Alice Schwarzer empört: "Christian Lindner begrüßte Arne Hoffmann mit offenen Armen" – News vom 26. Oktober 2020
1. Alice Schwarzers "Emma" hat Christian Linnder zum "Sexist Man Alived" gekürt, also in etwa zum "sexistischsten Mann der Welt". Warum? Lindner hatte nicht nur gescherzt, er hätte mit Generalsekretärin Linda Teuteberg "ungefähr 300 Mal den Tag begonnen" (bei einer morgendlichen Telefonkonferenz) – eine schräge Formulierung, für die er sich schnell entschuldigt hatte. Was sonst ist Lindner anzukreiden? Spiegel-Online fasst die Anklage zusammen: "Voraus gingen zahlreiche Ausrutscher des leidenschaftlichen Porschefahrers in den vergangenen Jahren - Hobbys: Grillen, Sport, Autos. Der Mann hat's offenbar nötig." Im Weltbild der Emmas, die offenbar glauben, Noten verteilen zu können, wie sich echte, kernige Männlichkeit zeigt, ist Lindner damit ein "Möchtegernmann". Dasselbe Lager würde sich verbitten, wenn ein Männerklüngel öffentlich beurteilen würde, wie weiblich Alice Schwarzer ist. Da wird der eigene Sexismus doch recht fleißig auf den politischen Gegner projiziert.
Weitere Sünden, die die "Emma" Lindner in ihrem Artikel ankreidet: Er lehnt die Frauenquote ab, findet ein Verbot angeblich sexistischer Werbung spießig und begrüßte mich "mit offenen Armen", obwohl ich doch ein Männerrechtler bin. Wer für die Anliegen von Männern eintritt, gilt im Hause Schwarzer anscheinend als Sexist. Außerdem bezeichnet mich die "Emma" in ihrem Beitrag als "antifeministisch". Das trifft etwa so weit zu, wie auch diverse Landesverfassunsgerichte "antifeministisch" sind. Heutzutage gilt ja schon als "antifeministisch", wer das Grundgesetz verteidigt.
Trotzdem darf man den "Emmas" für ihr Anpampen Lindners dankbar sein. Das Blatt zeigt damit sehr deutlich, was ein Mann im Jahr 2020 Schlimmes verbrechen muss, um nicht nur als "sexistisch" beschimpft zu werden, sondern sogar als sexistischster Mann von allen. Wenn Christian Lindner bereits der Extremfall in unserer Gesellschaft ist, dann hat sich das Thema "Sexismus gegen Frauen" im wesentlichen erledigt.
Ich habe mich am Wochenende mit ein paar Leuten zum Essen getroffen und dabei auch von dieser Nummer erzählt. Mehrere Frauen fragten amüsiert: "Die Schwarzer hat Lindner unter anderem deshalb zum sexistischen Mann der Welt gekürt, weil er dich mit offenen Armen empfangen hat? Solltest DU dann nicht der sexistischste Mann der Welt sein? Was hat dieser Lindner, was du nicht hast?" Gute Frage. Ich werde hier doch behumst! Erklären Sie DAS doch mal, Frau Schwarzer.
2. Im Mannheimer Morgen bezieht Janina Hardung (28) Stellung gegen den Dauerton des Männer-Bashings in unserer Gesellschaft, der sich kürzlich auch in einer Kampagne auf Instagram zeigte. Deren Initiatorinnen hatten die Frage gestellt "Was würdet ihr tun, wenn es einen Tag keine Männer gäbe?" – angeblich um damit auf ein gesellschaftliches Problem aufmerksam zu machen.
Hardung ist mit dieser Rheotrik unzufrieden – weil solche Frauen damit noch mehr unter sich bleiben als ohnehin schon. ("Diese Influencerinnen bewerben auf ihren Kanälen allerdings hauptsächlich Kosmetik und Mode, 90 Prozent ihrer Follower sind also Frauen.") Das Ergebnis solcher Aktionen sei damit nicht mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit für die Probleme des weiblichen Geschlechts.
Sondern Frauen, die Männern mehr und mehr pauschal misstrauen. Das scheint eine Renaissance im Feminismus zu sein - Polemik. Unterschwellig negative Gedanken einpflanzen - auf der einen Seite gegen Männer generell und auf der anderen Seite speziell gegen den alten, weißen, reichen Hetero-Mann.
Hardung findet es
erschreckend, wie sich die Diskussion besonders durch die sozialen Medien verändert hat. Kommt das Gespräch aufs Thema Feminismus, wird es schnell ungemütlich. Die Fronten verhärten sich. Emotionen kochen über. Da Männer ja vermeintlich das Problem sind, dürfen sie natürlich auch nicht mitreden. So heißt es in der Debatte oft: „Wurde dir schon mal hinterhergepfiffen? Sexistische Witze gemacht? Nein? Dann sei lieber still!“
(…) Was passiert, wenn wir Menschen die Meinung verbieten? Wenn wir ihnen sogar die Worte im Mund herumdrehen? Sie in die Schublade der alten, dicken und weißen Männer sperren, als Sexist beschimpfen, weil sie mitreden wollen. Weil sie Forderungen hinterfragen und kritisch betrachten. Wir stoßen sie so lange weg, bis sie die Tür schließen. Und irgendwann stehen wir alleine da - wir 42 Millionen Frauen und klopfen uns stolz auf die Brust. Diese blöden Männer, denen haben wir es gezeigt. Die halten jetzt die Klappe.
(…) Wenn wir Männer also nicht pauschal verurteilen würden. Sie ihre Meinung sagen könnten - und wir ihnen dann von unseren Erfahrungen erzählen. Dann erkennen sie irgendwann: Dieses Problem, das ist genauso meins wie deins. Das ist unseres. Und dann ziehen wir eine neue Generation mit der Botschaft groß: "Du kannst werden, wer und was du willst."
So wohltuend es ist, ausnahmsweise einmal die Meinung einer Journalistin zu lesen, die sich den ständigen Angriffen auf Männer widersetzt, so rührend ist es zugleich, dass es auch bei Hardung allein Frauen sind, die von ihren "Erfahrungen erzählen". Männer dürfen dazu zwar ihre Meinung sagen, bleiben aber als Menschen, die eigene Erfahrungen, Probleme und Ansprüche haben, außen vor. Ihre Meinung dürfen sie allein deshalb äußern, weil Frauen sonst mit ihren Anliegen alleine bleiben. Wenn man Männer beschimpft und ihnen die Meinung verbietet wird als Folge davon nicht beklagt, dass Männer unter diesem Mobbing leiden könnten, sondern dass diese Männer Frauen als Unterstützer fehlen könnten. Die Egozentrik ist somit geringer als bei den Brachialfeministinnen, aber immer noch vorhanden.
Mehr und mehr entsteht nach solchen Beiträgen der Eindruck, dass man als Mann einer "Guter-Bulle-böser-Bulle"-Taktik ausgesetzt ist. Auf der einen Seite steht die Fraktion, die angreift mit "Kill all men! Men are trash!" Auf der anderen Seite steht die Fraktion, die sagt "Schau, wir lassen dich sogar mitreden, solange du uns gibst, was wir wollen." Der Slogan "Probleme gemeinsam angehen" heißt hier und an vielen anderen Stellen nichts anderes als "Probleme von Frauen gemeinsam angehen". Die Fraktion, die sich auch für die Lebenswelten und Diskriminierungserfahrungen von Männern interessiert, hat in unseren Leitmedien bis heute keinen Raum.
3. Das britische Magazin "The Critic" beschäftigt sich mit einem wichtigen Thema, das in den Leitmedien ebenfalls auffällig ausgeblendet bleibt: die erhebliche ideologische Einseitigkeit der Wikipedia. Der Artikel beginnt so:
Wikipedia ist die meistgenutzte Informationsquelle der Welt, und es ist viel über ihre Auswirkungen auf die öffentliche Wahrnehmung bestimmter Themen geschrieben worden. Wikipedia prägt sowohl die wissenschaftliche Forschung als auch die wirtschaftlichen Ergebnisse der realen Welt und ist die wichtigste Quelle für medizinische Informationen für Ärzte und Patienten. Die weit verbreitete Abhängigkeit von Wikipedia wäre kein Problem, wenn es sich um eine neutrale und verlässliche Quelle handeln würde, aber Anfang dieses Jahres erklärte Wikipedias Mitbegründer Larry Sanger, dass "die NPOV (neutrale Sichtweise) von Wikipedia tot ist". Ist die Aussage von Sanger richtig?
Eine Studie von Shane Greenstein und Feng Zhu aus dem Jahr 2018 verglich den Grad der politischen Voreingenommenheit in der Wikipedia und der Encyclopaedia Britannica, indem sie den jeweiligen Gebrauch von Phrasen, die von demokratischen oder republikanischen Mitgliedern des US-Kongresses bevorzugt werden, in jeder Enzyklopädie quantifizierte. Ihre Studie ergab, dass die Artikel in Wikipedia stärker politisch voreingenommen sind als die in der Encyclopaedia Britannica, und dass sie eher demokratische (im Gegensatz zu republikanischen) Standpunkte vertreten. Die Studie fand auch heraus, dass das Ausmaß der Voreingenommenheit in Wikipedia-Artikeln tendenziell abnimmt, je mehr Personen sie redigiert haben. Der Grund für diesen Trend wurde in einer früheren Studie derselben Autoren erklärt: "Ein Artikel profitiert von den Bemühungen vieler Mitwirkender und präsentiert kontroverse Inhalte mit größerer Wahrscheinlichkeit unvoreingenommen: So kann Vielfalt dazu beitragen, die inhaltliche Verzerrung zu verringern".
Eine Einschränkung der Studie von Greenstein und Zhu besteht darin, dass sie nur den Inhalt und die Geschichte von Wikipedia-Artikeln berücksichtigte und nicht die interne soziale Dynamik der Website untersuchte. In diesem Artikel bauen wir auf Greensteins und Zhus Analyse auf, indem wir spezifische Mechanismen untersuchen, die politische Voreingenommenheit in Wikipedia erzeugen, wobei der Schwerpunkt auf Entscheidungen der Schiedsgerichtsbarkeit liegt. Wir erörtern auch, wie sich diese Voreingenommenheit letztlich auf den Inhalt der Website auswirkt.
Der Artikel ist leider deutlich zu lang für eine Übersetzung auf Genderama, aber interessant für jeden, der sich für die Hintergründe der Wikipedia und ihren allmählichen Verfall interessiert. Auch und vor allem die Männerrechtsbewegung ist seit langen Jahren von der ideologischen Einseigkeit der Online-Enzyklopädie betroffen.
4. Die Post. Zur Debatte über trans Frauen bei sportlichen Wettkämpfen gibt es einen neuen Leserbrief, der ein wenig von der Geschlechterdebatte wegführt, aber dazu beiträgt, dass die Berichterstattung dieses Blogs so korrekt wie irgend möglich bleibt:
Zu der Diskussion selbst möchte ich eigentlich nichts sagen, als Physiklehrer weiß ich jedoch um die Wichtigkeit, Physik korrekt darzustellen.
Einer der Diskutenten schreibt:
"Noch ein letztes. Die Schlagenergie geht im Wesentlichen auf die Formel E = 0,5*Masse*(Beschleunigung)² zurück."
Korrekt ist die Formel Energie = 0,5 * Masse * (Geschwindigkeit)²
E = 0,5 mv²
Die Geschwindigkeit kann mit der Beschleunigung bestimmt werden: Geschwindigkeit = Beschleunigung * Zeit
v = a * t
Damit gilt für die Schlagenergie (den Term für die Geschwindigkeit in den Ausdruck für die Energie eingesetzt):
Energie = 0,5 * Masse * (Bschleunigung * Zeit)²
E = 0,5 * m * (a*t)² = 0,5 * m * t² *a²
Vielleicht ist das dem Diskutenten sogar klar, denn er schreibt "im wesentlichen" und vernachlässigt die konkrete Schlagzeit t in der Formel, weil diese im Realfall doch sehr klein ist (weswegen sie eigentlich zwingend berücksichtigt werden muss, weil sonst die Energie um einige Größenordnungen zu groß berechnet wird).
Den meisten anderen Lesern wird der Sachverhalt wohl nicht klar sein. So bauen sich leider konkrete Fehlvorstellungen auf, die den Physikunterricht für alle Beteiligten sehr frustrierend machen.
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