Samstag, Januar 27, 2018

Ein erstes Fazit: Geschlechterpolitische Erklärung zu sexuellen Übergriffen und MeToo

Seit mehr als drei Monaten ist die MeToo-Kampagne international ein geschlechterpolitisches Thema. In dieser Zeit wurde sie aus den verschiedensten Perspektiven diskutiert, und man konnte die damit verbundenen Aktionen und ihre Konsequenzen beobachten. Damit ist der Moment für eine bewertende Stellungnahme gekommen, wie sie die Canadian Association for Equality (CAFE) vorgelegt hat. Genderama dokumentiert diese Stellungnahme und schließt sich ihr durchgehend an.



Die Canadian Association for Equality möchte sicherstellen, dass das Gespräch über sexuelle Viktimisierung, das durch Forderungen von Frauen (und einigen Männern) ausgelöst wurde, zu Gerechtigkeit für alle führt.

Wir verurteilen sexuelle Gewalt unmissverständlich und erkennen an, dass sie diskutiert werden muss. Gleichzeitig sind wir beunruhigt darüber, dass die Beschuldigung von Personen ohne Beweismittel eine schwere Bestrafung ohne ordnungsgemäßes Verfahren darstellt und das Rechtssystem untergräbt.

Es ist an der Zeit, zwei grundlegende Ziele miteinander in Einklang zu bringen: die Unterstützung von mutmaßlichen Opfern und die Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Verfahrens für mutmaßliche Täter (Schutzmaßnahmen, an deren Entwicklung und Aufrechterhaltung unsere Gesellschaft seit Jahrhunderten hart gearbeitet hat). Wir empfehlen Folgendes, um sicherzustellen, dass die Kampagne #MeToo zu echter und dauerhafter Gerechtigkeit führt.

Wir rufen zu einem Dialog auf, der Respekt vor allen Stimmen erfordert, Selbstjustiz ablehnt und verhindert, dass emotionale Entladung die maßvolle Beurteilung von Fakten und Meinungen überschattet.

Unserer Ansicht nach kommt es statt zu produktiven Diskussionen lediglich zu nutzlosen Anschuldigungen, wenn eine der folgenden fehlerhaften Ansichten geltend gemacht wird:

1. Dass alle oder die meisten Männer für die Handlungen einiger verantwortlich sind.

2. Dass Gerichte und Gesellschaft Frauen bedingungslos "glauben" sollten (und Männern diesen Glauben verweigern).

3. Dass Männer oder "privilegierte Gruppen" kein Recht haben, über #MeToo zu sprechen.

4. Dass Männer als Klasse allein verantwortlich sind für die Schaffung und Aufrechterhaltung eines Geschlechtersystems, das sexuelle Belästigung produziert.

5. Dass schwere lebenslängliche Sanktionen (Entlassung, Rücktritt, Rufzerstörung) angemessene Strafen für Angeklagte darstellen, ohne ein ordentliches Verfahren oder die Unschuldsvermutung.

6. Dass der Zweck ("Gerechtigkeit" für Frauen) die Mittel rechtfertigt (Schädigung oder Zerstörung des Lebens unschuldiger Männer).

7. Dass die #MeToo-Kampagne nur weiblichen Opfern gehört; wenn Männer die gleichen Erfahrungen sexueller Gewalt oder Fehlverhaltens machen, verdienen diese männlichen Opfer nicht die gleiche Aufmerksamkeit.

CAFE vertritt den Standpunkt, dass im produktiven Dialog stets anerkannt werden muss, dass Behauptungen sexueller Übergriffe nicht mit erwiesenen sexuellen Übergriffen gleichgesetzt werden können. Wir lehnen jegliche Andeutung, dass Männer kollektiv schuldig sind oder kollektiv bestraft werden sollen, klar ab. Das stellt nicht Gerechtigkeit, sondern Rache dar. Wir lehnen überdies die Auffassung ab, dass einige oder alle Männer gezwungen werden sollten, die Beschreibung weiblicher Erfahrungen durch Frauen zu akzeptieren oder zu glauben, ohne die Möglichkeit, ihre eigenen Wahrnehmungen und Erfahrungen geltend zu machen. Kurz gesagt, wir argumentieren vor allem, dass ein produktiver Dialog auf der Grundlage der moralischen Gleichheit von Männern und Frauen geführt werden muss.

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