Donnerstag, März 26, 2020

"Survival-Kit für Männer" während Corona-Krise veröffentlicht – News vom 26. März 2020

1. Die Schweizer Organisation Mämner.ch veröffentlichte gestern folgende Meldung:

Die Zeichen verdichten sich, dass die mit der Corona-Krise verbundenen Einschränkungen zu einer Zunahme häuslicher Gewalt führen.

Deshalb veröffentlichen die drei Dachorganisationen der Fachleute für Jungen-, Männer- und Väterarbeit in Deutschland (Bundesforum Männer), Österreich (Dachverband Männerarbeit Österreich) und der Schweiz (männer.ch) am Mittwoch, 25. März, ein "Survival-Kit für Männer unter Druck".

Das Merkblatt formuliert Empfehlungen zum Selbstmanagement, damit Männer gewaltfrei durch die Krise kommen. Das Merkblatt liegt bereits in acht Sprachen vor. Weitere neun werden folgen (Serbokroatisch, Portugiesisch, Türkisch, Kurdisch, Arabisch, Farsi / Dari, Tigrinya, Russisch und Tamilisch).

Um der angespannten Lage in der Corona-Krise schnell Rechnung zu tragen, wurde das Projekt in hohem Tempo aufgegleist: Zwischen Idee und Umsetzung liegen nur gerade 48 Stunden: 6 erfahrene Fachmänner aus 3 Gewaltberatungsstellen (Agredis Luzern, mannebüro züri und Fachstelle Gewalt Bern) haben am Montag, 25. März, die Empfehlungen erarbeitet und fachlich abgestützt. 16 Übersetzer_innen haben die Empfehlungen am Tag darauf übersetzt.


Auch das deutsche Bundesforum Männer bewirbt das Merkblatt, in dem es heißt:

Unser Beruf ist, Männer zu beraten und zu begleiten. Wir wissen aus Erfahrung: In einer Krisensituation steigt das Risiko, die Kontrolle zu verlieren und gewalttätig zu werden. (…) All das belastet und reduziert deine Möglichkeiten, dich selbst zu führen und dich in Andere einzufühlen. Stress macht Gefühle und Sichtweisen eng. Er verleitet dazu, Schuldige zu suchen.

Aber: Es gibt weder einen Grund noch eine Entschuldigung, deine Not an Anderen auszulassen. Du stehst selbst in der Verantwortung, wie du mit Überforderung, Unsicherheit oder Wut umgehst. Gewalt ist keine Lösung. Sag Nein zu Gewalt.


Zwei Seiten lang geht es in diesem Stil weiter. Nun wird hierzulande jeder vierte Mann selbst Opfer häuslicher Gewalt. Für diese Opfer können sich die "sechs erfahrenen Fachmänner" aus "drei Dachorganisationen für Jungen-, Männer- und Väterarbeit" in ihrem "Survival-Kit für Männer unter Druck".ganz am Ende gerade mal zwei Sätzchen abringen:

Nimm eigene Verletzungen und Verwundungen ernst. Such dir auch Unterstützung, wenn du selbst Opfer von psychischer oder physischer Gewalt bist.


Wie das konkret geschehen kann, was ein Mann in dieser Situation am vernünftigsten tun sollte – darüber verlieren das Bundesforum Männer, der Dachverband Männerarbeit Österreich und die Schweizer Gruppe männer.ch in ihrem Merkblatt keine Silbe. Die drei Organisationen nehmen Männer hier fast durchgehend als potentiuelle Täter wahr. Dieses Männerbild wird durch das in mehreren Sprachen angebotene Merkblatt zementiert.

Nicht sexistisch geframete Experten-Tipps, welche Maßnahmen man in der häuslichen Isolation gegen Konflikte und Gewalt einsetzen kann, findet man zum Beispiel hier ab Seite 7.

Wie Männer sich generell sinnvoll verhalten können, wenn ihnen häusliche Gewalt droht, erklärt MANNdat ausführlich – ohne dabei marktschreierische Begriffe wie "Survival-Kit" zu verwenden. Warum erhält man solche Hilfestellungen eigentlich nur von einer sich selbst finanzierenden Nichtregierungsorganisation, während von unseren Steuergeldern bezahlte Clubs wie das "Bundesforum Männer" hier derart versagen?



2. Am anderen Ende der Welt ist es nicht weniger irre: Die Neuseeländische Polizei hat eine Hotline für Männer eingerichtet, die Angst haben, dass sie wegen der angespannten Quarantänesituation bald jemandem häusliche Gewalt antun könnten. Frauen in dieser Situation werden sich selbst überlassen.



3. Vor drei Wochen ignorierten am Weltfrauentag tausende von spanischen Feministinnen die Bedrohung durch Corona und sammelten sich zui einer Massendemonstration. Dabei schwenkten sie Transparente mit Sprüchen wie "Machismos tötet mehr als der Coronavirus".

So sieht es in Spanien heute aus.



4. "Kind & Recht", eine auf Umgangs- und Sorgerecht spezialisierte Hamburger Anwaltskanzlei, bietet heute um 16 Uhr ein Webinar "Sorge- und Umgangsrecht in der Corona Krise" an.

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