Dienstag, Juli 17, 2012

Kinderärzte: "Beschneidung ohne medizinische Indikation ist Genitalverstümmelung"

Schade, dass es erst das "lächerliche Urteil eines Provinzgerichts" brauchte, bis sich Fachleute so klar zu Wort melden:

"Die Beschneidung ohne medizinische Indikation ist Genitalverstümmelung", sagte Tillig. Die Vorhaut habe wichtige Funktionen als Gleitgewebe für Erektion und Koitus. Auch liege die größte Sensibilität im inneren Vorhautblatt, und dieser Körperteil sei wichtig für die zelluläre Abwehr und die Entsendung von Sexualstoffen. Auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte äußerte sich am Montag kritisch. Die Debatte nehme fundamentalistische Züge an, und die Befürworter ritueller Beschneidungen "bagatellisieren diese Form der Körperverletzung", sagte der Verbandspräsident Wolfram Hartmann. Er verwies auf "lebenslange körperliche und seelische Verletzungen". Für die Politik scheine der Rechtsfrieden "mehr zu zählen als das persönliche Trauma".


Hier findet man den vollständigen Artikel – und hier eine einfache Möglichkeit, mit seiner Unterschrift gegen die geplante Legalisierung der Genitalverstümmelung zu protestieren.

Gelungene Kommentare zu dem Bock, den unsere Politiker gerade parteiübergreifend zu schießen drohen, findet man von Peter Monnerjahn auf Telepolis und von dem Rechtsanwalt Thomas Stadler auf dessen Blog. Eine bemerkenswerte Einschätzung Stadlers lautet:

Die Politik, die jetzt einen gesetzlichen Rechtfertigungsgrund schaffen möchte, diskutiert letztlich damit wieder nur eine populistische Scheinlösung, denn die zugrundeliegende Rechtsfrage ist im Kern verfassungsrechtlicher Natur. Der (einfache) Gesetzgeber hat überhaupt nicht die Möglichkeit, Umfang und Reichweite des Grundrechtsschutzes zu definieren. Wenn man also nach sorgfältiger Abwägung der sich gegenüberstehenden Grundrechtspositionen zu dem Ergebnis gelangt, dass das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrheit Vorrang vor der Religionsfreiheit der Eltern genießt, dann ändert sich daran auch dann nichts, wenn der Gesetzgeber nunmehr einen Rechtfertigungstatbestand schafft. Dieser wäre dann nämlich schlicht verfassungswidrig. Die Prüfung verlagert sich damit nur von den Strafgerichten einmal mehr nach Karlsruhe, was aber möglicherweise von dieser Politik gerade intendiert wird.


Dann hätten nämlich sämtliche Bundestagsparteien außer der Linken den Antisemitismus-Vorwurf, vor dem man in Berlin wohl die größte Angst hat, sauber vom Hals.

Was es bei der Formulierung eines Beschneidungs-Gesetzes zu beachten gälte, formuliert derweil der Professor für Strafrecht und Krimonologie Henning Ernst Müller. Auch von ihm sei ein zentraler Satz zitiert:

Jedenfalls kann nur derjenige, der die Augen vor der Realität verschließt, den Eingriff verharmlosen (ein Beispiel dafür sind die Stellungnahmen prominenter Grünen-Politiker).


(Fuck. Ich möchte wetten, schon in den nächsten Wochen heißt es im nächsten Versuch einer akademischen Arbeit über die Männerbewegung: "Hoffmann verlinkt bedenkenlos auf eine Website der Grünen" ... Soll so schnell nicht wieder vorkommen, Leute!)

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