DIE WELT: "Ist eine HeToo-Bewegung überfällig?" – News vom 17. Februar 2020
1. Ich war sehr überrascht, als ich beim Durchgehen der aktuellen geschlechterpolitischen Nachrichten auf Google News die Schlagzeile "Ist eine HeToo-Bewegung überfällig?" entdeckte. Am Link zu dem betreffenden Artikel der "Welt" kann man auch problemlos erkennen, dass das seine ursprüngliche Schlagzeile war. Allerdings wurde sie dann zügig zu "Eine Lügnerin und eine Schande für Frauen" geändert.
Aufhänger des Artikels von Dietgard Stein sind die aktuellen Enthüllungen über Johnny Depps Misshandlungen durch seine Ex-Partnerin Amber Heard:
Der Mann als Opfer häuslicher Gewalt entspricht zwar nicht der konventionellen Annahme, doch es gibt ihn. Die Debatte darum verläuft leiser – ohne Hashtag-Kampagne oder politische Programme. (…) Ist es also an der Zeit für einen neuen Hashtag? Auf Twitter halten einige tatsächlich eine #HeToo-Bewegung für überfällig, um gegen Frauen, die falsche Anschuldigungen erheben, vorzugehen. Sie sehen sich durch die neuste Veröffentlichung über den mögliche Missbrauch Johnny Depps bestätigt. Darüber hinaus wird nun im Netz gefordert, der Kosmetikkonzern L’Oréal müsse Amber Heard schleunigst als Markenbotschafterin absetzen.
Es ist ja schön, wenn unsere Leitmedien diese Debatte ausnahmsweise nicht komplett unter den Tisch kehren. Allerdings: Eine #HeToo-Bewegung, die Männerrechtsbewegung, gibt es hierzulande seit etwa zwanzig Jahren. Dass in den deutschen Zeitungen immer wieder mal darüber nachgesonnen wird, ob eine solche Bewegung eventuell nötig wäre, statt ihre Institutionen und Aktivisten einfach den Lesern vorzustellen, verrät einiges über die Filterbubble, in der sich unser Journalismus befindet.
2. Der britische "Guardian" berichtet:
Der Freund der Fernsehmoderatorin Caroline Flack, die am Samstag tot in ihrem Haus aufgefunden wurde, hat erklärt, dass ihm ihr Tod "das Herz bricht".
Flack, 40, sollte am 4. März wegen des Angriffs auf Lewis Burton vor Gericht gestellt werden, eine Anklage, die er nicht unterstützt hat. Ein Richter hatte ihr vor dem Prozess verboten, mit ihm zu kommunizieren.
(...) Flack präsentierte viele der größten Reality-TV-Shows des britischen Fernsehens und ihre Ableger, von "The X Factor" bis "I'm a Celebrity, Get Me Out Out of Here Now!", und gewann die BBC-Show "Strictly Come Dancing" im Jahr 2014.
Viele von Flacks ehemaligen Kollegen und Freunden zollten der "warmherzigen und lustigen" Entertainerin in den sozialen Medien Anerkennung.
Der BBC-Frühstücksmoderator Dan Walker twitterte: "Schreckliche Neuigkeiten über Caroline Flack. Wir müssen uns wirklich besser umeinander kümmern." Der Moderator Phillip Schofield, fügte hinzu: "In einer Welt, in der man alles sein kann, sei freundlich."
Flack wurde im Dezember wegen Körperverletzung verhaftet und wurde angeklagt, Burton, 27, mit einer Lampe in ihrem Haus in Islington, Nordlondon, angegriffen zu haben. Das Gericht hörte, dass Burton "erhebliche Verletzungen am Kopf erlitten hatte". Flack wurde gegen Kaution unter der Bedingung freigelassen, dass sie bis zum Prozess keinen Kontakt zu Burton aufnimmt.
Ihr Tod hat in den Medien Kritik an ihrer Behandlung hervorgerufen. Die Boulevardpresse, einschließlich der "Sun", die die Nachricht von ihrem Tod verbreitete, hat sich schnell dazu entschlossen, die jüngsten negativen Geschichten über sie zu löschen.
Jetzt fordern insbesondere Labour-Politiker lautstark nach einer stärkeren Regulierung sowohl der sozialen als auch der traditonellen Medien, in denen über die Vorwürfe, Flack habe häusliche Gewalt ausgeübt, berichtet worden war. So hatte ein früherer Partner Flacks berichtet, ebenfalls Opfer ihres Verhaltens geworden zu sein, und die Vorwürfe gegen Flack dienten als Aufhänger für diesen Artikel über ein anderes männliches Opfer häuslicher Gewalt.
Jetzt wollen Labour-Politiker solche Artikel also zum Verschwinden bringen und Boulevardblätter wie die "Sun" ziehen in vorauseilendem Gehorsam mit? Manchmal ist man fast in der Versuchung, sich zu fragen, ob vielleicht irgendjemand auf Twitter eine HeToo-Bewegung fordert.
3. Christian Schmidt hat Artikel zum Führungswechsel bei der CDU zusammengestellt, die sich mit dem Übergang der Macht von Frauen zu Männern beschäftigen, und lädt ein zur Diskussion über die Frage: Was hat ein weiblicher Bundeskanzler Frauen eigentlich gebracht?
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