Mittwoch, Oktober 04, 2023

Politik-Magazin: "Wie Männerfeindlichkeit zum Mainstream geworden ist"

Das britische Magazin "The Critic" hat einen bemerkenswerten Artikel zum Thema Männerfeindlichkeit veröffentlicht, den ich für Genderama übersetzt habe. Weiterführende Links findet ihr im Original.



"Niemand spielt mit Ken", sagte Ryan Gosling in einem Interview mit Jimmy Fallon vor dem Start des Barbie-Films. "Er ist nur ein Accessoire und nicht einmal eines der coolen."

Aus der ursprünglichen Werbung ging hervor, dass die Rolle des Ken ungewöhnlich für Gosling war, der oft komplexe und gestörte männliche Charaktere darstellt. In "Blade Runner" 2049 zum Beispiel spiegelte seine Rolle das Gefühl wider, sich nicht nur einsam zu fühlen, sondern auch in einer Welt verloren zu sein und zu versuchen, einen Sinn darin zu finden.

Dies steht in krassem Gegensatz zu Kens anfänglicher Darstellung als anhänglicher, nicht durchsetzungsfähiger Einfaltspinsel, der sich insgeheim darüber ärgert, in der Friendzone zu sein. Wie es auf dem berüchtigten Barbie-Poster heißt: "Sie ist alles. Er ist nur Ken."

Die Worte auf dem Plakat spiegeln das Zitat von Gloria Steinem wider: "Eine Frau braucht einen Mann wie ein Fisch ein Fahrrad". Wozu braucht Barbie Ken? Sie ist die ultimative Chefin, mit ihrem Engagement für ihre Jobs und ständigen Partys mit Freunden. Dies ist das Ideal, das der moderne Feminismus verkauft: Alles, was Männer können, können Frauen besser.

Diese herabsetzende Haltung gegenüber Männern macht auch vor dem Barbie-Film nicht halt. Ähnlich wie die Critical-Race-Theory ihre Aufmerksamkeit auf weiße Menschen richtet, anstatt Menschen anderer Hautfarbe zu unterstützen, macht die kritische feministische Theorie Männer nieder, anstatt sich mit den wirklichen Sorgen von Frauen zu befassen. Bei der Diskussion über häusliche Gewalt und sexuelle Übergriffe geht es selten um die Opfer, sondern immer nur um Männer, die nichts damit zu tun haben. Man denke nur an den Hashtag "Tötet alle Männer", der (…) in den sozialen Medien kursierte. Auch die #MeToo-Bewegung hat sich nicht zu einem Unterstützungssystem für Überlebende entwickelt. Stattdessen schürte sie ein toxisches Umfeld rund um ein sehr sensibles Thema, das eine angemessene Diskussion verdient.

Die Stimmung im Mainstream zum Thema Männer ist derjenigen der Schriftstellerin und selbsternannten Misandristin Pauline Harmange nicht unähnlich, die mit ihrem 2020 erschienenen Bestseller "I Hate Men" bekannt wurde. Harmange schreibt: "Was, wenn Frauen gute Gründe haben, Männer zu verabscheuen? Was ist, wenn die Wut auf Männer tatsächlich ein freudiger und emanzipatorischer Weg ist, wenn man ihr erlaubt, sich zu äußern?"

Diese misandristische Haltung ist nicht am Rande der radikalfeministischen Kreise geblieben, sondern gilt heute als hip und trendy. Vor ein paar Monaten beschloss ich, ein soziales Experiment durchzuführen, bei dem ich die Leute fragte: "Sind Männer wichtig?" und "Sind Frauen wichtig?". Während die Befragten leicht sagen konnten, dass Frauen wichtig sind, machten sie ebenso leicht Witze über die Unwichtigkeit von Männern. Ein Mann brauchte ganze zweiundzwanzig Sekunden, bevor er die einfache Frage beantwortete. Selbst nachdem er so lange darüber nachgedacht hatte, konnte er nur die Worte murmeln: "Ich denke, dass das, was Männer traditionell definiert, die traditionell männlichen Bereiche dessen, was Männer tun, ich denke, dass einiges davon in der Gesellschaft wichtig sein mag, aber ich denke, dass es in der Gesellschaft einen zu hohen Stellenwert erhalten hat."

Wo genau hat Männlichkeit in der Gesellschaft einen zu hohen Stellenwert erhalten? Nicht einmal traditionell männliche Dinge sind für Männer sicher, von der berüchtigten Gillette-Werbung "Toxic Masculinity" bis hin zu Bud Light, das Dylan Mulvaney als Werbeträger für sein Bier einsetzt. Es gibt eine Mission, die "gläserne Decke" mit jedem männlich dominierten Angestelltenjob zu durchbrechen, während die meisten männlich dominierten Arbeiterjobs als zu unbedeutend angesehen werden, als dass Feministinnen eine Kampagne dazu starten könnten.

Feministinnen beteuern immer wieder, dass Frauen keine Männer brauchen, aber es ist fast unbestreitbar, dass Männer Frauen brauchen. Männer werden durch ihre Erfahrungen mit Frauen mit den Bezeichnungen "Simp", "Incel" und "Chad" bewertet. Die ersten beiden gelten als sexuell unerwünscht, und die letzteren werden als schädlich für die Erfüllung einer traditionell männlichen Rolle angesehen.

In der Realität fühlen sich Männer nutzlos und Frauen ausgenutzt. Dies hat zu dem Trend der "weiblichen Wut" geführt. Paris Palomas neuester Song "Labour" zeigt, wie ärgerlich es ist, in einer Beziehung alles tun zu müssen: "Therapeutin, Mutter, Mädchen, Nymphe, dann Jungfrau, Krankenschwester, dann Dienerin" zu sein. Während sie die weiblichen Aspekte einer Beziehung erfüllt, ist sie frustriert, dass ihr Partner nicht das Gleiche mit den männlichen Elementen tut. Sie erwartete, dass er ihr "Retter" sein würde, doch er wurde dieser männlichen Rolle nicht gerecht.

Die moderne Gesellschaft erwartet von Frauen, dass sie sowohl die Ernährerinnen als auch die Hausfrauen sind, wobei sie ersterem Vorrang vor letzterem einräumen. Trotzdem erledigen Frauen immer noch den Großteil der Hausarbeit und der Kinderbetreuung. Das ist die Realität, wenn ein Mann nur als "Accessoire" gesehen wird, wie Gosling es ausdrückte.

Die Idee, einen Mann traditionell männliche Aufgaben übernehmen zu lassen, wird immer wieder verteufelt. Der Film "Don't Worry Darling" versucht zu zeigen, wie schrecklich es ist, Männer männlich sein zu lassen. Er erzählt die Geschichte eines Paares (gespielt von Florence Pugh und Harry Styles), das in einer idyllischen Firmenstadt lebt, in der alle Frauen Hausmütterchen und die Ehemänner erfolgreiche Geschäftsleute sind. Pughs Figur scheint glücklich zu sein, mit einer Gruppe von Freundinnen und in einer liebevollen Ehe. Der Haken an der Sache ist, dass die Stadt nur eine Simulation ist. In der realen Welt hat Styles Figur seinen Job verloren und in dem Versuch, seine Männlichkeit zurückzugewinnen, setzt er Pugh ohne ihr Wissen in die Simulation.

Der Film schafft es nicht, den Zuschauer davon zu überzeugen, dass das simulierte Leben ein schlechtes ist. Pughs Figur scheint in der Simulation viel glücklicher zu sein als in ihrem überlasteten Job zur Unterstützung des arbeitslosen, faulen und verärgerten Jack. Natürlich ist es unmoralisch, jemanden ohne seine Zustimmung in eine Simulation zu zwingen - aber "Don't Worry Darling" zeigt die Realität von Frauen und Männern, die im Vergleich zu der Erfüllung, die sie in traditionelleren Rollen finden könnten, ihren Sinn verlieren.

Viele Männer brauchen traditionellere männliche Bestrebungen, um ein Gefühl von Identität und Wert zu finden. Sie dürfen sich nicht klar äußern, weil man ihnen sonst Mansplaining vorwirft. Wenn sie ritterlich sind, wird ihnen vorgeworfen, dass sie Frauen nicht als gleichwertig ansehen.

Männer gelten bei Arbeitgebern oft als unerwünscht, da die Unternehmen dazu angehalten werden, "die gläserne Decke zu durchbrechen". Die Royal Air Force diskriminierte bei der Einstellung weißer Männer, da sie ihr Personal anwies, keine "nutzlosen weißen männlichen Piloten" einzustellen. Im Bildungswesen wird das Leistungsgefälle zwischen männlichen und weiblichen Studenten als Erfolg des Feminismus und nicht als Problem der Männer angesehen.

Feministinnen beschweren sich über den Aufstieg von Persönlichkeiten wie Andrew Tate oder den Aufstieg der "Incel"-Gemeinschaft, als ob sie nicht ein Produkt der Ausgrenzung von Männern wären. Während sie verkünden, dass "toxische Männlichkeit nicht bedeutet, dass Männlichkeit toxisch ist", versäumen sie es zu erklären, wie ihrer Meinung nach eine gesunde Männlichkeit aussehen würde, ohne schlicht Weiblichkeit zu beschreiben.

Ist es angesichts der zunehmenden Abwesenheit von Vätern und zerrütteten Familienverhältnissen sowie der negativen Darstellung von Männern in den Medien verwunderlich, dass sich Männer zu den Botschaften von Andrew Tate hingezogen fühlen, der ihnen erlaubt, sie selbst zu sein?

Ironischerweise (und höchstwahrscheinlich unbeabsichtigt) zeigt der Barbie-Film das Ergebnis einer Gesellschaft, die Männer ignoriert und sie ihrer Aufgabe beraubt. Gosling hat es nicht versäumt, eine weitere "Buchstäblich-ich"-Figur zu spielen, wie die zahllosen Edits von Ken auf TikTok zeigen, die von "I'm Just Ken" bis hin zu Postings reichen, in denen sie "Kenough" sind. Für desillusionierte Männer repräsentiert Ken einen Mann, der darum kämpft, in einer Gesellschaft, die ihn entmannt, einen Wert zu finden.

Im Film versucht Ken, in Barbieland ein "Patriarchat" zu errichten, das aus Pferden und Minibars besteht. Der Barbie-Film ist zwar eine heitere Komödie, warnt aber vor den Folgen, die entstehen, wenn man Männer ignoriert, abwertet und verhöhnt. Ein Sprichwort lehrt uns, dass das Kind, das nicht vom Dorf umarmt wird, es niederbrennen wird, um seine Wärme zu spüren.




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