Studenten protestieren gegen Kongress zur Bekämpfung häuslicher Gewalt – News vom 28. März 2018
1. Wie Genderama bereits letztes Jahr berichtete, findet vom 13. bis zum 15. April 2018 an der Universität Frankfurt der Wissenschafts-Kongress Familienkonflikte gewaltfrei austragen statt. Aus den auf der verlinkten Website präsentierten Hintergrundinformationen sowie dem Programm des Kongresses geht hervor, dass man dort Gegenpositionen zur feministischen Ideologie von häuslicher Gewalt als "Männergewalt gegen Frauen" finden wird. Stattdessen wird solche Gewalt als wechselseitig erfolgend und sich in einer Spirale aufrecht erhaltend erkannt, und es gibt Vortragsthemen wie
"Das tut mir leid, aber wir helfen keinen Männern" – Die Erfahrungen männlicher Opfer von partnerschaftlicher Gewalt mit Scham und der Suche nach Hilfsangeboten
Gegen diesen Kongress wird nun ebenso mobil gemacht wie gegen alle anderen geschlechterpolitischen Kongresse mit nicht stramm feministischem Inhalt. Die Hessenschau berichtet und gibt dabei erwartungsgemäß den Angriffen der Protestler weit mehr Raum als den tatsächlichen Inhalten des Kongresses:
Der Allgemeine Studierenden Ausschuss (AStA), das Bündnis für Akzeptanz und Vielfalt Frankfurt und die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität fordern von der Uni, dem Veranstalter die Räume für den Kongress vom 13. bis 15. April nicht zu vermieten. Der Vorwurf: Hinter Vorträgen etwa zu "Evidenzbasierter Intervention in Fällen partnerschaftlicher Gewalt" oder Männern als "verborgene Opfer" stünden homosexuellenfeindliche Pseudowissenschaftler. Schwul oder lesbisch zu sein, sei für sie Krankheit, Störung, Fehlentwicklung - also etwas, von dem die Betroffenen geheilt werden könnten.
(...) "Eine derartige menschenverachtende und an der Realität der menschlichen Vielfalt vorbeigehende Haltung darf nicht toleriert werden", heißt es in einem Aufruf des Bündnisses für Akzeptanz und Vielfalt Frankfurt zu einer Demo am 14. April. "Wir haben von der Uni-Leitung bereits gefordert, dass die Konferenz abgesagt wird. Wir wehren uns dagegen, dass solchen Reaktionären an der Universität eine Bühne geboten wird“, sagte Clara Mißbach vom AStA-Referat für politische Bildung zu hessenschau.de.
(...) Die Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität schreibt in einem auf Facebook veröffentlichten Brief an Uni-Präsidentin Birgitta Wolff, es sei "milde ausgedrückt unsensibel", eine solche Tagung ausgerechnet im ehemaligen IG-Farbenhaus stattfinden zu lassen. Das Unternehmen war eng in die KZ-Verbrechen der Nazis verstrickt.
(...) Die Kritik gilt vor allem dem 78 Jahre alten Soziologen Gerhard Amendt als wissenschaftlichem Kopf der geplanten Konferenz. Der gebürtige Frankfurter, der auch hier studierte, war bis zum Ruhestand Professor an der Uni Bremen. Bekannt wurde er als Verfechter der Männerrechtsbewegung und Gegner des Feminismus. Unter anderem forderte er die Schließung von Frauenhäusern, weil auch Männer häufig Opfer häuslicher Gewalt würden.
(...) Der Uni-Sprecher erklärte, der Vertrag werde im Licht dieser neuen Erkenntnisse juristisch geprüft. "Es ist dennoch ein rechtsgültiger Vertrag zustande gekommen", teilte die Universität mit, "dieser kann nur aus schwerwiegenden Gründen rückgängig gemacht werden."
Auf der Leitungsebene will die Hochschule nun grundsätzlich beraten, wie man interessierte Mieter besser prüfen kann. Auf die Frage, ob sich die Uni mit dem heutigen Wissen noch einmal auf die Vermietung einlassen würde, gibt es nämlich auch eine Antwort: "vermutlich nicht."
2. Das Thema "häusliche Gewalt gegen Männer" ist indes trotz solcher Scharmützel nicht mehr unter den Teppich zu kehren. Im linken "Freitag" beschäftigt sich Melanie Schröder ausführlich damit und stellt die Oldenburger Männerwohnhilfe vor. Auch die Kommentare unter dem Artikel sind lesenswert.
3.
Der 93-jährige Dichter Eugen Gomringer hat sich in Berlin all jenen gestellt, die sein Gedicht "Avenidas" als sexistisch empfinden. Es sollte eine klärende Aussprache geben, aber es wurde ein trauriges Tribunal der Selbstgerechtigkeit.
"Die Welt" berichtet unter der Überschrift "Wie Feministinnen einem Dichter den Prozess machen".
4. Die deutsche Rapperin Sabrina Setlur hat einen realistischen Blick auf die MeToo-Kampagne:
"Grundsätzlich muss man sich einfach die Frage stellen, wo fängt Belästigung an, und wo hört sie auf?", erklärt Setlur im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news. "Ich glaube, solange diese Frage nicht klar und deutlich beantwortet werden kann, ist es sehr schwer zu sagen: 'Me too'." (...) Die aktuelle Diskussion sei generell ein sehr, sehr kritisches Thema, bei der man wirklich aufpassen müsse. Aktuell sei ja schon der Blick eines Mannes verwerflich.
5. MANNdat erklärt, wie der Gleichstellungsbericht 2017 erneut Jungen, Väter und Männer ausgrenzt.
6. Die Neue Zürcher Zeitung kommentiert den Rauswurf von Bundesrichter Thomas Fischer bei der "Zeit":
Zu behaupten, Fischer habe keine Argumente, ist lächerlich. Man muss dem angriffslustigen Richter a. D. gar nicht zustimmen. Aber der Mann bietet eine ganze Batterie an Argumenten auf, von der Beweiswürdigung bis zur Klärung des Schuldbegriffs. Dann die Absprache. Die "Zeit" war laut "Meedia"-Chefredaktor Georg Altrogge durchaus informiert. Er habe das Büro des Chefredaktors Giovanni di Lorenzo vorab angerufen und auf die geplante Veröffentlichung hingewiesen, sagt er auf Anfrage – "aus Gründen der Fairness und um die medienethische Debatte über den Fall Wedel anzustossen". Debatte ist das entscheidende Wort.
Warum sollte Fischer als freier Autor gegenüber Informanten seiner Redaktion "loyal" sein? Der Begriff beschreibt die Verbundenheit mit einer Person oder Sache, deren Werte man teilt. Fischer hat an der Weise, in der Wedels vermeintliche Opfer nach Jahrzehnten des Schweigens in Szene gesetzt wurden, nicht nur nicht teilhaben wollen. Er fand das Vorgehen so verkehrt, dass er – in Loyalität zu seinem eigenen Wertesystem – dagegen Position beziehen wollte.
Das war für Frau Rückert, die bei Twitter auf den Namen "Alphahuhn" hört, zu viel. Wenn die Vize-Chefredaktorin der "Zeit" von Loyalität spricht, dann meint sie Gehorsam.
7. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:
Lieber Herr Hoffmann,
erst einmal möchte ich Ihnen zu Ihrer ausgezeichneten Arbeit gratulieren. Ich verfolge Ihren Blog seit einigen Jahren - es ist ein wenig wie in diesen Matrix-Filmen, wo man plötzlich in einer anderen Wirklichkeit aufwacht. Früher war ich überzeugter, linker Feminist, ich habe tatsächlich überall Benachteiligungen für Frauen gesehen und sogar an den Gender Pay-Gap geglaubt.
Ihr Blog und Ihr Buch haben mir die Augen geöffnet: Offenbar geht es den Radikalfeministen heute tatsächlich im Wesentlichen darum, Vorteile für Frauen herauszuholen – und das geht in den Augen dieser Leute nur, indem man Männer und ihre Anliegen unterdrückt.
Das mag daran liegen, dass inzwischen einige Stellen geschaffen wurden, deren Inhaber bezahlt werden, um Nachteile abzuschaffen, die inzwischen gar nicht mehr existieren – also sucht man sich eben neue Arbeitsfelder. Das eigentliche Problem ist, das haben Sie richtig analysiert, dass die Medien diese Spinner weitgehend unkritisch gewähren lassen und sogar gezielt versuchen, die öffentliche Meinung in ihrem Sinne zu manipulieren.
Ich habe jetzt die Konsequenz gezogen und meiner geliebten Süddeutschen Zeitung gekündigt. Ein Schritt, der mir sehr weh tut, denn ich habe mich Jahrzehnte auf dieses Medium verlassen. Aber irgendwann muss es auch mal gut sein. Ich hoffe nun, dass Sie Ihr Handwerk beherrschen, denn ich bilde meine Meinung zu gewissen Themen durchaus über Ihren Blog und kann nicht jede Behauptung verifizieren. Und ich bin sehr misstrauisch gegenüber Leuten, die ihre Infos nur aus dem Netz ziehen. Man gerät dann schnell in den Verdacht, ebenfalls ein Spinner und Verschwörungstheoretiker zu sein.
Insgesamt habe ich aber den Eindruck, dass das, was Sie schreiben, Hand und Fuß und einen profunden Faktencheck hinter sich hat. In gewisser Weise dürfen Sie nun von sich behaupten, dass ich Ihren Blog der Süddeutschen Zeitung vorziehe – das dürfen Sie gerne als Kompliment sehen.
Gleichwohl bin ich nicht immer Ihrer Meinung. Dass die Bevorzugung weiblicher Charaktere in den neuen Star Wars-Filmen radikalfeministisch intendiert ist, halte ich persönlich zum Beispiel für übertrieben. Wie dem auch sei, das ist ein Nebenkriegsschauplatz – und weiblichen Helden zuzusehen, macht ja auch mehr Spaß als etwa strunzdumme Dialoge von Muskelprotzen wie Vin Diesel über sich ergehen zu lassen.
Im Großen und Ganzen bin ich aber auf Ihrer Seite und freue mich auf jeden täglichen Blog. Und witzigerweise habe ich irgendwie das Glück, im Wesentlichen von Frauen umgeben zu sein, die Ihre Argumente absolut nachvollziehen und teilen. Niemand möchte sich durchgehend als Opfer wahrnehmen. So falsch können Sie also nicht liegen.
Also: Danke und bitte weiter so! So langsam habe ich nämlich den Eindruck, dass Ihre Arbeit sich auszahlt, "männerfreundliche" Berichterstattung scheint ja allmählich häufiger zu werden.
Was die in der Mail implizit enthaltenen Fragen meines Lesers angeht: Ich mache meine Behauptungen durch Verlinkungen der betreffenden Artikel so transparent wie möglich, so dass sich meine Leser auf dem selben Informationsstand befinden wie ich selbst. Wenn ich irgendwo zum Beispiel durch zu flüchtige Lektüre oder mangelndes Hintergrundwissen einen Fehler gemacht habe, weist mich einer meiner zahlreichen Leser schnell darauf hin, und der Lapsus wird zeitnah korrigiert. Das kommt aber selten vor; viel zahlreicher sind diverse Vertipper beim Schreiben, die den Lesefluss stören und die ich mitunter erst spät entdecke.
Davon abgesehen versuche ich, einen Bogen um verschwörungstheoretische Websites oder auch nur allzu ideologisierte Websites zu machen und mich auf renommierte Quellen zu beziehen. Wobei das im Zeitalter des Versagens vormalig renommierter Medien immer schwieriger wird. Während etwa die früher allgemein anerkannte "Zeit" beim Geschlechterthema zunehmend abenteuerlich wird, finde ich bei vergleichender Recherche in dem angeblichen britischen Boulevardblatt "Daily Mail" oft eine ausführlichere und informativere Berichterstattung zu Hintergründen eines Falles als in angeseheneren britischen Zeitungen wie dem "Telegraph" oder dem "Independent".
Wenn ich jede abenteuerliche Behauptung, die auf irgendeiner Website verbreitet wird, hier aufnehmen würde, wäre Genderama vermutlich viel spannender und hätte entsprechend mehr Leser, wäre aber auch weniger verlässlich. Mein Blog wird ja auch von anderen Journalisten, Politikern und Professoren gelesen; da möchte ich so fundiert wie möglich berichten.
Der obigen Lesermail an mich war auch die Mail beigefügt, mit der dieser Leser sein Abonnement der Süddeutschen Zeitung kündigte. Darin findet sich ein Satz, der Sorgen anspricht, die ich schon von vielen Lesern gehört habe:
Wenn schon im Fall Damore oder bei der hellen Empörung über den sogenannten Gender-Pay-Gap so offensichtlich auf eine simple Hintergrund-Recherche verzichtet wurde, muss ich mich fragen, wie sich das in Ihrer Redaktion in anderen Fällen verhält, in denen die Fakten weniger offen auf dem Tisch liegen und ethische Fragen verzwickter zu beantworten sind.
Ja, das beunruhigt mich auch. Leitmedien versuchen, mich bei den Themen für dumm zu verkaufen, bei denen ich mich dank 20 Jahren Forschung in diesem Bereich auskenne. Dort erkenne ich die manipulative Berichterstattung. Der Verdacht liegt aber nahe, dass bei Themen, bei denen ich mich nicht auskenne und wo ich einseitige Berichterstattung und andere Trickserei deshalb nicht durchschaue, dasselbe geschieht.
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