Neue Frauenministerin, BGH-Urteil zu Bankkundin, "Schande von Helbra", weibliche Opfer von MeToo – News vom 14. März 2018
1.
Die desginierte Familienministerin Franziska Giffey hat nach Informationen der "taz" ihre Biographie geschönt. Auf ihrer Homepage franziska-giffey.de beschreibt sich die bisherige Neuköllner Bürgermeisterin als Kurzzeit-Mitarbeiterin mehrerer Institutionen in London, Brüssel und Straßburg. Dabei soll es sich nach taz-Informationen allerdings nur um Ausbildungsstationen im Rahmen ihrer beiden Studiengänge handeln.
So heißt es auf Giffeys Webseite: "Während des Studiums war sie im Jahr 2000 mehrere Monate als Mitarbeiterin im Büro des Bezirksbürgermeisters von Lewisham (Dave Sullivan, Labour Party) in London tätig. (...) 2003 war sie darüber hinaus Mitarbeiterin bei der Vertretung des Landes Berlin bei der Europäischen Union in Brüssel und im Jahr 2005 Mitarbeiterin bei der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in Straßburg." Das Bundesfamilienministerium bestätigte der Zeitung, dass es sich in allen Fällen nur um Ausbildungsstationen handelte.
Der Focus berichtet.
2. Nach dem gestern ergangenen BGH-Urteil braucht das weibliche Geschlecht einer Kundin auf Bankformularen nicht eigens hervorgehoben zu werden. Im Forum der Tagesschau diskutieren Frauen und Männer über diesen Richterspruch und über das generelle Problem, wenn ohnehin schon überlastete Gerichte mit Querulantentum in Beschlag genommen werden.
Marlies Krämer (früher SPD, jetzt LINKE), die 80jährige Klageführerin, hat bereits angekündigt, über das Bundesverfassungsgericht bis zum Europäischen Gerichtshof weiter zu prozessieren: "Letztendlich macht mir das einfach Spaß".
Eine Reihe von Journalisten der Leitmedien springen aus Entrüstung über das aktuelle Urteil im Dreieck – grotesk überrissen etwa Heide Oestrreich, die ernsthaft behauptet, die Richter sprächen nicht mehr "im Namen des Volkes" (also der "taz"-Redaktion). Da wollen in der Kommentarspalte nicht mal mehr die eigenen Leser mitgehen. Aber es gibt auch gelungene Artikel. Interessante Hintergründe zu diesem Thema erfährt man etwa im "Tagesspiegel". Die Frankfurter Allgemeine kommentiert mit "Die Krämerin". Und die Stuttgarter Zeitung sieht ein "Signal gegen grassierenden Unfug"
Einen Kommentar aus der Männerszene liefert Uepsilonniks.
3. Lucas Schoppe kommentiert die "Schande von Helbra". Lesenswert!
4. N-tv berichtet ausführlich über häusliche Gewalt gegen Männer und Männerschutzhäuser wie im brandenburgischen Ketzin. Der Artikel ist passagenweise allerdings ein bisschen gaga. So verweist er auf auf eine Studie des Robert-Koch-Instituts, in der es es heißt:
Frauen gaben mit 3,3% signifikant seltener an, in den letzten 12 Monaten Opfer von körperlicher Gewalt gewesen zu sein als Männer (6,2%). Selbst körperliche Gewalt ausgeübt zu haben, gaben insgesamt 3,4% der Frauen und 3,9% der Männer an. Der Unterschied ist nicht signifikant.
Davon komplett unbeeindruckt, schließt der Artkel mit der Einschätzung einer Pro-familia-Psychologin namens Katrin Pfleiderer:
Dennoch, und das liegt Pfleiderer besonders am Herzen, dürfe man bei Berichten über weibliche Gewalt an Männern nicht versuchen, sie mit männlicher Gewalt an Frauen gleichzusetzen. Denn das wäre nicht korrekt. "Unsere Geschichte und unsere Kultur ist noch immer so männlich dominiert, dass es sehr viel mehr männliche Gewalt an Frauen gibt als umgekehrt. Nur wenn man Gewalt individuell betrachtet, ist sie vergleichbar. Betrachtet man sie gesellschaftlich, muss der Unterschied benannt werden. Anderenfalls würde man sich unehrlich machen."
Mit anderen Worten: Man kann an Studien auffahren, was man will, der Psychologin liegt das Jahrhunderte alte Feindbild Mann derart am Herzen, dass sie nicht davon abrücken will. Und selbstverständlich hat sie in unseren Medien damit das letzte Wort. Frauen sind gut, Männer sind böse. Mit allem anderen würde man sich unehrlich machen.
Ach ja, Pfleiderers Einschätzung, es brauche nur ein prominentes Opfer, damit häusliche Gewalt gegen Männer ein so großes Thema wie die MeToo-Debatte würde, ist natürlich genauso ahnungslos.
5. Mit mehr Frauen an der Macht wird alles viel menschlicher und ziviler. Oder auch nicht: Trumps neue CIA-Chefin muss sich gegen Foltervorwürfe wehren.
6. Im Harvard Business Review widmet sich Katherine Tarbox der Vernichtungsschneise, die MeToo auch für Frauen hinterlassen hat:
Nach der MeToo-Bewegung um sexuelle Belästigung frage ich mich, wie weit wir wirklich gekommen sind. Vor kurzem haben mir mehrere Männer privat mitgeteilt, dass sie nicht die Absicht haben, Frauen für offene Positionen einzustellen oder junge Frauen zu managen, wenn sie es vermeiden können. Ich befürchte nun, dass die Bewegung bereits eine zerstörerische Gegenreaktion ausgelöst hat.
Als jemand, die im Finanzbereich arbeitet und derzeit Studentin im Executive MBA-Programm an der Wharton School ist, habe ich Männer sagen hören, dass sie aufgrund der Intensität von MeToo weniger wahrscheinlich Frauen einstellen oder mit ihnen zusammen arbeiten. Ob bewusst oder nicht, ich bin mir nicht sicher, wie irgendein Mann in Amerika seine Einstellungspraktiken nicht neu bewertet. Ich habe im Gespräch mit männlichen Führungskräften bei zwei prominenten Wall Street-Firmen erfahren, dass sie Berichte von Mitarbeiterinnen direkt an weibliche Chefs weiterleiten.
Selbst wenn wir an der beunruhigenden Botschaft vorbeikommen könnten, die hier gesendet wird, ist das nicht praktikabel: Frauen machen nur etwa 25% des Führungsteams in den Top-Firmen der Wall Street aus, und es gibt einfach nicht genug Frauen, um dieses Modell aufrechtzuerhalten. Ich habe auch von männlichen Fondsmanagern gehört, dass sie nicht das "Risiko" eingehen wollten, eine Frau in ihren kleinen Firmen einzustellen. Ein Angestellter einer großen Bank teilte mit, dass alle zukünftigen Analytikerinnen "unattraktiv" sein sollten.
Dieses Umfeld ist besonders beunruhigend für meine Mitschülerinnen und mich, wenn wir einen Job im Finanzdienstleistungssektor bekommen wollen, wofür Wharton bekannt ist. Selbst wenn ich klüger oder qualifizierter als einer meiner männlichen Klassenkameraden wäre, warum sollte ein Arbeitgeber mich einstellen, wenn der Kerl neben mir gut genug ist und weniger wahrscheinlich einen Vorwurf der Belästigung erheben wird? Frauen machen etwas mehr als 25% meiner Klasse aus; es gibt keinen Mangel an männlichen MBAs, die man einstellen kann. Ich habe bereits von einigen Männern bei kleinen Hedgefonds gehört, dass sie keine Frauen einstellen werden, weil wir zu "riskant" sind, und von Männern im Risikokapitalbereich, dass sie keine Einzelgespräche mit Gründerinnen führen werden.
Aber eine solche Offenheit ist selten und inoffiziell, denn eine solche Diskriminierung ist illegal. Und Frauen werden vielleicht nie erfahren, warum sie übergangen wurden. In gewisser Weise glaube ich, dass meiner Mutter eine bessere Gelegenheit zu einem Vorstellungsgespräch geboten wurde - zumindest waren die Männer damals ehrlich, als sie ihr sagten, dass sie keine Frauen einstellen würden. Ich befürchte, dass in diesem Frühjahr viele MBA-Studentinnen von Unternehmen interviewt werden, die scheinbar nach Geschlechterparität streben, aber keine wirkliche Absicht haben, junge Frauen einzustellen.
(...) Obwohl die Ängste der Männer in einer unbewusst voreingenommenen Sichtweise von Frauen als unzuverlässig oder irrational begründet sein können, denke ich, dass die MeToo-Bewegung einen Teil der Schuld für die Gegenreaktion trägt, die ich derzeit sehe. Der Hashtag und die Medienberichte haben einen eskalierenden Effekt gehabt, der im Wesentlichen wichtige Unterschiede zwischen Vergewaltigung, Begrapschen und ungeschickten Flirtversuchen verwischt. Als Opfer eines sexuellen Übergriffs, der zu einem Fall für die US-Bundespolizei geworden ist, möchte ich diese Bewegung unterstützen, aber als der Wasserfall der sozialen Medien im letzten Herbst begann, konnte ich mich nicht dazu überwinden, meine Erfahrungen - die mich drei Jahre lang an den Rand der Depression gebracht haben - unter dem gleichen Hashtag zu teilen wie Frauen, die auf einer Feiertagsparty im Büro kurz liebkost worden waren. Sowohl sexuelle Belästigung als auch sexuelle Attacken sollten auf keinen Fall toleriert werden, aber sie sind nicht dasselbe. Aber der Grad der Verurteilung, der jedem einzelnen jetzt angeboten wird, scheint derselbe zu sein. Wie Sarah Chiche, eine der Hauptautoren einer französischen Erwiderung auf MeToo, der New York Times sagte: "Männer, deren einziger Fehler darin bestand, eine leicht anzügliche Textnachricht oder E-Mail zu senden, wurden in sozialen Netzwerken genauso behandelt wie Sexualstraftäter, wie Vergewaltiger". Das Rückschwingen des Pendels zu beobachten, was der Reaktion der Gesellschaft auf sexuelle Übergriffe betrifft, hat ein Schleudertrauma ausgelöst, und ich finde es beunruhigend.
7. Die Universität Miami bezahlt Studenten, Reklame für radikalen Feminismus zu machen. Das geld ist sinnvoll investiert: So beklagte ein Aktivistin, die Glasarchitektur des Campus sei ein ernstzunehmendes Social-Justice-Problem, denn sie gebe Studenten das Gefühl, mit ihrer Verschiedenartikgkeit besonders bloßgestellt zu werden.
8. Die Post. Zu dem "Zeit"-Artikel von Ursula März, den einfach zu ignorieren ich trotz seiner offenkundigen Idiotie nicht geschafft hatte, schreibt mir Kevin Fuchs:
Der Artikel von Ursula März ist reine Hatespeech. Die Autorin kübelt pauschale Häme über einer ganzen Bevölkerungsgruppe aus - in diesem Falle Männer. Die Frage ist, warum sie das tut.
Man muss das im Kontext der Medienkrise sehen. Der "Erfolg" des Artikels liegt in der Menge der Kommentare. Der Artikel ist voller Sexismus und Herabwürdigungen und darum auch eines journalistischen Mediums nicht würdig. Aber er eignet sich für Click-Baiting.
Ich hatte vor kurzem eine Diskussion mit einer Werbeagentur. Da kam die Frage auf, ob man zukünftig Werbebanner nicht mehr oben auf der Seite, sondern im Kommentarbereich einblendet. Das Nutzerverhalten hat sich nämlich geändert. Die eigentlichen Artikel werden oft nur noch überflogen und die Kommentare werden als das eigentlich Interessante gesehen. Oft sind die Kommentare tatsächlich inhaltlich besser und fundierter als die Artikel selbst.
Das Problem ist, dass dieser Hass, der in solchen Artikeln verbreitet wird, auf die Journalisten zurückfällt. Wenn Journalisten sich über Hasskommentare oder Hassmails beklagen, sind sie oft selbst die Schuldigen. Journalisten treten heute selbst als Hater auf und fahren dann nur die gerechte Ernte ein. Sie merken das nur nicht, weil sie sich einbilden, dass ihre Hatespeech etwas Besseres sei - ist sie aber nicht.
Ich verstehe aber auch nicht, wie einem die eigene Würde so wenig wert sein kann. Ich würde mich schämen, wenn mein Autorenname auf so einem Artikel stände.
Bemerkenswert ist ja, dass Ursula März mal eine angesehene, preisgekrönte Autorin war. Und jetzt muss sie im Alter Click-Bait-Artikel voller verbittertem Geschlechterhass schreiben. Irgendwie erleben wir hier auch eine persönliche Tragödie.
Nicht weniger tragisch ist allerdings, dass sogar die "Zeit" inzwischen glaubt, sich nur noch durch Click-Bait-Artikel über Wasser halten zu können. Natürlich ist es clever, Leser mit den Beiträgen unbezahlter Autoren (im Kommentarbereich) heran zu ziehen. Aber lohnt es sich wirklich, dafür den hohen Status preiszugeben, den die "Zeit" im Bildungsbürgertum früher hatte?
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