MDR: "Die Politik muss männlicher werden" – News vom 5. Oktober 2017
1. In einem Interview mit dem MDR, veröffentlicht als Podcast unter dem Titel "Die Politik muss männlicher werden", legt der linke Männerrechtler Ralf Bönt seine Auffassung dar, dass Parteien, die sich nur auf die Anliegen eines Geschlechts konzentrieren, viele Wähler verlieren – was ja auch die letzte Bundestagswahl gezeigt habe. Bönt empfiehlt in diesem Zusammenhang die Männerpolitik der FDP.
Das Interview entstand infolge eines gestern in der "Welt" veröffentlichten Artikels Bönts ("Das Votum der Männer"), den leider nur Abonnenten online lesen können. Die zentrale These des Beitrags steht bereits in seinem ersten Absatz (in der gedruckten Fassung):
Der Urnengang am 24. September war auch eine Genderwahl: Die beiden Sieger FDP und AfD wurden besonders von Männern gewählt. Diese kehrten der Merkel-CDU und der feministischen SPD den Rücken.
Angela Merkel, argumentiert Bönt, wiederhole das Schicksal Clintons, die eine Niederlage gegen Donald Trump erlitten habe. Davon konnte die SPD indes nicht profitieren:
Statt unterstützende Worte und Taten in Zeiten der Neugestaltung von Familie und Arbeit auch für Männer zu finden, warf sich die SPD mit alter Herrlichkeit und erfolglos den Frauen zu Füßen. Zukunftsängstliche, unaufgeklärte Männer gingen zur AfD. Und aufgeklärte und gebildete? Die gingen zur FDP.
Die FDP, so Bönt, habe männliche Wähler unter anderem mit dem Wechselmodell gewinnen können sowie mit einer erfolgreichen Klage gegen die einseitige Frauenförderng von Rot-Grün.
Dann verzeichnete man die Gründung einer Gruppe liberaler Männer, die, man höre und staune, eine Quote in den Erziehungsberufen will. Die Gelben haben sich auch als Einzige der Männergesundheit angenommen, während die SPD mit traumwandlerischer Sicherheit alles tat, um progressive Männer vor den Kopf zu stoßen: Rechtssicherheit bei der Beschneidung von Jungen durch Frank-Walter Steinmeier, Führerscheinentzug für säumige entsorgte Väter durch Sigmar Gabriel, eine offen männerfeindliche Familienministerin Schwesig und schließlich ein skandalöser, geradezu menschenverachtender Gesetzentwurf zur Scheinvaterschaft von Heiko Maas.
Bönt erinnert auch daran, dass die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung "beinahe jeden Publizisten mit dem Vorwurf des rechten Außenseitertums" verfolgte, "der sich mit Männlichkeit, Sterberaten und Vaterschaft beschäftigte". Vor diesem Hintergrund habe eine "in der Wahlwoche plötzlich aufgetakelte Initiative der SPD für geschiedene Väter (...) nur müdes Gelächter" erzeugt. Offenkundig gebe es inzwischen einen neuen Klassenkampf mit völlig neuen Lagern: "Während man als Reaktion auf die AfD-Wähler schon mal den Vorschlag hörte, das Männerwahlrecht abzuschaffen (spaßhaft, schon klar), avanciert The Red Pill, die filmische Dokumentation der amerikanischen Männerbewegung unter der Hand zu einem Welterfolg."
Der Artikel schließt mit einigen Zeilen der Redaktion zum persönlichen Hintergrund seines Verfassers:
Der Autor ist Schriftsteller und war lange SPD-Mitglied. Er hatte Martin Schulz zur Kandidatur gratuliert und darauf hingewiesen, dass es Themen der Männer gibt, die nur FDP und AfD besetzen. Schulz antwortete persönlich und unterschrieb mit "Deine Martin". Der Autor hat die SPD nicht gewählt und ist zum 1. Oktober ausgetreten.
2. In dem Artikel "Ich bin der ostdeutsche Mann", veröffentlicht in der Berliner Zeitung, schildert Jochen-Martin Gutsch, wie sich die übliche Männerfeindlichkeit unserer Medien noch einmal potenziert, wenn man in den offenbar falschen Bundesländern lebt:
Bei der Bundestagswahl haben viele ostdeutsche Männer die AfD gewählt. Seitdem werden wir analysiert, befragt, beurteilt, verlacht. Wolf Biermann sagt im „Spiegel“: Wir sind feige. Andere sagen: Wir sind abgehängt, frustriert, aggressiv, ungebildet, rassistisch, heimatlos, frauenlos. Gab es seit Gollum aus "Herr der Ringe" ein hässlicheres Wesen als den ostdeutschen Mann?
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3. Auf Heldentaten nach dem Massaker in Las Vegas reagiert Spiegel-Online mit einem erschreckend sexistischen Artikel, in dem einmal mehr nur Männer vorkommen und all die vielen Frauen, die sich schützend vor ihre Partner geworfen haben, unerwähnt bleiben. (Diese Frauen gibt es doch ganz bestimmt, oder?) Gefeiert werden stattdessen Macker wie diese:
Rod Ledbetter, ein 42 Jahre alter Armeeveteran, rettete wohl etlichen Menschen das Leben. Als die Schießerei begann, bewahrte er einen kühlen Kopf. Bevor die ersten Sanitäter eintrafen, verband er Wunden von Opfern mit Teilen eines T-Shirts und einer Jacke, er belud einen Lastwagen mit Verwundeten und schickte den Fahrer ins nächstgelegene Krankenhaus. "Ich wollte noch mehr Menschen helfen, aber es ging nicht. Da lagen überall Verletzte, es waren einfach zu viele", erzählt er.
Oder Jonathan Smith. Er soll etwa 30 Menschen aus dem Chaos herausgeführt haben, er packte sie, schrie ihnen Kommandos zu, bevor ihn eine Kugel am Hals traf. Er ging zu Fuß ins Krankenhaus, doch die Ärzte ließen das Geschoss stecken. "Es kann sein, dass ich diese Kugel für den Rest meines Lebens ertragen muss", sagte er der "Washington Post".
Oder Taylor Winston. Der Ex-Marine klaute in dem Chaos nach den Schüssen einen Pick-up-Truck am Rand der Konzertbühne, belud ihn mit so vielen Verletzten, wie er konnte und fuhr immer wieder zwischen dem Krankenhaus und dem Ort des Massakers hin und her. Am Tag danach gab er den Truck und die Schlüssel an den Besitzer zurück.
Oder Sonny Melton, ein gelernter Krankenpfleger aus Tennessee. Er versuchte, seine Frau Heather vor dem Kugelhagel zu schützen. Dann wurde er selbst erschossen. "Er packte mich und wollte mit mir fortlaufen, dann spürte ich, dass er im Rücken von einer Kugel getroffen wurde", erzählt sie einem Lokalsender. "Er war der liebenswerteste, beste Mensch, den ich je kennengelernt habe."
Margarete Stokowski, tu doch was! Kannst du bei Spiegel-Online nicht noch mal einen Artikel über "toxische Männlichkeit" schreiben oder irgendsowas?
4. In Israel wird die Debatte um die Beschneidung von Jungen wesentlich offener geführt als hierzulande (womöglich auch, weil man in eine innerjüdische Diskussion wesentlich schwerer mit der "Antisemitismus!"-Keule reinknüppeln kann, sobald jemand Menschenrechte sogar für Jungen fordert). "It's Time to Give Up Circumcision" fordert aktuell etwa der Historiker Yigal Ben-Nun in Israels Oppositionszeitung Haaretz. Ein Auszug:
The public battle being waged against female circumcision today has conferred moral legitimacy on outlawing male circumcision. In the enlightened world, more and more people are denouncing this injury done to babies. Can modern-day Judaism produce a rabbinic council wise enough and attentive enough to the zeitgeist to dare to issue a halakhic ruling that will replace the covenant of circumcision with an ethical covenant?
(...) In my view, Judaism can survive in the post-ethnic world only if its rabbis give up the ceremony of cutting off babies’ foreskins of their own initiative, just like in the past, our sages replaced animal sacrifices with communal prayer. There’s no reason why the Jewish religion shouldn’t return to being enlightened and sensitive to the changing times.
(Zur Antisemitismuskeule ist übrigens gerade dieser Tage ein neues Buch erschienen.)
5. Die Post. Kevin Fuchs, stellvertretender Vorsitzender der Liberalen Männer in der FDP und Mit-Herausgeber des Online-Magazins Cuncti, schreibt mir zu dem Artikel über die neue Gleichstellungsbeauftragte Dr. Sophie Ollbrich im schleswig-holsteinischen Landkreis Stormarn:
In dem Artikel heißt es „Die neue Gleichstellungsbeauftragte hat erkannt, dass sie keine Frauenbeauftragte ist“
Das ist falsch und auch dreist. Das Schleswig-Holsteinische Gleichstellungsgesetz definiert die Gleichstellungsbeauftragte eindeutig als Frauenbeauftragte, die nur eine Frau sein kann und nur von Frauen vorgeschlagen werden darf. Sie hat keinerlei Recht, irgendwelche Männer zu vertreten.
Dem liegt ein generelles Missverständnis zugrunde. Es ist zunächst die Stadt, die für die Gleichstellung von Männern UND Frauen zuständig ist. Die sogenannte Gleichstellungsbeauftragte nimmt dort ihren Platz ein, wo das mit Frauen zu tun hat. Sie ist also nur für einen gewissen Teil der Gleichstellung zuständig, keinesfalls für alles. Um den Rest (also Männer) hat sich die Stadt zu kümmern. Es ist nicht okay, den ganzen Bereich an die Gleichstellungsbeauftragte zu delegieren, wenn diese für die Hälfte der Bevölkerung keine Legitimation hat.
Dasselbe gilt für alle Stellen im öffentlichen Dienst: Frauen dürfen jenseits des Dienstweges zur Frauenbeauftragten gehen. Männer gehen zum Vorgesetzten oder zum Betriebsrat in Einhaltung der üblichen Dienstwege. Die Gleichstellungsbeauftragte ist für Männer nicht zuständig. Das Gesetz gibt das nicht her. Wenn die Gleichstellungsbeauftragte auch für Männer was zu sagen haben will: Bitte erst die Gesetze ändern, statt Männern eine Vertretung vorzutäuschen, die faktisch nicht existiert.
Ich weiß nicht, warum Männer da immer gleich in die Hände klatschen. Man stelle sich das mal umgekehrt vor: ein Männerbeauftragter, der so gütig ist, sich auch für Frauen zuständig zu fühlen.
Übrigens lautet der Titel des entsprechenden Gesetzes "Gesetz zur Gleichstellung der Frauen im öffentlichen Dienst". Was Männer angeht wäre es zum Beispiel laut diesem Gesetz Aufgabe der Stadt, auch für sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Vermutlich soll das aber nicht primär den Männern dienen, sondern nur die Entlastung der Frauen ermöglichen.
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