Dienstag, Januar 30, 2018

Neu im Visier von MeToo: Hillary Clinton – News vom 30. Januar 2018

1. Gut, das kommt jetzt etwas unerwartet: Dier aktuellste Fall, bei dem einer Person des öffentlichen Lebens vorgeworfen wird, sexuelle Übergriffe auf die leichte Schulter genommen zu haben, ist Hillary Clinton. "This is head-exploding stuff" schreibt die Washington Post.

Wie ich heute morgen sehe, ist der gestern problemlos aufrufbare Artikel heute nur noch für Abonnenten zugänglich. Ich verweise daher auf den Business Insider sowie CNN, wobei diesen Beiträgen die Schärfe des Washington-Post-Artikels fehlt.

Hierzulande berichtet sehr knapp der Deutschlandfunk. Alle anderen Leitmedien wissen über Clinton nur zu berichten, dass sie sich bei der Grammy-Verleihung über Donald Trump lustig gemacht habe.



2. Eine aktuelle Studie beschäftigt sich mit Gewaltausbrüchen in Parlamenten. Bemerkenswert im Zusammenhang mit der Geschlechterdebatte ist dabei folgende Erkenntnis:

An etwa 25 Prozent aller Ausschreitungen sind Frauen beteiligt. Der Wert ist überraschend hoch, denn der weltweite Frauenanteil in Parlamenten ist niedrig.




3. Über einen politisch brisanten Konflikt in Frankreich berichtet Österreichs "Standard" :

Wie am Wochenende bekannt wurde, ermittelt die Pariser Staatsanwaltschaft aktuell gegen Budgetminister Gérald Darmanin (35) wegen möglicher Vergewaltigung. Klägerin ist Sophie Spatz (46). Das ehemalige Callgirl wollte 2009 eine Vorstrafe tilgen und wandte sich an Darmanin. Der konservative Nachwuchspolitiker habe ihr versprochen, sich brieflich bei Parteifreundin und Justizministerin Rachida Dati für sie einzusetzen. Fast im gleichen Atemzug habe er sie zum Abendessen eingeladen, und bei diesem habe er sie überredet, mit ihm den Swingerklub Les Chandelles und dann ein Hotelzimmer aufzusuchen, erklärt jetzt die Klägerin. Dort habe er sich an ihr vergangen. Sie habe sich bloß "aus Überraschung" nicht dagegen gewehrt, erklärt nun Spatz’ Anwältin.


Darmanin hatte bereits im Juni letzten Jahres Klage wegen Verleumdung eingereicht. Die Untersuchungen gegen ihn waren vergangenes Jahr zunächst eingestellt worden, nachdem die 46-jährige Klägerin nicht zu Vernehmungen erschienen war. In ihrer Vergangenheit war sie bereits wegen "Erpressung, schädlicher Telefonanrufe und Drohung" verurteilt worden.



4. Für den kostenpflichtigen Artikel "Warum erfindet jemand eine Vergewaltigung, Frau Kommissarin?" hat Spiegel-Online die Rostocker Kriminalhauptkommissarin Britta Rabe befragt. Ihr zufolge stecken oft Sorgerechtstreitigkeiten dahinter. Darüber hinaus berichtet sie:

Ich habe den Eindruck, dass Falschbeschuldigungen zunehmen. Nur eine Woche [nach einem von Spiegel-Online thematisierten Fall] behauptete eine 26-jährige Frau, sie sei abends auf dem Bützower Marktplatz überfallen worden, wieder von drei ausländisch sprechenden Männern, wieder stand ein Sexualdelikt im Raum. Im Laufe der Ermittlungen kam heraus, dass es diese ausländischen Männer nie gegeben hat. Die Frau erfand den Überfall, weil sie eine Ausrede ihrem Lebensgefährten gegenüber brauchte. Ihre Affäre hatte sich am selben Abend von ihr getrennt, deshalb war sie ganz aufgelöst und verheult. Ihrem Freund konnte sie davon natürlich nichts erzählen. Womit sie nicht gerechnet hatte: Ihr Freund schleppte sie zur Polizei.

(...) Auf jeden Fall ist die mediale Aufmerksamkeit viel größer, wenn der Täter als ausländisch beschrieben wird. Das merken wir an der Häufigkeit der Presseanfragen. (...) Geben wir die Herkunft des Tatverdächtigen nicht bekannt, werden wir kritisiert. Geben wir sie bekannt, werden wir auch kritisiert. Dabei hat die Nationalität eigentlich nichts mit der Straftat zu tun.


Eine Anzeige wegen des Vortäuschens einer Straftat erfolge Rabe zufolge, wenn das angebliche Opfer die Lüge zugebe oder die Spuren und Ermittlungen kein anderes Ergebnis zuließen. Ist der Sachverhalt weniger eindeutig, werde der Fall als Vergewaltigung durch Unbekannt an die Staatsanwaltschaft übergeben und gehe so in die Polizeiliche Kriminalstatistik ein. Diese Statistik sei insofern nur begrenzt aussagekräftig.



5. Zum Umgang der Medien mit Dieter Wedel äußert sich die Rechtswissenschaftlerin Professor Monika Frommel. Sie spricht von einer perfiden Strategie und einer Kampagne: Die Presse zerstöre momentan unseren Rechtsstaat. Frommel fordert einen "liberalen Aufschrei", der diese "voyeuristische Berichterstattung" anprangern müsse.

Im "Cicero" äußert sich ganz ähnlich der Rechtsanwalt Gerhard Strate:

Klar ist: Die archaischen Vernichtungstendenzen von Metoo richten sich nicht nur gegen den jeweils Angeprangerten, sondern gegen den Rechtsstaat selbst.




6. Lucas Schoppe kommentiert die Reinigung von einem als "sexistisch" angeprangerten Gedicht bei der Alice-Solomon-Hochschule. Der Streit darüber, so Schoppe, mute absurd an – verrate aber viel darüber, warum linke Politik heute weit von einer Mehrheitsfähigkeit entfernt ist.



7. In einem Artikel der "Welt" geht es um den legendären Filmregisseur Ernst Lubitsch. Ein Auszug:

Slavoj Žižek, allgegenwärtiger Philosoph und Kunstkritiker, hat (...) nun die Wilder-Frage variiert: "Wie würde Lubitsch unsere Gegenwart wahrnehmen?", angesichts von "#MeToo"-Debatten und politischer Korrektheit. "Natürlich wäre er von dem populistischen Neorassismus angewidert", beginnt Žižek seine Babylon-Vorlesung, "aber er hätte auch sofort die Falschheit von dessen Widerpart durchschaut, des politisch korrekten Moralismus. Er hätte beide als geheime Komplizen aufgefasst." Lubitsch wäre entsetzt darüber gewesen, so Žižek, wie die "perversen Vergnügen der Unzüchtigkeiten, ja selbst der Ironie, von der Rechten mit Beschlag belegt worden sind" – während sich die Linke mehr und mehr in einem jämmerlichen asketisch-puritanischen Moralismus verfange.




8. In der "Zeit" fordert Annika Joeres implizit eine weitere Verschärfung des deutschen Sexualstrafrechts:

Vor zwei Jahren wurde mit dem Paragrafen 184 Strafgesetzbuch sexuelle Belästigung unter Strafe gestellt. Bestraft werden kann allerdings nur ein Täter, der sein Opfer in "sexuell bestimmter Weise belästigt." Herabwürdigende Bemerkungen oder das Folgen auf Schritt und Tritt ist – im Unterschied zum geplanten Gesetz in Frankreich – nicht strafbar. Zwar hat der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes Wilhelm Rörig, nach der Weinstein-Affäre gefordert, der Kampf gegen Sexismus müsse engagierter und mit mehr Geld geführt werden. Aber während den Sondierungsgesprächen hat bisher keine der Parteien einen weitergehenden Vorschlag gemacht.




9. Der Sexismusbeauftragte beschäftigt sich mit der feministischen Wortschöpfung "Überlebende sexueller Belästigung".



10. "MeToo ist ein Alarmruf für Männer" befindet der Diplom-Psychologe Stephan Grünewald:

Dieser neue Mann weiß nicht mehr genau, wie er eigentlich sein soll, und orientiert sich deshalb sehr stark an seiner Partnerin. In unseren psychologischen Männer-Studien haben wir ihn den "Typ Schoßhund" genannt. Darunter fallen heute 27 Prozent der Männer: Sie haben kein klares Selbstbild, stellen aber jede Anwandlung der "alten Männlichkeit" bei sich selbst unter Machismo-Verdacht. Aus Angst die Liebe ihrer Frauen zu verlieren, verhalten sie sich häufig brav und folgsam. Zugespitzt formuliert, gibt dieser Typ Mann nett Pfötchen und zerbeißt allenfalls auf seinen kleinen Fluchten im Internet mal einen Pantoffel.

(...) Der neue Mann hat gemerkt, dass er für die Frauen uninteressant wird, wenn er allzu anpasserisch, weichgespült und glattgebügelt daherkommt, ohne Ecken und Kanten, ohne Streitlust und Bereitschaft zum Konflikt.

(...) Mit [Donald Trumps] Wahlsieg, den seine sexistischen Ausfälle nicht aufhalten konnten, ist der alte Typ Mann buchstäblich wieder zur Weltmacht gelangt. Aber auch Wladimir Putin in Russland oder Recep Tayyip Erdogan in der Türkei verkörpern dieses Rollenmodell. In dieser Situation nun ist #metoo die erwähnte Gegenbewegung und ein Alarmruf: "Passt auf, ihr Männer! Fallt nicht wieder zurück in archaische Verhaltensmuster, unter denen unzählige Frauen leiden mussten! Lasst uns im Geschlechterverhältnis einen dritten Weg suchen für den Mann zwischen Unterdrückungswahn und Duckmäusertum!"


Grünewald sieht diesen dritten Weg "in der Bereitschaft der Männer zur offenen Auseinandersetzung mit eigenen Bedürfnissen und zum Streit für ihre Wünsche" – in Augenhöhe mit den Frauen. Prima, das ist exakt das, was die Männerrechtsbewegung tut.



11.
Universitäten machen vermehrt Schlagzeilen damit, dass zunächst angesetzte Diskussionsveranstaltungen wieder abgesetzt werden. Der Grund: Die Studenten lehnen die Position des Redners ab.


In einem etwas mehr als siebenminütigen Video beschäftigt sich 3sat mit diesem auch in Deutschland virulenten Problem. Noch kein Teil der Debatte in den Leitmedien ist, dass vor allem männerfreundlichen Vorträgen mit Repressionen begegnet wird.



12. Schade, dass die Piratenpartei erst auf den Trichter kommt, nachdem sie ihren politischen Einfluss verloren hat: "Hate Speech": Einschränkung der Meinungsfreiheit unter neuem Etikett.



13. Nachdem in Freiburg ein Junge Vergewaltigern online angeboten wurde wie eine Ware, hat der Deutsche Kinderverein in Essen jetzt Anzeige wegen Verdacht der Rechtsbeugung und der Verletzung der Fürsorgepflicht erstattet: Sie richtet sich gegen die Richter, die Mitarbeiter des Jugendamts und alle Verantwortlichen, die in den Freiburger Missbrauchskandal eingebunden waren. Ein Artikel im Berliner "Tagesspiegel" legt nahe, dass hier ein grundsätzliches Problem vorliegt: Warum ist es so einfach, Familienrichter zu werden?

Siehe dazu auch: Die Gerichte gehen schon lange den Weg des geringsten Widerstands: Die Mutter kann machen, was sie will.



14. Polen entzieht feministischen Gruppen staatliche Unterstützung, wenn sie Männer diskriminieren:

Das Justizministerium hat im vergangenen Jahr von mehreren Nichtregierungsorganisationen für Frauenrechte, darunter Women's Rights Centre und Baba, Gelder zurückgezogen und behauptet, dass sie Männer diskriminieren, weil sie nur weibliche Überlebende häuslicher Gewalt unterstützen. Das Zentrum für Frauenrechte wurde Anfang des Jahres erneut finanziell nicht unterstützt.


Statt sich darüber zu empören, wie es die Autorin des verlinkten Artikels tut, könnten die betroffenen Gruppen schlicht ihren Sexismus beenden. Aber Empörung scheint einfacher zu sein.



15. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:

Ich habe gerade in der aktuellen Genderama-Ausgabe deine Worte zu Woody Allen gelesen. Dazu dieser Link.

Wie die Presse Moses Farrow systematisch totschweigt, ist ein Skandal. Will man den Lesern das Dilemma ersparen, zu entscheiden, wer lügt, Dylan oder Moses Farrow? Nimmt man wirklich die ungerechte öffentliche Nach-Verurteilung Allens in Kauf – es ist ja keine Vorverurteilung, die Staatsanwaltschaft hat gegen Allen ermittelt und KEINE Anklage erhoben –, um das eigene Narrativ nicht zu beschädigen?

Geradezu widerlich sind die Schauspieler, die sich jetzt alle von Allen distanzieren. Die Vorwürfe sind ja nicht neu, die sind seit 25 Jahren bekannt, und alle, die sich jetzt empören und schwören, nie wieder mit Allen arbeiten zu wollen, haben in diesen 25 Jahren einen oder gar mehrere Filme mit Allen gedreht. Sowas nenne ich widerliche Heuchelei. Einer der wenigen Schauspieler, die Vernunft und Rückgrat bewahrt haben, ist Alec Baldwin .

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