Ein Vater verklagt den Staat
1.
An diesen einen Tag im August vergangenen Jahres wird sich Wilfried Neumann wohl noch sein Leben lang erinnern. Er wurde Vater eines Sohnes. Und zugleich begann an diesem Tag ein Streit, der nun dazu führt, dass Neumann das ganze Land vor Gericht zerrt. Er hat in dieser Woche die Bundesrepublik Deutschland verklagt, weil der Staat ihm das Recht auf einen Vaterschaftsurlaub genommen habe, also auf wertvolle Zeit mit seinem neugeborenen Baby. "Es ist doch wichtig, dass Väter direkt nach der Geburt für ihre Partnerin und das Kind da sein können", sagt der 38-Jährige am Telefon.
So soll Familienarbeit ja eigentlich aussehen: eine gemeinsame Aufgabe von Vater und Mutter, eine gerechte Verteilung von Lasten und Verantwortung. Doch in der Praxis haben Wunsch und Wirklichkeit oft wenig miteinander zu tun. Vielleicht deckt dieses Gerichtsverfahren am Ende auf, dass Hunderttausende Väter weniger Zeit mit ihrer Familie verbringen konnten, als möglich gewesen wäre.
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2. Spiegel-Online berichtet über Männer, die aus der Ukraine geflüchtet sind: "Ich habe keine Angst, jemanden zu töten. Ich will einfach nicht sterben" Über die Lage in der Ukraine erfährt man:
In den nächsten Wochen soll das lang umstrittene Mobilisierungsgesetz verabschiedet werden, noch bis zum 21. Februar dürfen Abgeordnete Änderungsvorschläge einbringen. Der aktuelle Entwurf sieht vor, den aktiven Dienst auf 36 Monate zu beschränken, bisher gibt es dafür kein Limit. Das Mindestalter soll auf 25 statt wie bislang 27 Jahre gesenkt werden. Die Armee könnte Männer in Zukunft per Onlinebescheid einberufen. Wer nicht erscheint, dem dürfte der Staat das Konto blockieren und den Führerschein sperren. Oleksandr Boiko und andere Männer müssten im Konsulat ihre Registrierung vom Einberufungsamt vorweisen, wenn sie ihren Pass verlängern wollen. Die drastischen Maßnahmen zeigen die Verzweiflung in Kiew. In sozialen Netzwerken kursieren Videos von Feldjägern, die ukrainische Männer auf der Straße mitnehmen.
3. Unter der Überschrift "Frauen können genauso gut blenden wie Männer – es wirkt nur anders" hat Spiegel-Online die Psychologin Gitta Jacob interviewt. Ein Auszug:
SPIEGEL: Männer bleiben toxisch, solange Frauen auf dominante, aggressive und egoistische Männer stehen. Was halten Sie von dieser These?
Jacob: Den Begriff »toxische Männlichkeit« finde ich überstrapaziert. Jeder Mansplainer und jeder Mann, der breitbeinig in der U-Bahn sitzt, wird als toxisch bezeichnet. Aber warum soll er dieses Verhalten loswerden wollen, wenn genug Frauen darauf abfahren?
SPIEGEL: Ist das wirklich so?
Jacob: Das lässt sich tatsächlich noch immer beobachten. Auf Tinder bewerten Männer die Frauen nach einer Linearität: Je schöner die Frau, umso mehr Likes bekommt sie. Als mittelschöne Frau bekommst du platt gesagt halb so viele Swipes wie eine Superschöne. Frauen bewerten Männer anders: Die am attraktivsten bewerteten fünf Prozent bekommen – etwas überspitzt formuliert – alle Likes und die restlichen 95 Prozent gar keine.
SPIEGEL: Aber bei Tinder sehe ich nur, wie attraktiv jemand ist – und nicht, ob ein Mann dominant oder egoistisch ist.
Jacob: Aber der Status lässt sich sichtbar machen: Was trägt der Mann für eine Uhr, mit welchem Auto zeigt er sich? Männer, die sich entsprechend erfolgreich geben, sind beliebter.
SPIEGEL: Das klingt nach dem klassischen Blender, den Sie in Ihrem Buch "Anleitung zum glücklichen Lieben" beschreiben: Er tritt aggressiv, fordernd, dominant oder auch angeberisch auf. Gibt es mehr Blender als Blenderinnen?
Jacob: Nein. Frauen können mindestens genauso gut blenden wie Männer – es wirkt bei ihnen nur anders. Sie sind kein Macho-Arschloch, sondern geben sich unheimlich lieb und charmant.
Das Interview ist bei Interesse am Thema in Gänze lesenswert. Ergänzend dazu liefert Spiegel-Online einen weiteren Artikel: "Frauen stehen auf Idioten, und die Netten werden aussortiert? Ich gebe zu: Da ist was dran."
4. Der Nachrichtenplattform The Conversation zufolge sind die Einstellungen männlicher Schüler zum Feminismus nunacierter, als es oft in den Medien dargestellt wird. Zwei Wissenschaftler berichten in diesem Artikel über ihre Erfahrungen:
Als wir vor kurzem in Schulen arbeiteten, um eine Unterrichtseinheit zum Thema schädliches Sexualverhalten in Schulen durchzuführen und zu evaluieren, fragten wir die Jugendlichen, wie viele von ihnen sich selbst als Feministen bezeichnen würden. Daraufhin wurden oft nur zwei oder drei Hände gehoben, oft begleitet von einem abfälligen Kommentar eines der Jungen.
Sowohl Jungen als auch Mädchen scheinen dem Feminismus abgeneigt zu sein, wobei diese vielleicht kontraintuitive Tendenz bei jungen Frauen schon seit einiger Zeit zu beobachten ist.
Wenn wir jedoch etwas tiefer gehen und fragen, ob sie an die Gleichstellung der Geschlechter glauben oder was sie unter Feminismus verstehen, ergibt sich ein anderes Bild.
Die jungen Menschen, mit denen wir arbeiten, haben oft ein klares Verständnis von der Ungleichheit zwischen Männern und Frauen. Sie befürworten in der Regel die Idee, dass Menschen nicht aufgrund ihres Geschlechts eingeschränkt oder benachteiligt werden sollten, dass aber eine mögliche Benachteiligung aufgrund des Geschlechts nuanciert ist und in beide Richtungen geht: Sowohl Jungen als auch Mädchen sind von Geschlechterstereotypen und -druck betroffen.
Die Mädchen im Raum weisen schnell auf die Doppelmoral hin, die ihrer Meinung nach dazu führt, dass sie härter beurteilt werden und mehr soziale Beschämung im Zusammenhang mit ihrem Körper und ihrem Sexualverhalten erfahren als Jungen. Sie sprechen darüber, wie sich die Ungleichheit der Geschlechter auf ihre Fähigkeit auswirkt, freie Entscheidungen zu treffen und sich in ihrem Alltag sicher zu fühlen. Unerwünschte Aufmerksamkeit, sexuelle Belästigung und das Gefühl der Unsicherheit gehören für Mädchen im Teenageralter immer noch zum Alltag.
Die Jungen hingegen, denen die Anforderungen der Männlichkeit aufgedrängt werden, halten sich selten für mächtig oder privilegiert. Sie sind oft unsicher in ihrem Körper, schämen sich und fühlen sich überfordert - vor allem in ihren intimen und sexuellen Beziehungen, wo von ihnen erwartet wird, dass sie die Kontrolle übernehmen.
Wir haben festgestellt, dass junge Menschen einen direkten Wunsch nach authentischen und gesunden Beziehungen haben, sei es mit gleich- oder andersgeschlechtlichen Gleichaltrigen. Es fällt ihnen jedoch schwer, diese Wünsche in die Realität umzusetzen, da sie sich mit den bestehenden sozialen und kulturellen Erwartungen und dem Druck in Bezug auf Geschlecht und Beziehungen auseinandersetzen müssen.
Vor allem Jungen und junge Männer stehen im Spannungsfeld zwischen traditionellen Männlichkeitsvorstellungen und der Forderung nach emotionalem Selbstbewusstsein und Sensibilität.
Wenn wir über die Einstellung junger Menschen zum Feminismus nachdenken, müssen wir anerkennen, dass es die älteren Generationen sind, die die sozialen Drehbücher für Jungen und Mädchen schreiben. Es sind die älteren Generationen, die Sex immer noch als etwas ansehen, das Jungen mit Mädchen machen - wie eine von uns feststellte, als wir Lehrer dazu befragten, wie sie Jungen über das Thema Einwilligung aufklären.
Und es sind ältere Erwachsene - wie der 37-jährige Social-Media-Influencer Andrew Tate - die predigen, dass der Feminismus zu weit gegangen ist. Die Medienberichterstattung über die Umfrage des King's College und von Ipsos Mori hat das Ergebnis hervorgehoben, dass einer von fünf jungen Männern, die wir befragt haben, ihm zustimmt. Das bedeutet aber, dass nur eine Minderheit der Jungen und jungen Männer, die angaben, von Tate gehört zu haben, eine positive Meinung von ihm hat.
Mehr als die Hälfte der jungen Männer gab an, dass sie Tates Ansichten beleidigend finden. Dieses Ergebnis spiegelt wider, was wir in unserer Forschungsarbeit feststellen: ein schwindendes Interesse an Tate unter jungen Menschen.
Unserer Erfahrung nach sind die meisten jungen Menschen aufgeschlossen, integrativ und tolerant. Sie sind kritische Denker, wenn man ihnen erlaubt, selbst zu denken, anstatt von den Erwachsenen um sie herum mit einfachen Antworten abgespeist zu werden oder, wie es in dieser Umfrage der Fall zu sein schien, zwischen Optionen zu wählen, die als konkurrierende Interessen zwischen Männern und Frauen dargestellt wurden.
Unsere Forschung unterstreicht die Notwendigkeit eines jugendzentrierten Ansatzes für die Behandlung von Fragen im Zusammenhang mit Geschlecht und Beziehungen mit jungen Menschen, der ihnen nicht sagt, was sie denken sollen, sondern vielmehr, wie sie denken sollen, um ihren Anliegen gerecht zu werden.Die Erwachsenen im Leben junger Menschen - Eltern, Lehrer und andere - sollten darüber nachdenken und mit ihnen darüber sprechen, warum Influencer wie Tate so viel Zulauf haben.
5. Frauen sind noch immer nicht die besseren Menschen: Auf der Toilette einer Schule in Oklahoma wurde eine nicht-binäre Schülerin von drei älteren Mitschülerinnen totgeprügelt.
"Ich weiß, dass eines der Mädchen immer wieder mit dem Kopf auf den Boden schlug", sagte eine Person, die sich als Freundin von Benedicts Mutter vorstellte. Obwohl ein Lehrer schließlich in die Toilette ging, um den Kampf zu beenden, fügte der Freund hinzu: "Sie konnte nicht allein zur Krankenstation gehen, und das Personal rief nicht den Krankenwagen, was mich erstaunt hat."
6. In Japan wird das "Fest der nackten Männer" eingestellt, bei dem sich Horden von Männern, die alle nichts weiter anhaben als einen Tanga-förmigen Lendenschurz und dünne Socken, nachts bei winterlichen Temperaturen ein heftiges Gerangel liefern.
7. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:
In vielen Medien liest man gerade von einer US-chinesischen Langzeitstudie zur Auswirkung von Sport auf die Gesundheit. Es zeigte sich, dass Frauen für dieselbe positive Wirkung nur etwa halb so lange Sport treiben müssen wie Männer. Die Schlussfolgerung der Forscher ist nun aber nicht, mehr Programme für Männer einzurichten oder zu bewerben – sondern noch mehr Frauen zum Sport zu animieren.
Wäre das Ergebnis der Studie im Gegenteil gewesen, dass Frauen doppelt so lange Sport treiben müssen wie Männer, hätte man wahrscheinlich dasselbe gefordert... Immerhin plädiert man dafür, Sportangebote geschlechtsspezifischer zu gestalten.
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