Mittwoch, Januar 31, 2018

"Was mit Dieter Wedel passiert, ist verfassungsfeindlich" – News vom 31. Januar 2018

1. Die Kritik von Rechtsexperten am Umgang der Leitmedien mit Dieter Wedel reißt nicht ab. Nachdem zuvor schon die Professorin für Rechtswissenschaften Monika Frommel und der Rechtsanwalt Gerhard Strate einen Anschlag auf unseren Rechtsstaat diagnostizierten, schließt sich dem jetzt auch Alexander Stevens an, Fachanwalt für Strafrecht und als einziger Anwalt überhaupt in Deutschland ausschließlich auf Sexualdelikte wie Vergewaltigung spezialisiert. Die Berichterstattung im Fall Wedel entsetzt ihn:

Mit Strohmannargumenten, Killerphrasen und agitatorischer Agnosie wird eine Schweigespirale der Männerfeindlichkeit erzeugt. (...) Es wird aufgrund bloßer Verdachtsberichterstattung darüber geurteilt, was wirklich passiert ist. Das macht aber die Anschuldigungen mutmaßlicher Opfer nicht wahrer und die Gegenbehauptung von Dieter Wedel nicht unwahrer! Es gibt auch keinerlei neutrale Sachbeweise, die einen solch dringenden Tatverdacht gegen Wedel rechtfertigen würden, um ihn dermaßen akritisch in der breiten Öffentlichkeit vorzuverurteilen. Alle, die sie in den Massenmedien Wedel-Bashing betreiben, sind Agnostiker unseres Rechtsstaates.


Auch Bundesrichter Thomas Fischer findet klare Worte zum Medientribunal gegen Dieter Wedel. Zu dem Journalismus der "Zeit" hat er folgendes zu sagen:

Von "Verdachtsberichterstattung" kann hier kaum noch gesprochen werden; sie ist durch Übernahme der Beschuldigung ersetzt. Das entspricht einem Reflexionsniveau, das gemeinhin dem klassischen Boulevard-Journalismus unterstellt wird. Was "Bild" mit Jörg Kachelmann machte, war der "Zeit" einst Empörung und Verachtung wert. Die Argumente von damals sollen im Fall Wedel aber ohne Bedeutung sein, weil bei diesem die Beweislage "erdrückend", er also schuldig sei. In Wahrheit arbeitet man auf demselben Argumentationsniveau, denn auch "Bild" war ja von der Schuld "überzeugt".

(...) Presseberichte können eine Person sozial schädigen, gar vernichten, sie in unverhältnismäßiger Weise für immer ausgrenzen und stigmatisieren. Deshalb ist die Presse verpflichtet, bei der Veröffentlichung von ehrverletzenden Beschuldigungen deutlich zu machen, dass es sich nicht um feststehende Tatsachen handelt. Man darf nicht öffentlich eine rechtlich definierte Schuld behaupten, die nicht auf legitime Weise bewiesen ist.

(...) Die mediale Abrechnung mit Wedel geht deutlich über das hinaus, was in einem Strafprozess von Belang wäre und der Beschuldigte sich dort gefallen lassen müsste. Seit Wochen beschäftigt man sich mit spekulativen Erörterungen über seinen Charakter, hält ihm vor, dass er eine künstliche Gesichtsbräune, eine ebensolche Dauerwelle, ein "Bärtchen" sowie eine Neigung zu unangemessen jugendlich-virilem Auftreten habe, erwähnt im "Zeit"- Magazin, es habe "Plagiats-Vorwürfe" gegen ihn gegeben, und er habe einst eine (einverständliche) "Ménage a trois" geführt. Aus allen Ecken springen Kronzeugen hervor, denen Geschichten über Wedels Persönlichkeitsstörungen, Fehler, Peinlichkeiten und Unverschämtheiten einfallen. Aus einem Fundus von 160 – bislang überwiegend unbekannten – Leumundszeugen bedient die Zeit sich und das Publikum mit "Geschichten" über den Beschuldigten. Dieser, so wird mit dem Unterton der Entrüstung berichtet, habe, statt sich der öffentlichen Vernehmung zu stellen, "sich in ein Krankenhaus begeben". Da tropft der Jagdeifer auf der Fährte des Verurteilten, der sich frecherweise der Vollstreckung entzieht. Nicht jeder, auch nicht jeder Verdächtige hält es aus, wenn das ganze Leben auf einen Schlag vernichtet wird.

(...) Frau Alice Schwarzer aus Köln, Sachverständige für Moral und Strafrecht, schrieb im Jahr 1993 (...) über Marlene Dietrich: "Sie hat sich alle Frauen oder Männer genommen, auf die sie Lust hatte." Das war als höchstes Lob gemeint. Man sollte den Satz einmal probeweise in eine aktuelle Biografie des Regisseurs Wedel einbauen und warten, was dann passiert.




2. In der Neuen Zürcher Zeitung spricht Milosz Matuschek ein Lob der Neoromantik aus. Ein Auszug:

In deutschen Feuilletons wird derzeit über das Buch "Sieben Nächte" von Simon Strauss gestritten und über ein Liebesgedicht Eugen Gomringers an der Hauswand einer Berliner Hochschule. Kurz zusammengefasst lautet das Verdikt: Romantische Sehnsucht nach einer anderen Welt ist latent "rechts", und Gedichte über "Blumen, Alleen und Frauen" sind sexistisch.

Im Kern geht es also wieder einmal nicht um Inhalte, sondern um den Zugang zum öffentlichen Raum nach dem scharfrichterlichen Massstab Richelieus: "Gib mir sechs Zeilen Text des ehrbarsten Menschen, und ich finde einen Grund, ihn aufzuknüpfen."




3. Ebenfalls in der Neuen Zürcher Zeitung findet sich ein Artikel Daniele Gigliolis: "Der weinende Mann ist das neue Ideal". Auch daraus ein Auszug:

Die eigentliche Gefahr einer Dekonstruktion der patriarchalen Ideologie besteht darin, dass zusammen mit der Ideologie auch jene Tugenden langsam verschwinden, die der männlichen Dimension zugeschrieben wurden: Mut, Redlichkeit, Verantwortung, Sorge um das öffentliche Leben, Gemeinsinn. Niemand würde solche Werte kritisieren, so viel ist gewiss. In der Praxis schwinden sie aber, und wir sollten uns nichts vormachen: Dies ist die Kehrseite der an sich unumstrittenen Kritik am Patriarchat.




4. Das Wissenschaftsblog Sciencefiles beschäftigt sich mit der aktuellen Studie, der zufolge ein verbessertes Angebot von Kindertagesstätten keineswegs zu einer erhöhten Erwerbstätigkeit von Müttern führt. Der Tonfall ist etwas schärfer als im eher sanftmütigen Genderama.



5. "Feminismus als Lehre vom Opfer" kritisiert Ilka Bühler.



6. In dem Beitrag "Quotenfrauen finden Frauenquoten sexistisch" widmet sich das Blog "Scheidende Geister" der bizarren Geschlechterpolitik in unseren Parteien.



7. Die Wikipedia diskutiert über Andreas Kemper.



8. Nachdem sich in mehreren britischen Prozessen wegen angeblicher Vergewaltigung herausstellte, dass die Ermittlungsbehörden zentrale entlastende Informationen unterschlagen oder übergangen hatten (Genderama berichtete), wird in Großbritannien jetzt jedes Vergewaltigungsverfahren einer neuen kritischen Betrachtung unterzogen.



9. Währenddessen fällt die MeToo-Kampagne an US-amerikanischen Colleges auf fruchtbaren Boden. Ein Beispiel:

Am Middlebury College war der Campus in den letzten Wochen in Aufruhr, als eine Studentin auf Facebook die Namen von mehr als 30 Männern veröffentlichte, die sie der Vergewaltigung, des emotionalen Missbrauchs, der "emotionalen Manipulation" und mehr beschuldigte.

Diese Namen wurden ohne die Erlaubnis derer, die angeblich Unrecht getan haben, veröffentlicht und stießen eine Campus-Debatte über den richtigen Umgang mit diesen Anschuldigungen an – ob Studenten verpflichtet waren, sie zu melden und Middleburys Umgang mit solchen Fällen.

Die Studentin Elizabeth Dunn schrieb in einem inzwischen gelöschten Beitrag vom Dezember, dass "so viele Menschen" in Middlebury offen über ihre erlittenen Traumata sprächen. "Und doch gibt es immer noch eine Abneigung, die Namen derjenigen, die diesen Schmerz verursacht haben, öffentlich zu nennen", schrieb Dunn und fuhr fort mit den Namen der Männer, die sie von Überlebenden gesammelt hatte, und nannte sie eine "Liste der zu vermeidenden Männer".


Die Jugend macht nach, was die Älteren, die es eigentlich besser wissen müssten, vormachen und feiern. Unwillkürlich fragt man sich, was passieren würde, wenn ein männlicher Student eine Liste mit 30 Kommilitoninnen online stellen würde, mit denen man näheren Kontakt wegen "emotionaler Manipulation" etcetera besser vermeiden sollte. Aber wir Männer kommen gar nicht auf solche Ideen.

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