Bundesforum Männer: "Jeder zweite Mann von partnerschaftlicher Gewalt betroffen"
1. Über die aktuelle Gewaltstudie, die Genderama am Freitag erörterte (siehe vorangegangener Blockeintrag), berichtet auch das staatliche Bundesforum Männer unter der Überschrift "Studie macht Licht im Dunkelfeld: Jeder zweite Mann ist im Laufe des Lebens von partnerschaftlicher Gewalt betroffen".
Unberührt von einer wahren Flut an Studien, die das Gegenteil belegen, hält das Bundesforum trotz dieser erschreckenden Zahlen an einer "wesentlich höheren Gewaltbetroffenheit von Frauen" fest. Offen gesagt kann ich als Ursache dafür nur noch politische Gründe erkennen: Wenn die Bundesforisten ein eigenes Hilfssystem für Männer anregen, dann soll das bei Frauen auf keinen Fall Angst auslösen, dadurch zu kurz zu kommen, weshalb die Bundesforisten fordern, auch deren Hilfesystem auszubauen. Schon dass jeder zweite Mann von partnerschaftlicher Gewalt betroffen ist, dürfte für den deutschen Gleichstellungsappart schwer zu schlucken sein; vielleicht macht die Behauptung, Frauen seien aber noch immer die eigentlichen Opfer häuslicher Gewalt, die bittere Pille ein wenig süßer.
(Einen wunderbaren Überblick des tatsächlichen Stands der internationalen, einschließlich der deutschen, Forschung liefert dieses Buch. Spoiler: Eine höhere Gewaltbetroffenheit von Frauen gibt diese Forschung nicht her.)
Bemerkenswert bleibt: Noch vor 25 Jahren waren männliche Opfer häuslicher Gewalt in der öffentlichen Wahrnehmung fast KOMPLETT unsichtbar – OBWOHL mehr als jeder zweite Mann davon betroffen war! Bei sexueller Gewalt bahnt sich inzwischen ebenfalls ein Aufweichen der Dunkelziffer an. (Siehe dazu den Genderama-Blogbeitrag von morgen.)
Auch Spiegel-Online greift die Studie auf und interviewt zwei Forscher, die dafür mit verantwortlich zeichnen.
SPIEGEL: Laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) sind 80 Prozent der Opfer von Partnerschaftsgewalt weiblich – und 80 Prozent der Täter männlich. Warum haben Sie sich in Ihrer Studie auf die Gewalt gegen Männer fokussiert?
Laura-Romina Goede: Die PKS bildet nur Fälle ab, die der Polizei bekannt geworden sind. Da kann man schon mal hinterfragen, ob Männer überhaupt im gleichen Verhältnis die Polizei involvieren würden wie Frauen. Das Gefühl zieht sich ja durch die ganze Gesellschaft: Männer sind keine Opfer, Männer sind Täter. Aber inwiefern stimmt dieses Gefühl?
(…) Philipp Müller: Mich hat erstaunt, wie groß die Bereitschaft und das Bedürfnis der Männer war, mit uns zu reden. Wir hatten Interview-Aufrufe in den sozialen Medien geteilt und an E-Mail-Verteiler gesendet. Es haben sich knapp 200 Männer gemeldet – wir hätten also viel mehr als die 16 Interviews führen können. Viele der Gesprächspartner hatten das Gefühl, sie seien der einzige Mann, dem so etwas passiert ist.
(…) SPIEGEL: Allerdings sind viele dieser Männer nicht nur Opfer.
Laura-Romina Goede: Das stimmt, wir haben festgestellt, dass die Gruppe der Befragten am größten war, die schon sowohl Täter als auch Opfer war. Das muss allerdings nicht in derselben Beziehung gewesen sein. Es zeigt trotzdem, dass das Thema Beziehungsgewalt sehr komplex ist und man oft nicht so klar sagen kann: Wer ist Opfer, wer ist Täter?
(…) Philipp Müller: Tatsächlich hat mir nur ein Mann berichtet, dass er auch selbst Gewalt ausgeübt hat. Viele haben allerdings erzählt, dass sie sich wehren mussten, um sich gegen die körperlichen Angriffe ihrer Partnerinnen oder Partner zu schützen. Sie seien überrascht gewesen, welche Kräfte ihre Partnerinnen entwickeln konnten, wenn sie mit beiden Fäusten auf sie einschlugen und gleichzeitig eintraten. Häufig schilderten die Männer statt Gegenwehr eher Flucht- und Schutzstrategien. Sie verließen den Raum, schützten den Kopf mit den Händen und warteten, bis die Situation sich beruhigt hatte.
Auf die Frage, wie man die Bekämpfung häuslicher Gewalt verbessern könne, befinden die beiden Forscher:
Philipp Müller: Alle Akteurinnen und Akteure, die mit Betroffenen partnerschaftlicher Gewalt als Erstes in Kontakt kommen – wie Polizei – müssten stärker dafür sensibilisiert werden, dass es nicht immer klare Täter-Opfer-Konstellationen gibt.
Laura-Romina Goede: Es muss mehr Hilfsangebote geben, die sich auch oder sogar explizit an Männer richten. Wir haben von einem gewaltbetroffenen Mann gehört, der vom Frauenhaus kontaktiert wurde – weil es kein passenderes Angebot gab.
2.
Ursprünglich gab die MeToo-Bewegung auch männlichen Opfern von Missbrauch und Übergriffen eine Stimme. Doch bald drehte sich der Wind, und Männlichkeit als solche wurde als "toxisch" bezeichnet. Die Folge: Männer und Frauen driften auch politisch immer weiter auseinander.
Hier geht es weiter mit dem Artikel von Ralf Bönt.
Und hier schildert Bönt, warum es unmöglich war, dass der Artikel, wie geplant, bei Spiegel-Online erschienen ist.
3. Bayerns Wissenschaftsminister kündigt einen harten Kurs gegen Zwangs-Gendern an Unis an.
Der bayerische Wissenschaftsminister Markus Blume hat einen harten Kurs gegen Gender-Vorschriften an Universitäten und Hochschulen im Freistaat angekündigt, die außerhalb der Rechtschreibregeln liegen oder Schreibweisen vorgeben. "Wir dulden keinen Genderzwang", sagte der CSU-Politiker der "Augsburger Allgemeinen" (Samstagausgabe). "Um es ganz klar zu sagen: An einer bayerischen Hochschule darf nicht gefordert werden, dass sich jemand von der amtlichen deutschen Rechtschreibung absetzen muss", betonte Blume. Sein Ministerium werde hier alle Hinweise konsequent verfolgen.
"Ich bekomme immer wieder Beschwerden, dass es Benachteiligungen bei Prüfungen gebe, wenn jemand irgendeinen Gender-Leitfaden nicht beachte", berichtete der Minister. "Wir gehen diesen Meldungen nach und tatsächlich scheint sich hier einiges verselbstständigt zu haben", fügte Blume hinzu.
4. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:
Aus Anlass des Tages gegen die weibliche Genitalverstümmlung ging und geht dieses Thema gerade durch viele Medien. Wie der Blick auf die körperliche Selbstbestimmung ideologisch eingeengt und in akzeptable und abscheuliche Körperverletzung eingeteilt wird, finde ich ähnlich schlimm, wie bei häuslicher oder sexualisierter Gewalt. Ich zumindest finde die männliche Beschneidung genauso verurteilenswert, wie die weibliche - eine medizinische Indikation mal ausgenommen.
Schon die Bezeichnungen: männliche Beschneidung bzw. weibliche Genitalverstümmlung gewichten diesen massiven körperlichen Eingriff unterschiedlich. Ganz offenbar ist es gesellschaftlich akzeptiert und Männer müssen es als kleinen Schönheitseingriff hinnehmen, wenn ihnen die Vorhaut abgeschnitten wird.
UNICEF sagt, dass 12.000 Mädchen am Tag von Genitalverstümmelung bedroht seien. Wie viele Jungen oder Männer sind es?
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