Ruprecht Polenz blamiert sich mit populistischem Geholze auf Twitter
1. Frauen und Männer haben für die beiden Kandidaten bei der US-Präsidentschaftswahl recht unterschiedlich abgestimmt.
Das scheint eine Steilvorlage für identitätspolitische Polemik zu sein. Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz postete auf Twitter zwei Variationen der Landkarte der USA:
Wie würde die politische Landkarte und die Verteilung der Wahlleute eigentlich aussehen, wenn nur Frauen und nur Männer abgestimmt hätten? Die Antwort ist beeindruckend und komplett konträr: Hätten nur Männer gewählt, hätte Trump haushoch mit über 300 Wahlleuten gewonnen. Jedoch gibt es natürlich seit 1920 auch für Frauen das vollständige Wahlrecht in den USA. Noch viel deutlicher wäre das Ergebnis jedoch ausgefallen, wenn nur Frauen abgestimmt hätten. Es wäre ein Erdrutschsieg mit 462 Wahlleuten für Joe Biden geworden. Tatsächlich ergaben Nachwahlbefragungen, dass 56 Prozent der Frauen für Joe Biden stimmten.
Ruprecht Polenz polemisiert hierzu in einem Tweet:
Wann war nochmal die Einführung des Männerwahlrechts? Und warum?
Hier fällt auf, dass ein früher durchaus einflussreicher Politiker wie Polenz nicht fragt, was man den Männern anbieten könne, um von ihnen gewählt zu werden, und inwiefern Biden versagt hat, wenn er so viele Männer nicht erreichte. Hätte Biden auch Männer als Zielgruppe wahrgenommen und ihnen ein überzeugendes Angebot gemacht, hätte er vermutlich auch den Senat für seine Partei sichern können, was ihm umfassende Reformen ermöglicht hätte. Statt dieses Versagen anzusprechen, fällt Polenz nichts anderes ein als eine Polemik gegen das Männerwahlrecht: So als ob Bürger eine Verpflichtung hätten, auch solche Politiker zu wählen, die sich nicht um ihre Anliegen scheren.
Dabei erfolgt Polenz' Polemik zur Unzeit. Viele Linke und Liberale befürchten derzeit, der nächste Donald Trump könnte weniger politisch unerfahren sein und deutlich raffinierter vorgehen. Das ist für sie beunruhigend, wenn man bedenkt, dass selbst einem Elefanten im Porzellanladen wie Trump bereits die knappe Hälfte der Wählerschaft folgte. Für einen geschickter agierenden potentiellen Nachfolger ist das sexistische Geplappere von Vertretern des politischen Establishments eine Steilvorlage. Er könnte die Früchte des Geschlechterhasses erneten, den Polenz ein paar Likes auf Twitter zuliebe sät.
Warum dient sich Polenz überhaupt einer Ideologie an, die Menschen wie ihn mit dem Kampfbegriff "alte weiße Männer" beständig als schrottreif und bösartig diffamiert? Hier kann man nur spekulieren. Ein Grund könnte der psychologische Prozess sein, den man als Identifikation mit dem Aggressor bezeichnet. Ebenso denkbar ist das verzweifelte Bemühen, selbst nicht auf dem Abstellgleis zu landen, weshalb man, statt eigene neue und zukunftsweisende Konzepte zu entwickeln, das nachplappert, was bei einer "woken" Jugend gerade angesagt scheint.
Donald Trump mag bald Geschichte sein – aber ein Politikstil, der verschiedene Gruppen der Bevölkerung gegeneinander aufzubringen versucht, ist sehr lebendig. Joe Biden steht jetzt vor der Herausforderung, ein zutiefst gespaltenes Land zu vereinen. Ruprecht Polenz befindet sich noch in der Phase, in der Politiker die Spaltung unserer Gesellschaft betreiben.
Siehe zum Machtwechsel in den USA auch: Bildet Joe Biden ein Kriegskabinett? Vielleicht hatten viele Männer, die ihn nicht wählen wollten, ja auch auf diese Entwicklung keine Lust? Sollten CDU-Politiker dann öffentlich räsonieren, ob das Wahlrecht an diese Gruppe verschenkt war?
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