Mittwoch, April 11, 2018

Nach Rufmord: Medien unterschreiben Unterlassungserklärungen – News vom 11. April 2018

1. Genderama berichtete in der vergangenen Woche immer wieder über rufmörderische Beiträge verschiedener "Qualitätsjournalisten" der Leitmedien über den für kommendes Wochenende angesagten wissenschaftlichen Kongress zur Verhinderung häuslicher Gewalt. So hatte die "Frankfurter Rundschau" mit der Schlagzeile "Männerrechtler und 'Homoheiler' an der Uni" getitelt. Der entsprechende Beitrag steht inzwischen nicht mehr online. Dafür liegt mir von den Veranstaltern des Kongresses folgende Pressemitteilung vor:

Der Veranstalter des Kongresses "Familienkonflikte gewaltfrei lösen", Prof. Dr. Gerhard Amendt, wurde im Vorfeld des Kongresses vom Onlinemagazin "Merkurist" mit rechtswidrigen Ausgangsbehauptungen und Denunziationen seiner Person überzogen. Die Media Kanzlei Frankfurt/Hamburg hat Merkurist daraufhin abgemahnt.

Zahlreiche weitere Medien beriefen sich auf die rechtswidrige Berichterstattung des "Merkurist" und druckten diese ungeprüft ab.

Daraufhin hat das Onlinemagazin "Merkurist" eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben und müsste im Wiederholungsfall der Äußerungen eine angemessene Vertragsstrafe an Herrn Amendt zahlen.

Der Büroleiter der Media Kanzlei Hamburg Dr. Tobias Hermann bemerkt hierzu:

"Es kommt leider häufiger vor, dass Drittmedien ungeniert von der rechtswidrigen Quelle abschreiben und sich die Rechtsverletzung auf diese Weise schnell vertieft. Auf diese Weise kann schnell eine Art Medien-Tsunami entstehen, den es zu stoppen gilt."

Dr. Severin Müller-Riemenschneider, Partner der Kanzlei aus dem Frankfurter Büro:

"Wir konnten der Fortsetzung der Denunziationen von Prof. Dr. Amendt im Vorfeld des Kongresses erfolgreich entgegenwirken, indem mehrere Medien eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben bzw. die beanstandeten Äußerungen gelöscht haben. Auf diese Weise konnten wir den Kritikern des Kongresses den Wind aus den Segeln nehmen."

Professor Amendt:

"Es wird immer häufiger zur Unsitte, unerwünschte Forschungsergebnisse durch Denunziation zu diskreditieren. Wir haben diesem Versuch erfolgreich einen Riegel vorgeschoben und hoffen auf einen ungestörten Kongressverlauf."


Näheres über die Hintergründe von "Merkurist" erfährt man hier. Die Selbstdarstellung des Magazins kann man in seinen "journalistischen Leitlinien" nachlesen: nach dem, was das Magazin mit Professor Amendt gemacht hat, entsteht hier eine unfreiwillige Komik.

Die "Hessenschau" hat ihren Beitrag Protest gegen "Homo-Therapeuten" auf Uni-Campus inzwischen zu Schwulenfeindlich? Protest gegen Kongress auf Uni-Campus umgeschrieben.

Da rufmörderische Angriffe auf Menschen, die die feministische Lehre hinterfragen, häufig vorkommen, durch Leitmedien gerne weiterverbreitet werden und sich dabei oft knapp unter der Schwelle des Justiziablen bewegen, bin ich allerdings generell nicht sonderlich zuversichtlich, was die langfristigen Auswirkungen solcher Attacken für ihre Opfer angeht.



2. Als erstes Blog außerhalb der Männerbewegung hat "Spiegelkritik" eine kritische Bilanz der oft unterirdischen Reaktionen auf Jens Jessens "Zeit"-Titelgeschichte über den totalitären Feminismus gezogen. In dem durchgehend lesenswerten Beitrag, der auch Lucas Schoppes Analyse auf "Man Tau" zitiert, heißt es:

Seit Mittwoch nun können wir Zeugen eines weiteren journalistischen Versagens beim Stichwort #metoo werden: in der ZEIT hat Jens Jessen den Aufmacher-Essay geschrieben, "Der bedrohte Mann". Von der ersten Ankündigung an (hilfreicherweise mit einem Coverbild, zu dem viele Empörte keinen Text mehr brauchen) hagelte es die erwartete Häme, Wut, Empörung und verbale Verwüstung. Auch dazu interessieren hier nicht die Details, sondern nur die Metaebene: Wie geht der Journalismus selbst mit diesem Stück um, wie rezensiert er es, wie reagiert er auf die immanente Medienkritik und wie gut gelingt die Berichterstattung über die gesellschaftliche Resonanz?

Derzeitige Antwort: So, wie immer und überall vor Publikum reagiert wird. In einer Weise, die keinen Journalismus braucht, die kein Interesse an anderen Erfahrungen, Wahrnehmungen und daher auch Meinungen hat. Dass Politiker und andere Billig-Rapper ihre Kontrahenten verhöhnen, als Deppen darstellen, gar als Gefahr für die Allgemeinheit – ist okay, gehört zum Geschäft, ist die Show, die jeder erwartet. Aber wenn dem Journalismus selbst auch nichts anderes einfällt, ist er eben überflüssig, zumindest schon mal entsetzlich langweilig und funktionslos. Aufklärung wird hier verstanden als Berufung, die eigene Weltsicht als die einzig wahre zu preisen und alle Ungläubigen, die die Gefolgschaft verweigern, zu verdammen.


Eigentlich wäre es auch Aufgabe des "Bildblogs" und des Medienkritikers Stefan Niggemeier gewesen, dieses extreme menschliche und journalistische Versagen kritisch zu reflektieren. Stattdessen mischten sie, wie "Spiegelkritik" auch zeigt, bei dieser massiven Fehlleistung munter mit.

Eine ausführliche Analyse der Angriffe auf Jessen liefert auch das Blog Maskulismus für Anfänger: Pseudo-Debatten in der Wagenburg.

Lucas Schoppe schließtlich kommentiert in einem rückblickenden Fazit so:

Was die ZEIT da gemacht hat, mag kalkuliert gewesen sein, aber ich gehe auch davon aus, dass die Heftigkeit und Schärfe der Reaktionen das Kalkül übersteigt. Was Stokowski, immerhin im SPIEGEL, oder Patricia Hecht in der taz oder andere schreiben – das übersteigt in der Verrohtheit der Sprache, dem Desinteresse am sachlichen Gehalt und der Zwanghaftigkeit der persönlichen Angriffe m.E. alle kalkulierte mediale Konfrontation. Der SPIEGEL bebildert natürlich auch noch mit einem großen Foto von Jessen, damit auch bloß alle wissen, welcher Typ so ein "ehrloser Jammerer" ist, der da den Nullpunkt der Debatte herbeigeschrieben hat.

Das ist keine Konfrontation mehr, das ist Ausdruck der Geilheit auf eine diskursive Vernichtung. Bei allen Verstiegenheiten von Jessens Text sind diese Reaktionen krankhaft überzogen – vor allem, wenn sie mit den Verstiegenheiten von feministischer Seite verglichen werden. Gerade eben erst hat ja z.B Stevie Schmiedel von Pinksstinks das Aufwachsen von Mädchen im heutigen Deutschland mit dem Holocaust parallel gesetzt – aber das ist eine ganz normale Rhetorik, über die sich außer ein paar Bloggern niemand aufregt.

Es geht Typen wie Stokowski, Hecht und anderen hier m.E. um ein Exempel. Klarzustellen, dass jemand, der sich außerhalb der Blogs und in einer angesehen Zeitung wie der ZEIT offen gegen den heutigen Feminismus stellt, mit jeglicher diskursiver Gewalt zu rechnen hat. Es schützt auch nicht, gute Argumente zu haben – die inhaltliche Ebene des Textes wird ja eh nicht zur Kenntnis genommen. Es wäre auch ein Irrtum zu denken, Jessen hätte sich besser schützen können, wenn er weniger polemisch und angreifbar formuliert hätte. Die Reaktion steht so oder so in keiner Relation zu seinen eigenen Verstiegenheiten.

Das zeigte Zweierlei. Intellektuell, moralisch und politisch sind Links-Identitäre wie Stokowski und Hecht und andere erledigt – sie haben nichts zu bieten, und auf dieser Ebene können sie nicht antworten.

Zweitens aber: Sie besetzen diskursive Machtpositionen, und sie würden lieber über Leichen gehen, als die zu räumen. Etwas anderes als das Ausspielen von Diskursmacht ist von ihnen aber nicht mehr zu erwarten.


Bei Christian Schmidt kann man heute an einer Diskussion über die Reaktionen auf Jessens Artikel teilnehmen.



3. Die Mainzer Allgemeine Zeitung berichtet über das Engagement des "Väteraufbruchs" für das Wechselmodell.



4. Das konservative Magazin "Townhall" wirft den für den Frauenmarsch verantwortlichen Feministinnen vor, die Website "Backpage" zu unterstützen, auf der Menschenhandel mit Kindern für sexuelle Dienstleistungen betrieben worden sei. Auch andere Medien berichten über die feministischen Proteste gegen die Schließung der Website. Von der britischen BBC und der Washington Post erfährt man mehr über die kriminellen Machenschaften, die den Betreibern von "Backpage" vorgeworfen werden. So soll es im Zusammenhang mit dieser Website zu mehreren Morden gekommen sein, und dem National Center for Missing and Exploited Children zufolge hatten 73 Prozent der dieser Organisation vorliegenden Berichte über die sexuelle Versklavung von Kindern mit "Backpage" zu tun.



5. Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) hat eine Debatte über ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren angestoßen. Noch nicht religionsmündige Kinder dürften zum Tragen solcher religiösen Symbole nicht gedrängt werden. Vor diesem Alter sei es, so bringt es die nordrhein-westfälische Staatssekretärin für Integration auf den Punkt, sei es "pure Perversion", Mädchen ein Kopftuch überstülpen zu wollen, weil sie dadurch "sexualisiert" würden.

Einer meiner Leser schreibt mir zu dieser Debatte:

Religionsunmündige Kinder? Dann sind kleine Jungs offenbar religionsmündig, oder warum darf man per Gesetz an den Genitalien kleiner Jungs aus religiösen Gründen mit dem Messer rum schnibbeln?


Ein anderer Genderama-Leser sieht die Dinge ähnlich:

"Seltsamerweise" ist der 14. Geburtstag auch der Termin, ab dem Kinder alleine über ihre Religionszugehörigkeit entscheiden können, und das Bedecken des Kopfes gilt als Gebot des Islams. Als Grund für das Kopftuchverbot wird der Schutz des Kindes angeführt. Wenn es also kleinen Mädchen nicht zuzumuten ist, ein religiöses Zeichen zur Schau zur stellen, wie verhält es sich dann mit der Beschneidung von Jungs? Meines Erachtens ist dann ein Verbot der Beschneidung für Jungs unter 14 Jahren zwangsläufig. Alles andere wäre eine Ungleichbehandlung.


Unter den Leitmedien greift der "Tagesspiegel" in einem Artikel Jost Müller-Neuhofs diese Parallele auf und befindet zu dem zitierten Vorwurf, ein Kopftuch für Kinder sei "reine Perversion":

Die vorerst einzige Perversion, die sich in dieser Debatte spiegelt, ist jedoch die Verkehrung des Problems. In Religionsfragen die kindliche Selbstbestimmung prinzipiell gegen das Elternrecht auszuspielen, führt geradewegs in einen deutlich dramatischeren Konflikt, jenen um die religiöse Beschneidung von Jungen, wie Muslime und Juden sie oftmals für unverzichtbar halten. Es ist dem Staat nicht von vornherein verwehrt, in solche religiösen Angelegenheiten mit Verboten hineinzuregieren – aber wenn, dann sollte er es zunächst bei schweren und vor allem irreversiblen körperlichen Eingriffen und gegenüber allen Religionen gleichermaßen tun. Eine Vorhaut ist kein Kopftuch, das man einfach an- und ablegen kann. Dass verantwortliche Politiker hier "pure Perversion" ausmachen, ist allerdings bisher nicht bekannt geworden.


Haben wir da plötzlich einen mutigen Journalisten gefunden? Naja: Jost-Neuhof argumentiert mit dieser Parallele keineswegs für ein Verbot der Beschneidung, sondern gegen ein Verbot des Kopftuchs für kleine Mädchen.

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