Leserbrief: Wie es einem in der Wikipedia mittlerweile ergeht
Einer meiner Leser, ein inzwischen ehemaliger Wikipedianer, mailte mir folgenden Bericht über seine aktuellen Erfahrungen in der bekannten Online-Enzyklopädie zu, der sich in bisherige Erfahrungen dieser Art einreiht. (Ursprünglich war es wohl ein Rundbrief an diverse Bekannte, jetzt wurde er ein wenig für Genderama editiert.)
In den letzten Wochen gab es im Internet heftige Kritik daran, dass Feministinnen in Wikipedia (zum Teil erfolgreich) versuchen, unter dem Deckmantel der Neutralität dort ihre Sicht der Dinge in Artikeln zu implementieren. Diese Kritik konnte man bislang auch auf diesem Blog in mehreren Beiträgen nachlesen.
Im Folgenden dokumentiere ich den von mehreren Wikipedianern unternommenen Versuch, mich bei Wikipedia durch eine dauerhafte Sperrung mundtot machen zu wollen.
Zunächst ist festzuhalten, dass ich vor ca. zwei Wochen den Entschluss gefasst hatte, unter dem Pseudonym "Lunaprojekt" an solchen Wikipedia-Artikeln mitzuarbeiten, die sich im weitesten Sinne mit den Themen "Feminismus" beschäftigen.
In diesem Zusammenhang habe ich mich zunächst mit dem Artikel beschäftigt, der von "Arne Hoffmann" handelt.
Was mir als erstes auffiel, war die Tatsache, dass es im Artikel nur so von Versuchen strotzte, Arne Hoffmann in eine bestimmte politische Ecke, nämlich die rechte, zu drängen. Man kann das sehr schön in dieser Version des Artikels nachlesen.
Ich kenne die Thesen Arne Hoffmanns seit etwa zwei Jahren sehr gut. Wenn man ihm eines nicht unterstellen kann, so ist es der Vorwurf, er gehöre in eine rechte Ecke. Einer seiner Schwerpunkte ist beispielsweise sein Kampf gegen Rassismus. Als auf der Webseite wgvdl.com ein Link zur rechtsextremen Seite Altermedia verlinkt wurde, kündigte Hoffmann nach seinem erfolglosen Versuch, den Link entfernen zu lassen, seine Mitarbeit dort auf.
Bei dem Versuch, Hoffmann zu deskreditieren, wurde von ganz bestimmten Benutzern (beispielsweise der Feministin Fiona Baine) erfolgreich versucht, Literatur von Hoffmanns Debattengegnern unter dem Deckmantel wissenschaftlicher Neutralität zu etablieren. So wurde beispielsweise die sehr umstrittene Arbeit von Hinrich Rosenbrock immer wieder als reputable Quelle bezeichnet, obwohl seine wissenschaftliche Unabhängigkeit mit Fug und Recht bezweifelt werden kann. Die Arbeit Rosenbrocks wurde nämlich von der parteinahen Stiftung der Grünen Heinrich –Böll-Stiftung in der Reihe "Schriften des Gunda-Werner-Instituts" herausgegeben. Das zur Heinrich-Böll-Stiftung gehörige Gunda-Werner-Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie ist – wie der Name schon sagt – in der Auseinandersetzung zwischen Feministinnen und Männerrechtlern sicherlich alles andere als neutral. Auf der Diskussionsseite zu dem Artikel über Arne Hoffmann wurde die Diskussion um die Unabhängigkeit Rosenbrocks hier geführt.
Ich habe dann in der Folgezeit versucht, den Artikel durch diverse kleinere Änderungen im Sinne von Wikipedia neutraler zu gestalten. Dabei wurden meine Änderungen jeweils sofort wieder revertiert, also zurückgesetzt. Die Begründungen, die man in den Bearbeitungskommentaren der Versionsgeschichte des Artikels bzw. auf der Diskussionsseite des Artikels nachlesen kann, waren zum Teil abenteuerlich.
Im Anschluss um einen bestimmten Versuch von mir, sinnvolle Änderungen im Artikel durchzusetzen, musste ich mich sogar von Benutzer KarlV als Störer bezeichnen lassen. Dies diente erkennbar dem Versuch, meinen Ruf bei Wikipedia zu schädigen. Eine erfolgreiche Rufschädigung eines Benutzers macht Sinn, weil man das damit erzeugte negative Bild in späteren Auseinandersetzungen weiter gegen den verleumdeten Benutzer verwenden kann. Gegen den Vorwurf, ich sei ein Störer, habe ich mich allerdings mit überzeugenden Argumenten wehren können.
Im Zusammenhang mit meinem Versuch, die im Artikel erwähnte Katrin Rönicke durch entsprechende Änderungen als das zu bezeichnen was sie ist, nämlich Feministin, endete in einem Edit War, an dessen Ende der Artikel für 24 Stunden gesperrt wurde. Ich habe dann auf der Diskussionsseite den Versuch unternommen, den Konflikt um die Frage, ob Katrin Rönicke im Artikel als Feministin charakterisiert werden sollte oder nicht, zu klären.
Nur drei Tage nach meinem Versuch, den Konflikt um die Charakterisierung von Katrin Rönicke als Feministin auf der Diskussionsseite zu lösen, schwärzte mich der Benuter ca$e auf der Wikipediaseite "Vandalismusmeldung" an und behauptete, ich sei eine "reaktivierte Vorratssockenpuppe". Sockenpuppen sind in der Internetwelt Zweitaccounts, mit deren Hilfe Benutzer in Konflikten mit anderen so tun kann, als ob noch ein weiterer Benutzer seine Auffassung teile.
Kurz darauf wurde ich von der Administratorin Cú Faoil mit der nichtssagenden (und von ihr auch nicht belegten) Begründung "Metasockenpuppe oder -diskussionsaccount: Vorratssocke im Konfliktbereich" dauerhaft gesperrt.
Ich habe mich dann gegen die Vorwürfe gewehrt und eine sogenannte Sperrprüfung beantragt, was zu einer kurzen Diskussion führte.
Nach mehreren Tagen der Prüfung wurde meinem Antrag, die Sperrung aufzuheben, NICHT stattgegeben. Seitdem bin ich dauerhaft gesperrt. Nach der Entscheidung des AdministratorsPacogo7, die dauerhafte Sperre zu bestätigen, habe ich auf der Sperrprüfungsseite kritisiert, dass die Administratoren Cú Faoil und Pacogo7 ihre Entscheidungen jeweils nicht konkret begründet haben. Leider wurde mein entsprechender Kommentar von zwei Benutzern (darunter einem Administrator) durch einen Revert (Zurücksetzen) entfernt, so dass man ihn jetzt nur noch sehen kann, wenn man eine frühere Version der Sperrseite aufruft. Dort kann man nachlesen, dass mein Kommentar entfernt wurde.
Festzuhalten bleibt, dass während des ganzen Sperrverfahrens niemals konkret begründet wurde, gegen welche Regeln von Wikipedia ich während der kurzen Zeit meines Wirkens verstoßen haben soll – obwohl ich dies mehrfach angemahnt hatte. Hätte ich in eklatanter Art und Weise gegen die Regeln verstoßen, wäre es ja ein Leichtes gewesen, dies in der Sperrbegründung auch konkret anzuführen. Angesichts der Unmöglichkeit, mir konkrete Vergehen nachzuweisen, wundert es mich allerdings nicht, dass diejenigen, die letztendlich für meine dauerhafte Sperrung verantwortlich sind, es vorgezogen haben, im Ungefähren zu bleiben.
Den Versuch von Feministinnen, mich als Andersdenkenden mit Hilfe von fadenscheinigen und nicht belegten Vorwürfen dauerhaft sperren zu wollen, kann ich nur als totalitär bezeichnen. Ich fühle mich da an den aktuellen Fall in Rußland erinnert, in dem die putinkritische Band Pussy Riot mit Hilfe der Justiz mundtot gemacht werden soll. Natürlich hat mein Fall eine ganz andere Dimension als der in Rußland und ist insofern nicht ganz vergleichbar; gemeinsam ist beiden allerdings der Versuch, Konflikte nicht durch das Austragen von Argumenten zu klären, sondern die Meinungsäußerung von Andersdenkenden durch entsprechendes Verhalten generell unmöglich zu machen.
Sicherlich werden nun die feministisch orientierten Wikipedianer, die mich erfolgreich gemobbt haben, die Veröffentlichung dieses Leserbriefes auf diesem Blog als Bestätigung ihrer Sperrbegründung werten. Dazu besteht aber kein Anlass. Ich kann nämlich sehr gut unterscheiden zwischen meiner eigenen gesellschaftspolitischen Auffassung (ich bin Männerrechtler) und der Erfordernis bei Wikipedia, Sachverhalte dort neutral darzustellen. Im Gegensatz zu den gut vernetzten Feministinnen, die Wikipedia unter dem Deckmantel ihrer angeblichen Neutralität zur einseitigen Darstellung ihrer Sicht der Welt missbrauchen, könnte ich deshalb sehr gut mit einer Online-Enzoklopädie leben, in der die Position von Männerrechtlern ebenso neutral dargestellt wäre wie die von Feministinnen.
Fazit: Mein noch vor wenigen Wochen vorhandene Auffassung, Wikipedia sei ein demokratisches Projekt, bei dem deren Mitarbeiter durch den Austausch von Argumenten versuchen, Wikipedia als Enzyklopädie weiter zu bringen, ist nach meinen Erfahrungen der vergangenen zwei Wochen nicht mehr zu halten. Zumindest nicht bei solchen Feldern, auf denen naturgemäß harte gesellschaftspolitische Auseinandersetzungen geführt werden. Im Bereich der Artikel, die im weitesten Sinne mit dem Thema Feminismus zu tun haben, kann man definitiv nicht mehr erwarten, neutral informiert zu werden.
Der dauerhaft gesperrte ehemalige Wikipedianer Lunaprojekt
Meine Einschätzung nach dem Erhalt dieses Briefes: Offenbar geht man in der Wikipedia inzwischen so vor, dass man jeden Benutzer, der die Darstellung von Geschlechterthemen aus feministischer Perspektive beanstandet und zu einem "neutral point of view" zurückführen will, als "Sockenpuppe" bezeichnet und zügig für unbegrenzte Zeit sperrt. Damit wird der Eindruck eines inzwischen massiven ideologischen Ungleichgewichts in der Wikipedia bestätigt. Und ich muss meinem Leser beipflichten: mit einigen Leuten, die in der deutschen Wikipedia mittlerweile das Sagen haben, ließe sich hervorragend ein totalitäres System aufbauen, das weit über ein Laienlexikon im Internet hinausgeht.
Die Frage, wie es kommt, dass es der Wikipedia inzwischen stark an Autoren mangelt, ist damit allerdings auch beantwortet.
Interessant wäre es zu sehen, wie man den "Sockenpuppen"-Vorwurf als Alibi für willkürliche Sperren verwenden würde, wenn die von Michael Klein und mir geforderte Klarnamenpflicht in der Wikipedia durchgesetzt wäre. Vermutlich würde es dann aber heißen: "Benutzer XY, der sich gegen die Übernahme allein der feministischen Sicht in der Wikipedia ausspricht, steht womöglich in irgendeiner Form im Kontakt mit Arne Hoffmann, ist deshalb als Sockenpuppe zu werten und gehört gesperrt."
<< Home