Samstag, März 04, 2017

Träumt Gert Scobel vom totalitären Staat? – News vom 4. März 2017

1. In der Talkshow Gert Scobels auf 3sat diskutieren seine Gäste nächsten Donnerstag um 21 Uhr über die Frage, welchen Stellenwert Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft haben sollte. Die Diskussionsteilnehmer sind Udo Wumpe vom Kreisverband der NPD Paderborn, Siggi Stahl von der Skinhheadgruppe "Deutschland den Deutschen" und Hilmar von Greifenstein, Autor des Buches "Darum brauchen wir wieder einen Führer!"

Moment.

Irgendwas kann hier nicht stimmen. Das war offenkundig eine Schwachsinnsmeldung, die hier irgendwie reingerutscht ist. Danke, Merkel!

Ah, jetzt hab ich's! Tatsächlich geht es in der Talkshow um den Stellenwert des Stalinismus in Deutschland. Eingeladen ist Jewgenija Patkin von der stalinistischen Plattform der Linken, Ansgar Wulchow vom stalinistischen Bündnis "Davai davai!" und Klaus-Peter Knoch, Herausgeber der "Kleinen Stalinisten-Postille ".

DAS IST DOCH SCHON WIEDER TOTALER QUATSCH!

Sorry, mein neuer Genderama-Praktikant liefert mir heute kompletten Blödsinn. Als ob irgendein "Journalist" nicht vom Hof gelacht würde, wenn er eine Debatte über Rechtsextremismus nur von Rechten führen oder eine Debatte über Stalinismus nur unter Stalinisten stattfinden lassen würde. Das wäre plumpe ideologische Propaganda, finanziert von unseren Gebühren. Man hätte gute Aussichten jemanden entmündigen zu lassen, der als Journalist auf eine derart irre Idee käme.

Richtig ist, jetzt ohne Scherz, folgendes: Gert Scobels Sendung am 9. März dreht sich um die Fragen "Tod des Feminismus? Warum können sich Frauen nur befreien, wenn auch Männer Mut zur Freiheit haben?" Als Diskussionsteilnehmer eingeladen sind:

- Bascha Mika (Anhängerin der feministischen Ideologie),

- Anke Domscheit-Berg (Anhängerin der feministischen Ideologie)

- und Rolf Pohl (Anhänger der feministischen Ideologie).

NEIN, DAS WAR DIESMAL *KEIN* WITZ! SCHAUT EUCH DEN VERDAMMTEN LINK AN!

Ohne Ironie: Diese drei Leute dürften mit ihren geschlechterpolitischen Ansichten zu 99,9 Prozent übereinstimmen. Und das ist das Spektrum, das Gert Scobel, seine Redaktion und sein Sender für eine Debatte über Feminismus zulassen.

Während zig Journalisten darüber nachgrübeln, warum unsere Medien einen derart schlechten Ruf genießen.

In der oben verlinkten Programmankündigung von 3sat heißt es übrigens auch:

Die 3sat-Wissenschaftsdokumentation "Welt ohne Männer" beschäftigt sich bereits um 20.15 Uhr mit der Frage, ob das Y-Chromosom nicht ein "genetischer Schrotthaufen" ist, und wie eine Welt ohne Männer bestehen könnte.


Diese Sendung wird näher so vorgestellt:

Das starke Geschlecht ist ein Auslaufmodell: Bedingt durch Umwelteinflüsse nimmt die Zeugungsfähigkeit ab. Forscher nennen das männliche Y-Chromosom gar einen "genetischen Schrotthaufen". Muss sich die Welt auf ein Leben ohne Männer einrichten? Und wäre solch ein Leben nicht viel friedfertiger, viel angenehmer? Ist eine "Welt ohne Männer" die ultimative Form der Emanzipation?


In der Darstellung von Scobels eigener Sendung heißt es:

Ist die Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht längst Realität? Weit gefehlt!


Tatsächlich fehlt jeglicher Beleg dafür, dass Frauen weniger Rechte genießen als Männer.

Donald Trump hat bewiesen, wie das schamlose Verbreiten frauenverachtender Parolen Stimmen bringt, nicht nur bei den Männern.


Es fehlt jeglicher Beleg dafür, dass Trump wegen "frauenverachtender Parolen" gewählt wurde.

Ein denunziatorischer Wahlkampf gegen eine Frau hat mit dazu beigetragen, ihn zum Chef im Weißen Haus zu machen – in einem Land, in dem Frauen vor knapp hundert Jahren das Wahlrecht durchgesetzt haben und das dem Feminismus weltweit starke Impulse gegeben hat.


Bitte was hat ein hundert Jahre altes Frauenwahlrecht damit zu tun, dass Hillary Clinton nicht ausreichend Wähler überzeugen konnte? Wer außer Feministinnen kommt auf die Idee, nach Geschlechtszugehörigkeit der Kandidaten abzustimmen?

Auch im Zeitalter von Netzfeminismus, Phänomenen wie #aufschrei, FEMEN und neuen Print-Magazinen wie "Missy" hat die feministische Bewegung ihr Image-Problem längst nicht gelöst.


Ja, und zwar genau WEGEN Netzfeminismus, Phänomenen wie #aufschrei, Femen und neuen Print-Magazinen wie "Missy".

Dabei wird fast immer übersehen, dass die "Frauenfrage" immer auch eine "Männerfrage" ist. Ohne männliche Dominanz und unfaires Verhalten wäre Feminismus kaum nötig.


Klar. Genauso wie ohne die doofen Neger Rassismus und ohne die kapitalistische Ausbeutung des Proletariats stalinistische Säuberungen kaum nötig wären. Hat der Feminismus vielleicht auch wegen einem derart kruden Sexismus ein Image-Problem? Nur mal so als Frage, die in dieser Sendung garantiert nicht diskutiert werden wird ...

Ich weiß nicht, wie ich nach einer derartigen Nummer Gert Scobel noch als seriösen Journalisten wahrnehmen soll. Ist das seine Vorstellung von seinem Job? Den Leuten konsequent dieselbe Propaganda in den Kopf zu rammen? Den Eindruck zu erzeugen, dass eine Debatte über eine bestimmte Ideologie nur von deren überzeugten Anhängern geführt werden kann? Träumt Gert Scobel von einem Journalismus, wie es ihn in der DDR gab und wo nur die eine Wahrheit der Partei geliefert wurde?

"Wenn du einen Menschen politisch nicht unglücklich sein lassen willst", sagte einmal der Schriftsteller Ray Bradbury, "gib ihm keine zwei Seiten bei einer Frage, über die er sich den Kopf zerbrechen kann. Gib ihm eine. Noch besser, gib ihm keine ..."

Als am 1. April 2004 die siebte Novellierung des Rundfunkstaatsvertrags in Kraft trat, wurde er um den neuen Paragraphen 11 ergänzt. Darin heißt es, der öffentlich-rechtliche Rundfunk habe "bei Erfüllung seines Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit der Angebote und Programme zu berücksichtigen." Offenkundig sollte dieser Paragraph dagegen vorbeugen, dass die öffentlich-rechtlichen Sender, zu denen 3sat gehört, zur Waffe einer Ideologie werden oder gar totalitäre Aspekte entwickeln. Nun wenden manche ein, die Meinungsvielfalt müsse ja nicht in einer bestimmten Sendung stecken, sondern könne sich über die Beiträge eines Senders insgesamt entfalten. Aber gibt es irgendeine Sendung auf 3sat, die den Feminismus so verdammt, wie Scobel ihn feiert, oder in der drei Maskulisten über die gesellschaftliche Bedeutung des Maskulismus debattieren? Natürlich nicht. Das würde das Phantasieren von genetisch minderwertigen Männern stören.

Ein Grund dafür, dass der Ruf unserer Medien so verheerend wurde, liegt darin, dass sich immer mehr öffentlich-rechtliche Journalisten mit ihren Programmgrundsätzen nur noch den Hintern abwischen. Hier geschieht das in einer geradezu obszönen Offenheit. Warum? Die Antwort findet man vermutlich im Titel der Sendung: "Tod des Feminismus?" Anscheinend sehen manche diese Ideologie inzwischen unter einem derart starken Rechtfertigungsdruck, dass ihnen etwas anderes als ein extrem einseitiges Aufgebot zu ihrer Rettung nicht mehr einfällt.

Ich habe nach der Ankündigung dieser Sendung tatsächlich gegoogelt, ob Gert Scobel seine journalistische Ausbildung in der DDR genossen hat und ob ihm das womöglich immer noch im Blut steckt. Dem ist nicht so. Scobel stammt aus Aachen und hat an einer Jesuiten-Hochschule katholische Theologie studiert. Und er promoviert der Wikipedia zufolge – jetzt nicht lachen, auch das ist kein Scherz! – seit 2006 zum Thema Pluralismus.



2. Wie Spiegel Online berichtet, wurde der Klett Verlag mit einem "Negativpreis für Sexismus" ausgezeichnet. In der Jury sitzen Margarete Stokowski, Nora Gomringer, Daniel Bröckerhoff, Tarik Tesfu, Ferda Ataman, Petra Lucht und Anke Domscheit-Berg, die aus den eingesendeten Produkten einen Gewinner bestimmen. Die Kommentarfunktion unter dem Artikel ist abgeschaltet.



3. In der Süddeutschen Zeitung schreibt Peter Eisenberg über "Das missbrauchte Geschlecht". Diese Überschrift klingt nach einem neuen Beitrag der Sorte "woman is the niggerwoman of the world", aber tatsächlich geht es darin um die feministische Verhunzung unserer Sprache. Peter Eisenberg ist nämlich Linguist.

Ein Auszug aus seiner Sprach- und Ideologiekritik:

Es ergeben sich Bäcker*innenhandwerk, Bäcker*innenauszubildende*r usw. Wollen wir so etwas wirklich?

(...) In einem Blog über das Gendern bringt ein Blogger ein ebenso klares Beispiel zu Studierender vs. Student: Ein sterbender Studierender stirbt beim Studieren, ein sterbender Student kann auch im Schlaf oder beim Wandern sterben. (...) Dasselbe gilt für durch Konversion des Partizip II gebildete Substantive. Ein "Geflüchteter" kann einer sein, der sich einem Regenguss oder einer nervigen Seminarveranstaltung entzieht, ein "Flüchtling" dagegen flieht vor Krieg, Gewalt oder politischer Verfolgung. (...) Es gibt überhaupt keinen Grund, das Wort "Flüchtling" aus dem Deutschen zu vertreiben, sieht man vom Gendern ab. "Flüchtling" lässt sich nicht gendern, die Form "Flüchtlingin" ist aus morphologisch-systematischen Gründen ungrammatisch. Deshalb hätte man gern das partizipiale Substantiv "Geflüchteter", das man ohne Aufhebens gendern kann. Allerdings zu dem Preis, dass man sich zum Herren oder zur Herrin der Sprache erhebt, einen wichtigen, tief verwurzelten Wortbildungsprozess untergräbt und ein jahrhundertealtes Wort diffamiert.

Im Augenblick galoppiert das Gendern mit hoher Konsequenz auf einige extreme Ausformungen zu, die ihm durchaus schaden könnten. Im Berliner Koalitionsvertrag ist von "Berliner*innen", "Bürger*innen", "Senator*innen", aber nur von jugendlichen "Straftätern" und "Intensivtätern" die Rede. Auch hören wir täglich etwas über "Gefährder", nicht aber über "Gefährder*innen" oder "Gefährdende". Aus Sicht des Genderns doch wohl eine haarsträubende Diskriminierung. Und auf Vorschlag der SPD-Fraktion in den Bezirksparlamenten von Mitte und Lichtenberg sollen Drucksachen nur noch auf der Tagesordnung erscheinen, wenn sie in gegenderter Sprache abgefasst sind. Das bedeutet nichts anderes, als in Standarddeutsch abgefasste Schriftstücke sofort in den Papierkorb zu werfen.


Kein Wunder, dass man eine solche Ideologie nur durchsetzen kann, indem man ausschließlich Menschen zu Wort kommen lässt, die ihr treu ergeben sind.



4. "Mit eurem Gender-Wahn macht ihr die Gleichberechtigung lächerlich" klagt Katharina Schneider in der Huffington Post. Sie scheint den Eindruck zu haben, dass ihre Ideologie ein so großes Imageproblem plagt, dass nicht mal die Redaktion von "Scobel" dagegen ansteuern kann. Einige Kernsätze ihres Beitrags:

Solche Vorschläge sorgen dafür, dass "Feminismus" zunehmend zu einem Schimpfwort verkommt.


Dieser Vorschlag ist genau der Grund, wieso Feministinnen und Feministen in Deutschland so einen schlechten Ruf haben.


Vorschläge wie dieser lassen uns Feministinnen wie kleinliche, verkniffene wegen alles und jedem beleidigte Zicken dastehen. Sie nehmen uns die Möglichkeit, von der breiten Gesellschaft ernst genommen zu werden.


Stimmt. Vorschläge wie dieser (es geht um das "geschlechtergerechte" Vergeben von Straßennamen) und tausend andere Dinge.



5. Zum Beispiel der folgende Artikel, ebenfalls veröffentlicht in der Huffington Post. Wenige Tage vor dem weltweiten Frauenstreik redet sich dort eine Männerhasserin schon mal gegen das andere Geschlecht in Rage. Eine identische Demagogie gegen Schwarze oder Muslime wäre für die Huffington Post ein Problem. Zielt die Hetze auf Männer, geht sie problemlos durch.

Parallel zu solchen Artikeln erscheinen weiterhin viele Texte darüber, was für unfassbare Idioten es doch gäbe, die Feminismus tatsächlich mit Männerhass verwechseln ...



6. Wenigstens berichten immer mehr US-amerikanische Leitmedien über den Horror, den Männer an Universitäten des Landes erleben – so aktuell die LA Times.

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