Dienstag, März 15, 2022

"Mit 22 wurde mir die Vorhaut entfernt. Vorher war der Sex eindeutig besser" – News vom 14. März 2022

1. In der Neuen Zürcher Zeitung berichtet Clemens Setz von seiner Vorhautentfernung. In den folgenden Absätzen schildert er seine Erfahrungen nach der Operation:

Masturbation wurde zu einer sehr schwierigen Arbeit. An einigen wenigen Stellen leiteten die verbliebenen Nervenreste noch irgendeinen verlorenen erogenen Impuls weiter, den ich, nach langer Übung, innerlich festzuhalten, zu verstärken und zu verwenden lernte. Insgesamt würde ich den Verlust an Gefühl mit etwa 90 Prozent angeben.

Zusätzlich entstand eine interessante neurologische Körpergrenzen-Illusion. Da die Nerven alle entfernt wurden, habe ich, wann immer meine Erektion in ihrer ganzen Länge umschlossen und stimuliert wird, das Gefühl, als besässe ich nur einen wenige Millimeter kurzen Stumpf, auf dem ganz minimal hin und her gerutscht wird. Erst wenn ich hinblicke, korrigiert mein Gehirn sofort den Eindruck, und ich interpretiere meine Längenverhältnisse wieder korrekt. Wenn ich dann die Augen schliesse, kehrt die kuriose Stauchungsillusion nach einer Weile zurück.

Ich kenne also Sex mit und ohne Vorhaut. Und um gleich das Offensichtliche klarzustellen: Mit Vorhaut ist er um Welten intensiver. Gar kein Vergleich. Die meisten beschnittenen Männer kennen diesen Unterschied allerdings nicht, da die Operation, ob medizinisch oder religiös begründet, an ihnen im Kindesalter vorgenommen wurde. Ihr Gehirn vernetzt sich daher, wie man annehmen darf, schon zu Beginn der Pubertät sozusagen zu hundert Prozent mit den bestehenden Nervenenden – und der sexuelle Genuss wird niemals als vermindert erlebt. Insofern kann man festhalten, dass man sie keiner Genussfähigkeit beraubt.

Der Brauch, gesunde Babys zu beschneiden, erschliesst sich mir dennoch nicht im Geringsten, denn er scheint mir weder der Abwehr eines drohenden noch der Korrektur eines bestehenden Unheils zu dienen. Seine Häufigkeit in so vielen Kulturen der Welt lässt mich immer wieder staunen.

Also, lieber Jugendlicher in derselben Situation: Sollst du dir deinen skandalös gestalteten Penis zurechtschneiden lassen? Oder ist am Ende doch alles in Ordnung mit dir? Das hängt natürlich vom Grad der Verengung ab. Mein Rat wäre in jedem Fall: Schau dir erst einmal die Alternativen an. Die kannst du sogar, falls du, wie ich, grosse Scham empfindest, geheim und ganz für dich ausprobieren.

(…) Also, da ist zuerst einmal Stretching, unterstützt von Kortisonsalbe. Dazu kannst du Hunderte Menschen auf Foren befragen. Sie werden dir bestätigen, dass es sehr gut funktioniert hat, auch in Fällen von ausgeprägter Phimose. Wenn du täglich ins Fitnessstudio trainieren gehen und dich dort stretchen kannst, dann kannst du auch deine Vorhaut dehnen. Halbe Stunde am Tag genügt. Und du kannst es sogar mit Masturbation kombinieren. Also schau nicht so verzagt.

Falls du keine Lust zur manuellen Dehnung hast, kannst du die Aufgabe auch an spezielle Dehnungsringe übergeben, die man unter die Vorhaut schiebt und deren Umfang man in kleinen Schritten erhöht. Die trägst du unter der Kleidung, und keiner bekommt irgendwas mit. Dünnes Gewebe wie die Vorhaut kann in fast allen Fällen weit gedehnt werden. Denk an Ohrläppchen. Betrachte es als «body modification». Paar Monate, dann sollte es gehen.

Erst der nächste Schritt sollten dann minimale operative Eingriffe sein, bei denen der Grossteil der Vorhaut erhalten bleibt. Die "totale Zirkumzision" müsste, so wie ich das nach langem, grimmigem Studium der Materie sehe, praktisch gar nie angewendet werden. Selbst bei der im Alten Testament erwähnten Beschneidungspraxis entfernte man lediglich das Akroposthion, also den obersten Teil der Vorhaut. Wozu auch je das Frenulum entfernen? Kompletter Unfug. Es erfüllt eine wichtige Aufgabe, es hat Sinn, es ist ein richtiges kleines Nervenzentrum.

Zieh vielleicht auch die Möglichkeit in Betracht, dass, abgesehen von erhöhtem Pflegebedarf der verengten Hautstellen, eigentlich nichts – ich wiederhole –, gar nichts an deiner Physiologie falsch ist und dass man nicht alle empfindsamen Stellen deiner Genitalien entfernen muss, nur damit dein Penis aussieht wie alle anderen. Ich weiss, das ist nicht so leicht zu akzeptieren. Aber glaub einem älteren Mann ohne Nervenenden.

(…) Und das kosmetische Argument? "Viele Frauen/Männer mögen den Anblick eines beschnittenen Glieds lieber." Das hört man in der Tat immer wieder. Aber, mit Verlaub, das ist deren Problem, nicht deines.




2. Jan Böhmermann hat einen "einen ethisch korrekten, queer-feministischen Hochglanzporno" fürs ZDF gedreht.



3. Die Website CinemaBlend hat eine Besprechung des Pixar-Films "Rot" nach Vorwürfen des Rassismus und Sexismus gelöscht. Die Heldin des Films, die 13jährige Mei Lee, verwandelt sich mit Einsetzen ihrer Pubertät immer wieder in ein emotionsgetriebenes Untier.

Nachdem er die Handlung des Films kurz zusammengefasst hatte, erinnerte O'Connell daran, dass "Domee Shi und ihre Co-Drehbuchautorin Julia Cho in 'Rot' immer wieder Witze und Anspielungen einstreuen, die Teenager-Mädchen direkt ansprechen, sei es ihre Verbundenheit mit kitschigen Popsongs oder ihr heißes Verlangen nach älteren Teenager-Typen."

(...) "Auch hier ist die Protagonistin ein hormongeschwängerter Teenager, der verzweifelt versucht, jeden Gefühlsausbruch zu unterdrücken, um zu verhindern, dass sie sich in einen echten Panda verwandelt", fuhr er fort. "'Rot' muss also sein Nervensystem hochfahren und sich direkt in die Gedankenwelt einer jungen Frau hineinversetzen. Das ist ... eine Menge. 'Rot' muss auf eine 11 hochfahren und dort bleiben. Das hat mich erschöpft."

"Es gibt da draußen ein Publikum für 'Rot'", schloss er seine Rezension. "Und wenn dieses Publikum den Film findet, wird es ihn zweifellos als das einzigartige Tier feiern, das er ist. Meiner Meinung nach ist dieses Publikum jedoch relativ klein, und ich gehöre nicht dazu."

(…) Es überrascht nicht, dass O'Connell kurz nach dem Tweeten seiner Kritik - obwohl seine Meinung frei von jeglicher Bösartigkeit oder Wut ist und er lediglich die Tatsache akzeptiert, dass andere mehr von dem Film haben als er - mit Anschuldigungen überschwemmt wurde, dass seine Gleichgültigkeit gegenüber "Rot" auf Sexismus und Rassismus beruhe, weil er ein weißer Mann sei.

(…) Schließlich löschte O'Connell seinen ursprünglichen Tweet und entschuldigte sich in einem Folgeposting: "Es tut mir aufrichtig leid für meine Besprechung. Vielen Dank an alle, die sich mit Kritik gemeldet haben, egal wie hart sie war."

"Es ist klar, dass ich mich nicht annähernd genug mit dem Film auseinandergesetzt habe, noch habe ich meine Sichtweise gut erklärt", fügte er hinzu. "Ich weiß euer Feedback wirklich zu schätzen."

O'Connells Entschuldigung trug jedoch wenig dazu bei, die Flammen der Empörung zu ersticken, und schien sie sogar noch weiter anzufachen.

"Verstehen Sie, wie schädlich dieser Tweet war?", fragte Critics Choice-Mitglied Teri Hart. "Wie sehr dies in Problemen mit systemischen 'Ismen' in der Filmkritik verwurzelt ist. Warum Frauen nicht in der Lage waren, sich selbst in Filmen dargestellt zu sehen. Wenn du einen Filmpodcast mit zwei anderen weißen Männern moderierst, hast du Zugang zu vielen anderen."


Nachdedm der Shitstorm unter anderem von einem Mitarbeiter der New York Times unterstützt wurde, löschte Cinemablend die gesamte Filmbesprechung.

Am 8. März entschuldigte sich der Chefredakteur von CinemaBlend, Mack Rawden, bei den Empörten auf Twitter und gab zu: "Wir haben es versäumt, diese Rezension ordnungsgemäß zu bearbeiten, und sie hätte nie veröffentlicht werden dürfen."

"Wir haben die Veröffentlichung rückgängig gemacht und jemand anderem zugewiesen", verkündete er dann. "Wir haben auch neue Ebenen der redaktionellen Aufsicht hinzugefügt. Vielen Dank an alle, die sich zu Wort gemeldet haben."




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