrascht Zara Riffler mit einem gelungenen Artikel, dessen zentrale Informationen direkt aus meinem "Lexikon der feministichen Irrtümer" stammen könnten: "Die Fake-News-Orgie zum Frauentag schadet Frauen!"
7. "Der Feminismus ist tot – kein Grund zurt Trauer" befindet die Journalistin Anna Schneider. Ein Auszug:
Das ist denn auch das Grundproblem des Feminismus, ganz gleich, von welcher der vielfältigen Strömungen die Rede ist: Ausgangspunkt ist die Unterdrückung und Marginalisierung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts, was sie per definitionem zu Opfern macht. Das war zu Beginn der Frauenrechtsbewegung wahr, Aufbegehren dagegen also gerechtfertigt. Doch die Vorstellung, dass gegenwärtig die Hälfte der Bevölkerung – im Westen des 21. Jahrhunderts – ein unterdrücktes Kollektiv sein soll, finde ich spannend.
Darf ich den Gegenbeweis antreten? Anders als unzählige Schriftstellerinnen meiner Generation habe ich nicht vor, mich ausführlich mit der Verderbtheit alter weißer Männer oder des Patriarchats auseinanderzusetzen, es ist einfach zu abgeschmackt, sich in diese Position zu bequemen. Aber ich kann die Bequemlichkeit sogar irgendwie nachvollziehen. Denn natürlich ist es anstrengend, für sich selbst als Individuum einzustehen und die Schuld an seinem mangelnden Fortkommen nicht in erster Linie bei anderen zu suchen. Vor allem, da das Feindbild Mann so praktisch, weil klar umrissen und einfach ist. Sich stattdessen einzugestehen, dass die Widrigkeiten, die das Leben und die Welt da draußen für jeden bereithalten, sich nicht so simpel auf ein spezifisches Geschlecht fokussieren lassen, sondern eher diffus sind, macht eben nur halb so viel Spaß, vermute ich. (Eigen)Verantwortung ist ja auch sehr anstrengend.
Man könnte den Weltfrauentag allerdings zum Anlass nehmen, um sich ein paar ganz grundlegende Fragen zu stellen. Ist es normal, dass wir eine Frauenministerin haben? Oder Frauenförderprogramme, Gleichstellungsbeauftragte und Quotenfrauen? Es ist schon einigermaßen witzlos, auf der einen Seite davon auszugehen, dass Frauen Männern in nichts nachstehen (was ich tue), aber andererseits nicht damit aufzuhören, das Frausein als etwas grundsätzlich Förderungsbedürftiges darzustellen.
Und genau hier scheiden sich die Geister: Wer für Gleichberechtigung einsteht, akzeptiert, dass es keine absolute paritätische Verteilung der Geschlechter in jedem Lebensbereich geben kann, nur gleiche Chancen für alle. Wer Gleichstellung verlangt, pocht indes genau darauf, auf Gleichmacherei. Sie negiert das Individuum, den Leistungsgedanken und eben die hart erkämpfte Binse, dass Frauen genau dasselbe können wie Männer – wenn sie nur wollen.
8. "Schafft den Frauentag ab!" fordert auch Heike Goebel in der Frankfurter Allgemeinen (Bezahlschranke):
"Noch mehr Gleichstellungsgesetze und -beauftragte braucht es in Deutschland also nicht. Frauen, die ihre Chancen suchen, haben alles, was sie brauchen. Zu tun bleibt wahrhaft feministischer Politik daher nur eins: den Frauentag abzuschaffen!"
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