Lesermail (Sexismus der ZEIT)
Einer meiner Leser schreibt mir heute:
Ich dachte gerade darüber nach, wie sich mein Eindruck kurz und knapp darstellen ließe, wie in unserer Gesellschaft Weiblichkeit überhöht und Männlichkeit marginalisiert, dämonisiert, verhöhnt wird, als ich über die Startseite von ZEIT-Online scrollte. Und ich fand, dass sie mir dort diese Arbeit - unfreiwillig - abgenommen hatten. Eine Auswahl der Titel, die mir dort zum Lesen angeboten wurden:
* "Die Welt wird weiblicher - Sicherheit, Fleiß, Gefühle zeigen und Idealismus. Die Werte von Jugendlichen werden weiblicher. Das ist gar nicht so langweilig, sondern ganz schön emanzipiert."
* "Weibliches Formen - Warum sind die bekanntesten Designer der Welt allesamt Männer? Daran, dass es zu wenig talentierte Frauen gibt, kann es nicht liegen. Zeit, dass sich daran etwas ändert."
* "'Jungs kommen in meinen Bildern nicht vor' - Sie ist erst 22 und schon eine feministische Ikone: Petra Collins fotografiert ein neue junge Weiblichkeit, inklusive Pickeln, Glitzernagellack und manchmal auch Blut."
* "Ohne Männer und andere Kompromisse - Vier Frauen aus drei Generationen erfinden für sich den Familienurlaub neu. Gemeinsam erobern sie vom Rheinland aus die Welt. Allen voran: die 87-jährige Oma Hilde"
So banal jeder einzelne dieser Artikel für sich genommen auch ist – in ihrer puren Fülle veranschaulichen sie das Bild doch ziemlich gut. Es gab ja auch eine Zeit, in der ich das nicht erkannt habe, aber bei dieser Fülle muss es doch jedem wie Schuppen von den Augen fallen. Wie soll ein Junge oder junger Mann denn bei dieser Dauerbeschallung ein positives männliches Selbstbild entwickeln, wenn ihm ständig eingetrichtert wird, dass er a) überflüssig, b) eine Last oder c) gar eine Gefahr für die Gesellschaft sei, von der meine eigene Partei ja immer noch behauptet, sie sei eine "männliche Gesellschaft", die es zu überwinden gelte, um "menschlich" zu werden? Was für eine exklusive Vorstellung von Menschlichkeit liegt denn dieser Idee zugrunde? Warum schürt eine Partei, die sich Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität auf die Fahnen geschrieben hat, auf diese Art Feindbilder?
Ich verstehe es nicht und es macht mich traurig.
Daher, auch wenn es im Mainstream (noch) nicht auf Verständnis stößt, danke auch für deine tägliche Arbeit, mit der du dazu beiträgst, dass es immer mehr Menschen erkennen!
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