Donnerstag, Juli 19, 2012

"Die Menschen sind schockiert" – Atemberaubende Resonanz auf Anti-Beschneidungs-Kampagne

Die geschlechterpolitische Initiative MANNdat veröffentlichte heute ein aktuelles Interview mit Mario Lichtenheldt, Autor eines Buches, das sich kritisch mit der Genitalverstümmelung bei Jungen auseinandersetzt.

Lichtenheldt begrüßt das umstrittene Kölner Urteil zu diesem Thema:

Es hat zumindest dafür gesorgt, dass die Öffentlichkeit das Problem endlich wahrnimmt, und wenn man sich die zahllosen Leserkommentare in Zeitungen, Zeitschriften und anderen Medien anschaut, so steht die große Mehrheit der Bevölkerung hinter dem Urteil und damit auf Seiten der betroffenen Kinder. Es tut gut, zu spüren, dass die meisten Menschen in diesem Lande den Schutz von Kindern vor jeglichen Übergriffen über alle anderen Überlegungen stellen.

Bedenklich erscheint mir hingegen, dass des Volkes Wille die "große Politik" offenbar überhaupt nicht interessiert. Wir haben jetzt eine Situation, in der die Justiz versucht, geltendes Recht endlich durchzusetzen (bestanden haben diese Gesetze schon lange), während sich die Politik nicht schämt, einen eiskalten und aalglatten Deal einzufädeln, bei dem die Grundrechte von Kindern im wahrsten Sinne des Wortes beschnitten, geopfert und eingetauscht werden gegen die leuchtende Fassade eines bedingungslos toleranten und weltoffenen Landes, wie es Bundesaußenminister Westerwelle sinngemäß formulierte. Für mich stellt sich jetzt die spannende Frage, was die Grundrechte eines Kindes in diesem Lande noch wert sind.


Die Resonanz auf die von ihm mit initiierte Kampagne gegen Bescheidungen bezeichnet Lichtenheldt als "atemberaubend":

Die Rückmeldungen kommen zeitweise im Minutentakt – und das sind ja nur diejenigen, die uns darüber informieren, dass sie ihren meist ganz persönlich gestalteten Text abgeschickt haben. Es ist völlig überwältigend! Die Menschen treten OHNE Wenn und Aber für die Rechte der Kinder ein. Sie sind schockiert darüber, was jetzt, nach dem Kölner Urteil, über Beschneidung von Jungen bekannt wird. Da schreiben Männer, die als Kind beschnitten wurden, über ihre negativen Erfahrungen, die es nach offizieller Lesart gar nicht geben dürfte. Da machen Mütter ihrer Wut Luft, wie man überhaupt nur auf die absurde Idee kommen kann, die Körperverletzung eines Kindes zu legalisieren, während das gleiche Kind seit dem Jahre 2000 einen Rechtsanspruch auf gewaltfreie Erziehung hat. Die Menschen im Lande machen auch keinen Unterschied zwischen Mädchen und Jungen. Kinder sind die Schwächsten unserer Gesellschaft und daher ganz besonders schutzbedürftig, ganz gleich ob Mädchen oder Junge.


Der MANNdat-Vorsitzende Dr. Bruno Köhler merkt zur Doppelmoral der Berliner Politiker beim Thema Genitalverstümmelung an:

Wir haben damit sogar eine klare Abstufung der Menschenrechte: Ganz oben steht das Menschenrecht von Mädchen. Das steht über allem. Dann kommt die Religionsfreiheit und danach, ganz unten, steht das Menschenrecht für Jungen. Meines Wissens ist das das erste Mal seit Ende des Zweiten Weltkrieges, dass in Deutschland bewusst Menschenrechte so klar und bewusst geteilt werden. Das geht in der ganzen Diskussion völlig unter.

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