Montag, August 01, 2016

Vermischtes vom 1. August 2016

1. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung veröffentlichte gestern im Ressort Wirtschaft einen Artikel von Philip Plickert über die Frage, ob Diversity – also größere Vielfalt im Management statt nur auf weiße Männer zu setzen – Unternehmen tatsächlich nützt (nicht online). Ein Auszug:

In den Unternehmen wird die Diversity-Strategie damit begründet, dass sie eine größere Vielfalt an Talenten und neue Sichtweisen mit sich bringe, was den wirtschaftlichen Erfolg erhöhe. (...) Es wird trainiert, welche Sprache angemessen ist, welche Art Witze erlaubt sind und wie man sich politisch korrekt verhält. (...) Doch alle Trainings haben nicht dazu geführt, dass der Anteil von Frauen und ethnischen Minderheiten in den Führungsebenen gestiegen sind, wie die Soziologieprofessoren Frank Dobbin (Harvard) und Alexandra Kalev (Universität Tel Aviv) feststellen. In den Banken ist der Anteil der Hispanics im Management zwar leicht gestiegen, von 4,7 Prozent vor gut einem Jahrzehnt auf 5,7 Prozent. Der Anteil der Frauen jedoch sank von 39 auf 35 Prozent, Schwarze blieben mit 2,3 Prozent marginal.

(...) Woran liegt das? Nach Ansicht von Dobbin und Kalev haben sich die Diversity-Programme als kontraproduktiv erwiesen, wie sie in einem Beitrag "Why Diversity Programs Fail" in der jüngsten Harvard Business Review schreiben. "Diese Instrumente sind dafür entwickelt worden, Klagen zu vermeiden, indem man das Denken und Handeln der Manager überwacht", schreiben die Autoren, die mehr als 800 Unternehmen untersucht und Manager sowie Diversity-Trainer befragt haben. Sie verweisen auf Labor-Experimente, die zeigen, dass "diese Art von Zwangsfütterung eher Vorurteile verstärken kann als sie auszulöschen". Die Betroffenen rebellierten gegen diese Vorgaben, die sie als Bevormundung oder Umerziehung empfinden. Trotz und Widerstand sind gängige Reaktionen.


Außer für Social Justice Warriors war das wohl für niemanden eine Riesenüberraschung.

Auch ob die erhoffte Vielfalt den unternehmerischen Erfolg tatsächlich fördert, steht sehr in Frage. Zwar wird dies von Aktivisten aller Couleur sowie Unternehmensberatungen behauptet und scheinbar durch Untersuchungen belegt, die wiederum die EU-Kommission zur Durchsetzung der Frauenquote verwendet.

Doch diese Studien entsprechen nicht wissenschaftlichen Standards. Die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien sind nicht klar. "Trotz des Insistierens der Fürsprecher, dass Frauen in Vorständen den Unternehmenserfolg erhöhen, sind die Forschungsergebnisse gemischt, und wiederholte Meta-Analysen haben durchschnittliche Korrelationsergebnisse erbracht, die bei null liegen oder extrem klein sind", schreibt Alice H. Eagly, Professorin für Psychologie und für Management und Organisation an der Northwestern University. Eagly zitiert mehrere Meta-Studien, die Dutzende anderer Studien zusammenfassen. Deren Befund: Es ist kaum messbar, dass mehr Frauen mehr Erfolg brächten. Einige Studien sehen es so, andere nicht, einige kommen sogar zum gegenteiligen Schluss.


Eaglys Erkenntnisse werden, so erfahren wir im Verlauf von Plickerts Artikel, von der Konstanzer BWL-Professorin Sabine Boerner nach einer Sichtung zahlreicher Studien bestätigt.

Zuletzt weist Plickert darauf hin, dass hinter der Jagd nach mehr Vielfalt nicht allein edelste Absichten stünden. Stattdessen sei

eine ganze Diversity-Branche entstanden (...) mit Anwälten, Bürokraten und Beratern, die aus den ideologisch ritualisierten Programmen ein Riesengeschäft und Beschäftigungsprogramm (für sich) machen. "Diese Branche ist einflussreich und gut vernetzt, im Privatsektor, in den Universitäten, in der Regierung." Sie wird weitermachen, selbst wenn die Programme wirkungslos oder gar kontraproduktiv sind.




2. Online steht dafür der FAZ-Artikel Das Leiden des weißen Mannes, wo es darum geht, dass sich diese lange Zeit politisch vernachlässigte Gruppe in ihrer Not jetzt Donald Trump zuwendet. Allerdings krankt Winand von Petersdorffs Artikel daran, dass er sich auf den feministischen Deutungsrahmen einlässt und nur diejenigen Männer betrachtet, denen es gut geht ("Amerikas Wirtschaft wird von weißen Männern beherrscht ...." etc. etc.), was ihn unweigerlich zu dem Fehlschluss führen muss, dass weiße Männer nur deshalb aufbegehren, weil es ihnen ein wenig schlechter ginge als früher. Dadurch bleibt der Artikel hilflos, wenn es um konkrete Vorschläge geht, wie man die männlichen Verlierer unserer Gesellschaft davon abhalten kann, Menschen wie Donald Trump ihre Stimme zu geben.

Der New York Times zufolge kann die Unterstützung dieser Gruppe ausreichen, um Trump zum Präsidenten zu machen. Sie einfach nur fleißig in Genderseminaren und deren Begleitliteratur als minderwertig zu denunzieren ist als Gegenmaßnahme kraftlos:

No liberal arts college class on "power, privilege and hierarchy" will tell you that white working-class men have become a disadvantaged group. But many white working-class men do not feel privileged — not in a society where power and status are often vested in well-educated elites along the coasts. From their standpoint, the Democratic Party might look like an identity politics patronage system — affirmative action, immigration, "political correctness," gender or whatever else.




3. Don Alphonso beschäftigt sich mit der Propaganda gegen sogenannte "Hate Speech" als eine Form der Zensur, die türkische Despoten neidisch macht. Dabei beleuchtet Don Alphonso insbesondere die dubiosen Machenschaften von Twitter, der Amadeu-Antonio-Stiftung sowie des Bundesinnenministeriums und zieht das Fazit:

Was an Meinungsäusserung verbreitet werden kann und was nicht, bestimmen nicht mehr Recht und Gerichte, sondern informelle Absprachen zwischen in der Kritik stehenden Politikern, Gruppierungen, die für mehr politisch motivierte Netzzensur stehen, und Firmen, die mit der Androhung von rechtlichen Konsequenzen unter Druck gesetzt werden, die Kontrolle der Inhalte zu privatisieren. (...) Es gibt keinerlei nachvollziehbare Kriterien, was an Äusserungen unter welcher beteiligten Organisation akzeptabel ist. EU, deutsche Ministerien und von ihnen begünstigte Organisationen erschaffen gezielt ein Klima der ausserdemokratischen Unsicherheit, das Denunziation Tür und Tor öffnet, ohne dass die Folgen für die Nutzer erkennbar wären.


Zum selben Thema schreibt auch die kolumbianische Kolumnistin Vanesa Vallejo: Feminists and Other Politically Correct Tyrants Are Taking over the World. Auch hiervon ein Auszug:

Last week, I published a video in which I spoke of "the tyranny of collectivist feminism." Naturally, the video was online for less than one day because the social medium in which I had published it decided to delete my account due to "massive complaints" about my viewpoint. The feminists who argue that I’m wrong and that they want to establish no kind of tyranny managed to remove my video from the air simply because they didn’t like it.




4. Österreichs Standard berichtet, wie es aussieht, wenn in Indien Frauen Frauen unterdrücken



5. Mutter-Kind-Kuren werden zunehmend auch für Väter angeboten – allerdings auf einem immer noch sehr niedrigen Level.



6. In den USA gibt es jetzt einen Beförderungsservice a la Uber, den Männer nur nutzen dürfen, wenn sie von weiblichen Fahrgästen als Begleiter mitgenommen werden.



7. In Australien protestieren hunderte gegen die Misshandlung inhaftierter Jungen.



8. Die Post. Der Telepolis-Korrespondent von Genderama weist mich auf einen Artikel Fabian Köhlers zum Islamischen Staat (IS) hin und schreibt mir dazu:

Beim Thema IS und Terrorismus steht in der öffentlichen Meinung vor allem eine Bevölkerungsgruppe unter Generalverdacht, besonders gewaltgeil zu sein: Muslimische junge Männer (von Feministinnen gerne einfach nur als "die Männer" bezeichnet).

Unter dem Titel "Arab Barometer" werden im Nahen Osten seit mehreren Jahren Befragungen durchgeführt, mit denen man sich ein Bild der Stimmung im Nahen Osten zu machen versucht. Das Ergebnis einer aktuellen Befragung zum Thema IS-Terrorismus: Die Zustimmungsraten der Araber zum IS bewegen sich nur im sehr niedrigen einstelligen Prozentbereich, zwischen 0,4% (Jordanien) und 6,4% (Palästinensergebiete). Bei der Frage, ob Gewaltanwendung durch den IS gerechtfertigt sei, lagen die Zustimmungsraten sogar darunter.

Eine Umfrageergebnisse einer Bevölkerungsgruppe wurden [in dem Artikel von Fabian Köhler] noch einmal besonders hervorgehoben:

"Zusätzlich zur Gesamtbevölkerung haben die Forscher jenen Teil der Gesellschaft gesondert ausgewertet, der ihrer Meinung nach besonders dem Rekrutierungschema des IS entspricht: jung, männlich und schlecht gebildet. Aber auch in dieser Gruppe gibt es der Studie zufolge keine signifikant höhere Zustimmung zum IS: 'Stellt man die Antworten von männlichen Befragten unter 36 Jahren und einem Schulbildung unterhalb der Sekundarschule heraus, zeigt sich, dass selbst in dieser Schlüsselgruppe nur geringe Unterstützung für die Ziele und Anwendung von Gewalt durch den IS besteht und nur Wenige die Taktiken des Islamischen Staates für vereinbar mit den Lehren des Islam halten.'

Eine Ausnahme gibt es allerdings: Tunesien. Mit 14,9 Prozent liegt der Anteil bei jungen ungebildeten Männern, die die Taten des IS mit dem Islam für vereinbar halten, in dem nordafrikanischen Land deutlich höher als in der Gesamtbevölkerung (8,6 Prozent). Dass ausgerechnet jenes Land, welches als einziges den Arabischen Frühling für eine Demokratisierung nutzen konnte, besonders viele seiner Bürger an den IS verliert, haben auch schon andere Untersuchungen bestätigt."

Die Zustimmung zum Terrorismus dürfte somit wohl eher regionale politische, soziale oder gesellschaftliche Ursachen haben. Nachdem also im Allgemeinen deutlich mehr als 95% aller Araber bzw. aller Männer terroristische Gewalt ablehnen, entbehren die Erklärungsmuster, die normale Rassisten ("Der Islam!") und Geschlechterrassisten ("Männlichkeit!") für die Entstehung von Terrorismus anzubieten haben, jeder objektiven Grundlage.




9. Weitere aktuelle News findet man hier.

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