Lesermail (Prügelstrafe)
Genderama-Leser R.P. schickt mir heute eine interessante Mail:
Ich möchte Sie gerne auf eine SPIEGEL-Meldung vom 22. August aufmerksam machen. Sie thematisiert die in weiten Teilen der USA, namentlich im "Bible Belt", noch immer gültige Prügelstrafe in Schulen. Der Artikel wird folgendermaßen eingeleitet:
In fast der Hälfte der US-Staaten dürfen Lehrer ihre Schüler schlagen. Und sie tun es auch, am liebsten mit Holzpaddeln aufs Gesäß. Eine neue Studie verzeichnet 200.000 Fälle jährlich, meist in den Südstaaten. Verdroschen werden vor allem schwarze Kinder.
Liest man den Artikel allerdings durch, stellt man fest, dass bei den Opfern der Prügelstrafe keineswegs nur rassische Ungleichheit besteht:
In den Staaten, in denen das "Paddling" verbreitet ist, traf es doppelt so häufig schwarze wie weiße Mädchen. Jungs werden dreimal so häufig geschlagen wie Mädchen; bei Kindern indianischer Herkunft langten Lehrer ebenfalls besonders häufig zu.
Man kann diese Ungleichheit jetzt mit der üblichen Standardantwort von Feministinnen erklären, wonach Jungs eben deswegen häufiger bestraft werden, weil sie angeblich von Natur aus "aggressiver" und "undisziplinierter" als Mädchen seien. Allerdings: Ähnliche Antworten würden vermutlich auch Rassisten geben, nämlich dass "Nigger" nur deswegen öfter und härter bestraft werden, weil sie sich im Gegensatz zu Weißen nicht beherrschen könnten. Es ist daher wohl kein Zufall, dass diese Meldung gerade den bekanntermaßen rassistischen Süden der USA betrifft.
Das Ganze passt gut zu den von Ihnen bereits berichteten Parallelen und Verknüpfungen von Misandrie und Rassismus: Verfolgt und bestraft wird, was in der öffentlichen Meinung als "schmutzig" und "unrein" gilt, verschont wird, was man für "rein" und "unschuldig" hält. Daher trifft es schwarze Jungs am meisten, weiße Mädchen dagegen am seltensten.
Rassismus gegen Menschen fremder Herkunft gilt verdientermaßen als asozial und wird angeprangert. Geschlechterrassismus dagegen ist dermaßen sozialkonform und anerkannt, dass er nicht mal dann auffällt, wenn man die Zahlen für beides schwarz auf weiß vor sich liegen hat.
Abschließend wäre noch der letzte Absatz des Artikels zu beachten:
"Jede Schule benötigt effektive Methoden, um den Schülern Disziplin beizubringen", sagte Alice Famer, Autorin der Studie. Würden Kinder jedoch geschlagen, brächten Lehrer ihnen gewalttätiges Verhalten bei und verhinderten damit keine künftigen Regelverstöße.
Man kann sich's denken, was aus solchen an gewalttätiges Verhalten gewöhnten Jungs später wird: Prügelnde Ehemänner, deren anerzogene Gewalttätigkeit dann als Beweis für eine angeblich angeborene höhere Aggressivität von Männern (oder Schwarzen) herhalten muss, mit der dann die weitere Unterdrückung von Jungs und (und Schwarzen) begründet wird. So schaffen MännerhasserInnen und Rassisten erst das Problem, das sie angeblich bekämpfen. Und sie schaffen es sogar noch mit den Methoden, mit denen sie es bekämpfen wollen.
Labels: Erziehungswesen, Gewalt, Jungen, Rassismus, USA
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