Süddeutsche Zeitung: "Wenn Giffey klug ist, tritt sie zurück" – News vom 3. April 2019
1. Der Politikwissenschaftler Peter Grottian, der an derselben Uni lehrte, an der Frauenministerin Giffey ihren Doktor machte, äußert sich in einem Gastartikel für die Süddeutsche Zeitung zu den mit dieser Arbeit verbundenen Plagiatsvorwürfen:
Die Sache ist ausnahmsweise eindeutig. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey hat eine höchst anfechtbare Doktorarbeit im Fach Politikwissenschaft an der FU Berlin geschrieben. (...) Wenn Giffey klug ist, sollte sie selbst den Rücktritt von ihrem Amt vollziehen und die FU bitten, die Aberkennung ihres Doktorgrades einzuleiten. Sie hätte Haltung gezeigt und ihre politische Karriere vor weiterem Schaden bewahrt. In den Medien wäre der Fall in drei Tagen erledigt.
Wer so argumentiert, muss stichhaltige Argumente vortragen. Erstens sind die von Vroniplag Wiki aufgedeckten Mängel so schwerwiegend, dass sie mutmaßlich zur Aberkennung des Doktorgrades ausreichen. Auch wenn das Vorgehen der Plagiatsjäger detailversessen und zuweilen kleinkariert wirkt, belegt es doch, dass Giffey vom Handwerk wissenschaftlichen Arbeitens nur einen blassen Schimmer hat. Das gilt auch für den Stand der Forschung und die theoretisch-methodische Reflexion in ihrer Arbeit. Giffey demonstriert ein oft naives, fehlerhaftes und verantwortungsloses Verhältnis zu ihrem Fach.
Vor lauter Details aber übersieht Vroniplag Wiki das eigentliche Problem: Giffey beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit der Beteiligung der Zivilgesellschaft an der EU-Politik am Beispiel von Berlin-Neukölln. Als damalige Europabeauftragte von Neukölln schrieb sie damit direkt und indirekt über sich selbst. (...) Giffey (...) schreibt nicht über einen Prozess, dessen Teil sie ist, sondern nur über ihre Arbeit. Das geht zu weit.
Der Focus hat mit Gerhard Dannemann, Jurist und Professor an der Berliner Humboldt-Universität, über die von ihm gesichtete Dissertation Giffeys gesprochen. Sein Urteil lautet:
Es existieren viel gravierendere Fälle als der von Giffey – aber es wurde auch schon in weniger schwerwiegenden Fällen der Doktorgrad entzogen. Die Arbeit und die Plagiatsvorwürfe gegen Giffey würden folglich definitiv genügen, um ihr den Doktorgrad zu entziehen. (...) Ungewöhnlich ist die Anzahl der Fehlverweise. Die können jedem mal passieren, aber in dieser Anzahl sind sie nicht mehr akzeptabel und deuten auf einen willkürlichen Umgang mit Quellen hin. Die Verfasserin verweist häufig in Fußnoten auf Quellen, in denen angeblich steht, was im Text angeführt wird – ohne dass die Informationen tatsächlich dort zu finden sind.
2. "Die Welt" berichtet über etwas, worauf die Männerechtsbewegung seit Jahren hinweist: Schwule Männer verdienen weniger als lesbische Frauen.
3. Eine neue Petition fordert Gender-Deutsch für alle Wikipedia-Artikel: "Für Neulinge sei es besonders schwer, neue Artikel anzulegen, wenn sie nicht dem veralteten Sprach- und Geschlechterverständnis der Wikipedia entsprächen." Das soeben verlinkte Blog "Netzpolitik" übernimmt durchgehend diese Argumentation. So heißt es dort: "Frauen und geschlechterdiverse Menschen sind auch im 21. Jahrhundert noch nicht gleichberechtigt und werden auch in unserer Sprache ausgegrenzt."
4. In den USA tobt immer noch die Debatte, ob Joe Biden mit seinem Verhalten gegenüber Frauen nun ein Sexist ist oder nicht.
Das Magazin Forbes etwa argumentiert, Bidens Zärtlichkeiten gegenüber Damen stünden für den "besonders heimtückischen" sogenannten "wohlwollenden Sexismus". Die Wortführerinnen von MeToo hingegen erinnern daran, dass Biden mit seiner stramm feministischen Politik auf ihrer Seite stehe und man ihm deshalb kleine Übertritte durchgehen lassen sollte – ein Revival des feministischen Umgangs mit Bill Clinton in den neunziger Jahren. Und die Washington Post schlagzeilte gestern: "Joe Biden sollte mit dem Quatsch aufhören. Das gilt auch für den Mob, der hinter ihm her ist."
5. Es gibt offenbar ein weiteres Todesopfer von MeToo.
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