Donnerstag, Mai 18, 2017

Dachverband Männer, verfassungswidrige Quote, Menstruationsgerechtigkeit – News vom 18. Mai 2017

1. Die Veranstalter des Zweiten Deutschen Genderkongresses erreichte nach meinem Bericht darüber der Wunsch nach etwas mehr Informationen zum bei dieser Veranstaltung errichteten Bundesverband für Jungen und Männer. Daraufhin schlugen sie mir vor, den folgenden Absatz, der aus einer Presseerklärung zu dem Kongress zu stammen scheint, nachzufügen:

Der Kongress schloss ab mit der Ausstrahlung des Films "The Red Pill", welcher die zunehmende Diskriminierung von Jungen, Männern und Vätern in den USA verdeutlicht. Ein Teil des Wahlerfolgs von Donald Trump wird darauf zurückgeführt. Möchte man in Europa ähnliches verhindern, müssen die Regierungen beiden Geschlechtern die gleichen Rechte zugestehen, also auch Männern. Zu diesem Zweck gründeten zwölf überregional tätige Vereine im Anschluss an den Kongress den Dachverband "Bundesverband Jungen, Männer & Väter e.V. i.G." mit Sitz in Berlin. Zentrales Anliegen ist die Gleichberechtigung. Die beteiligten Vereine einigten sich als Ziel auf die kompromisslose Umsetzung des Artikels 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, zweitens die geschlechterpolitische Thematisierung und Beseitigung der Diskriminierung von Jungen, Männern und Vätern sowie drittens die Verurteilung und Beseitigung von Jungen-, Männer- und Väterfeindlichkeit ebenso wie Frauenfeindlichkeit."




2. Der Publizist Hadmut Danisch berichtet über ein ihm vorliegendes Gerichtsurteil vom 15. Mai 2017, dem zufolge das Landgericht Leipzig den Freistaat Sachsen wegen Frauenbevorzugung bei Professuren verurteilt habe:

Insbesondere sagt das Gericht, dass eine politisch gewünschte Frauenquote kein Abweichen von den Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG gestattet. (...) Frauen wegen des Geschlechts besseren Bewerbern vorzuziehen ist verfassungswidrig und löst Schadensersatz und Einstellungsanspruch aus.




3. Für den Deutschlandfunk hat Sarah Zerback Schwedens Gleichstellungsministerin Åsa Regnér auch zum Thema "häusliche Gewalt gegen Männer" interviewt:

Zerback: Gleichzeitig haben Sie ja auch ein Pflichtfach unter anderem durchgesetzt an der Universität. Das nennt sich "Männergewalt gegen Frauen". Jetzt ist es aber auch so, dass es Studien gibt, die sagen, gerade in Beziehungen, da gibt es auch viele Frauen, die Gewalt anwenden. Da steigen die Zahlen. Zumindest in Deutschland ist es etwa so, dass mittlerweile jedes fünfte Opfer in Beziehungstaten männlich ist. Was ist mit denen, was tun Sie für die?

Regnér: Ich denke immer noch, das große Problem in Beziehungen oder im Leben der Frauen in Schweden ist, dass Frauen nicht sicher sind in ihren eigenen Häusern oder Wohnungen. Das Problem ist eigentlich systematisch von Seiten der Männer gegen Frauen, weil es immer noch Männer gibt, die Gewalt als Kontrolle verwenden, und das ist bei uns das große Gesellschaftsproblem, würde ich sagen.

Zerback: Ein Gesellschaftsproblem, aber eines, für das nicht nur die Gesellschaft die Lösung suchen muss, sondern für das auch die Politik die Rahmenbedingungen stecken muss.

Regnér: Ja, natürlich! Und deswegen glaube ich, dass man überhaupt Maßnahmen für Gleichberechtigung einsetzen muss, aber auch besondere Maßnahmen, wenn es um Prävention der Gewalt geht. Aber natürlich: Wenn es gewalttätige Frauen gibt, dann muss man auch was dagegen tun. Die Gesetze sind auch für Frauen da. Aber unser Gesellschaftsproblem in Schweden ist Gewalt von Männern gegen Frauen, um Frauen zu kontrollieren.




4.
Immer mehr Frauen verzichten während der Periode auf jegliche Hygieneartikel – und halten das für ein feministisches Statement. Ernsthaft?


Mit dieser Frage beginnt Michèle Binswangers Artikel Hoch die Menstruationstasse!



5. Der Chronicle of Higher Education hingegen begeistert sich für die "Befreit-den-Tampon"-Bewegung, die universitäre Männertoiletten aus Gründen der Menstruationsgerechtigkeit mit solchen Hygieneprodukten ausstattet:

Part of the growing "free the tampon" movement has been an effort to make college more fair for students who menstruate, a concept for which Jennifer Weiss-Wolf coined the phrase "menstrual equity." (...) "We have smaller baskets in men’s rest­rooms, but the reason we do that is because there are some men on the campus who menstruate and so it’s just the whole idea of inclusion and making sure that nobody’s left out — it’s a very easy thing." (...) Despite online criticism about gender-­neutral menstrual products, Ms. Weiss-Wolf said that on the legislative front, the "menstrual equity" movement has had bipartisan support.




6. Eine relativ neue Studie ermittelt einen der Gründe dafür, dass Frauen seltener in Führungspoistionen sind – einen Grund, der mit "gläsernen Decken" und "patriarchaler Unterdrückung" nichts zu tun hat. Diese Erkenntnis allerdings ist nur die Grundlage für Forderungen nach mehr Sexismus zu Lasten von Männern:

Women with managerial careers are significantly less satisfied with their life than their male counterparts. Why? In a representative German panel dataset (GSOEP) we find biological constraints and substitutive mechanisms determining the subjective well-being of female managers. Women’s terminated fertility has a negative impact on women’s life satisfaction between the ages of 35 and 45, when managerial careers usually take off. Money and spare time can compensate for this biological difference. But to maintain an equivalent level of happiness, women need to be compensated by much more income for each hour of spare time given up than men do. So, in order to reach better gender equality in leadership positions, women must be either paid higher incomes (on average around 10%) or must be incentivized with more spare time than men. In the conclusion, we speculate on a new mix of carrots and sticks for advanced careers in order to boost female representation in leadership positions.




7. Zuletzt wieder einmal ein Fundstück bei meiner privaten Lektüre:

Als Gegner der feministischen Kastration der Gesellschaft sehen sich auch die Maskulisten, die als in den USA längst virulentes Phänomen nach 2000 über den großen Teich schwappten. Sie sind vor allem im Netz umtirebig. Neben dem Agieren als Hasskommentatormob versuchen Maskulisten, in Foren zum Thema Väterrechte Meinungshoheit zu erlangen. Eine singuläre Geschichte wird zum allgemeinen Skandal aufgeblasen und sodann zum eigenen Betroffenheitskatalog übergeleitet. Dieser ist biologistisch geprägt. Männer würden systematisch strukturell benachteiligt durch Gleichstellungspolitik und -> Genderwahn. Absurd ist die Klage, dass Frauen seltener Opfer von Gewalt werden, Männer also – "das ist Diskriminierung!" – in Schlägereien öfter von Männern aufs Maul bekommen.


Diese bestenfalls von vager Sachkenntnis Passage findet sich auf Seite 86 des "Wörterbuch des besorgten Bürgers" und wurde von Tobias Prüwer verfasst. Das Buch, das durchgehend in diesem Stil gehalten ist, gibt als Ziel vor, rechte Kampfrhetorik wie "Umvolkung", "Volkstod", "Rapefugees" und "Invasionsarmee" zu zerpflücken, schießt aber, wie man sieht, mitunter arg über dieses Ziel hinaus und verwendet selbst immer wieder eine aggressive Knüppelrhetorik, als ob die Autoren versuchen würden, eine Art "Pirincci von links" zu sein. Es endet mit einem Gespräch, in dem sich Georg Seeßlen und Klaus Theweleit immer wieder darin bestätigen, dass eine argumentative Diskussion mit der "Idiotie" der "Brüllfraktion", die sich "kontrafaktisch" in eine "Mordlust" steigere, sowieso keinen Zweck habe, da diese Leute doch sowieso selber wüssten, "dass es Quatsch ist, was sie erzählen". (Mit "Brüllfraktion" gemeint sind AfD, Pegida und Nazis, wobei diese Benennungen so beliebig ausgetauscht werden, als wäre das sowieso alles dasselbe.) Den AfD-Politiker Björn Höcke schlicht als "unüberbietbares Arschloch" zu betiteln ist, egal ob man dieser Ansicht zustimmt oder nicht, auch nicht gerade ein Höhepunkt der politischen Analyse. Was das Geschlechterthema angeht, ist Theweleit erkennbar heute noch so drauf wie in den Siebzigern und haut Sätze heraus wie: "Stimmen der Kinder und Frauen zählen nicht unbedingt weniger als die der (weltweit) immer noch vorherrschenden Mann-Idioten".

Kurz: Wer verstehen will, warum sich die Linke derzeit so schwer damit tut, Mehrheiten zurück zu erobern, sollte diese Bankrotterklärung der politischen Debatte lesen.

Empfohlen wurde sie unter anderem von Tagesspiegel, taz, Telepolis, Arte, MDR, Deutschlandfunk, Bento, junge welt und detektor.fm und liegt nach dieser gewaltigen Werbewelle zu dem Zeitpunkt, wo ich diese Zeilen schreibe, bei Amazon auf Verkaufsrang 82.633, was bedeutet, dass es klinisch tot ist. Polemik scheint Journalisten weit mehr zu begeistern als die potentiellen Leser. Wenigstens die "junge welt" leistet sich immerhin einen Hauch von Kritik:

Das Prinzip des dogmatischen Ein- und Ausschlusses, das die Autoren den Besorgten zu Recht vorwerfen, praktizieren sie allerdings auch gern selbst. Der Unbesorgte hat den klaren Verstand gepachtet, der Besorgte ist von vornherein der Ignorante mit der unterkomplexen Denke, also eine ernsthafte Gefahr, aber kein ernstzunehmendes Gegenüber.

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