Irre: So haben junge New Yorker inzwischen Sex – News vom 9. September 2018
1. In der New York Times schildert Courtney Sender, warum sie ihre letzte sexuelle Begegnung nicht so erquickend fand:
Wir hatten uns über Tinder kennengelernt. Ich war fast 30 und er war 24, aber unsere Alterslücke schien irgendwie viel größer als fünf Jahre. Nicht, weil er sich besonders jung verhielt. Sondern eher, weil er, wenn es um Sex und Vorspiel ging, sich so anders verhielt als Männer in meinem Alter und um meine Zustimmung zu fast allem bat.
"Ist es in Ordnung, wenn wir ins Schlafzimmer gehen?", sagte er.
Ich lächelte und führte ihn dorthin.
Er zerrte am Saum meines Pullovers und sagte: "Ist es in Ordnung, wenn ich das ausziehe?"
Ich nickte. Darunter trug ich ein dünnes Tanktop.
"Kann ich das auch ausziehen?", sagte er.
Ich lachte. "Natürlich!"
Es ging los.
Er küsste mein Schlüsselbein. Ich atmete in seine Halsbeuge und zog sein Hemd aus. Er fingerte den Verschluss meines BHs.
"Ist es in Ordnung, wenn ich das ausziehe?", sagte er.
Ich glaube, ich habe geschnaubt. "Als du nach dem Pullover gefragt hast, war das mein Ja von der Taille nach oben."
Er sah verängstigt aus. Irgendwo in unserer fünfjährigen Alterslücke muss sich in der Sexualerziehung ein dramatischer Wandel vollzogen haben. Ich spürte, dass dies eine andere Art von Verbindung sein würde, als ich es gewohnt war, aber ich konnte nicht vorhersagen, wie.
Ich legte mich auf mein Bett, und er lag neben mir.
"Ist das in Ordnung?", sagte er.
"Ich habe einen Kerl von Tinder an einem Wintertag in meine leere Wohnung eingeladen", sagte ich. "Nehmen wir an, du hast eine generelle Einwilligung."
"Ich fühle mich damit nicht wohl."
Ich sah seine ernsten Augen, Haare, die in sein Gesicht fielen, Stoppeln, die meine Haut bereits röteten (ich hatte bereits entschieden, dass es mir nichts ausmachte). Hatte ich nicht schon mehrmals ja gesagt? Lag ich nicht bei ihm, mein Bein warf sich über seins, mein ganzer Körper wölbte sich auf ihn zu?
Dann hob er meinen Arm über meinen Kopf, legte seine Lippen auf die weiche Haut meines Innenarms und leckte mich von Achsel zu Ellbogen.
Ich zog meinen Arm weg.
"Ist das in Ordnung?", sagte er. "Bist du okay?"
Ich war seit mehr als einem Jahrzehnt Single und sexuell aktiv und hielt mich für sexuell befreit, aber ich konnte mich nicht daran erinnern, dass das jemand mit mir getan hatte. "Es ist nur sehr intim", sagte ich.
Jetzt war er derjenige, der lachte. "Das ist intim?", sagte er.
"Ja", sagte ich. "Das ist es."
Er und ich schienen so unterschiedliche Auffassungen darüber zu haben, welche Handlungen als akzeptabel angesehen wurden und welche der Zustimmung bedurften.
Irgendwann legte er seine Hand auf meinen Hals und fragte, ob der Druck in Ordnung sei.
"Ich sage es dir, wenn ich sterbe", scherzte ich.
An einem anderen Punkt küsste er mich von Stirn bis Fuß und sagte: "Ich glaube, das ist überall." Und ich hätte ihm fast gesagt, dass das unfair ist; er hatte nicht um meine Zustimmung gebeten. Obwohl ich zu allen möglichen sexuellen Berührungen ja sagen würde, hatte diese Süße die Kraft, mir das Herz zu brechen.
Einmal fragt sie ihn, ob eine bestimmte Handlung für ihn in Ordnung ist, was erkennbar Neuland für sie darstellt:
Ich rutschte auf ihn, küsste ihn, fing an, seinen Gürtel aufzuschnallen. Seine Hüften wölbten sich zu mir, aber ich hielt inne. Lerne, sagte ich mir selbst. Ich sagte: "Ist das in Ordnung?"
Er war verblüfft. "Ich frage dich das", sagte er.
"Warum?"
"Weil ich derjenige bin, der dich dazu bringen könnte, etwas zu tun, was du nicht tun willst", sagte er. "Nicht umgekehrt."
Das war wahrscheinlich wahr, physisch gesehen. Er war einen Kopf größer als ich und wahrscheinlich doppelt so stark. Wenn er mich gegen meinen Willen festhalten wollte, hätte er es tun können.
Aber das war nicht das, was er versuchte zu tun. Er und ich genossen eine gegenseitig gewünschte sexuelle Erfahrung, und mit dieser Unterscheidung importierte er die Sprache der Nötigung und des Übergriffs in gesunden Sex.
Ich glaube nicht, dass ER die Sprache von Zwang und Übergriffen in gesunde sexuelle Beziehungen hinein geschleppt hat. Er übernimmt etwas, was andere ihm mit erheblichem moralischen Druck aufgedrängt haben. In New York gilt die "Nur-ja-heißt-ja"-Gesetzgebung, nach der jeder Partner (was faktisch heißt: jeder Mann) vor jeder neuen sexuellen Berührung die (enthusisastische) Einverständnis des anderen einholen muss, wenn er nicht in den Knast wandern will. Nur macht das bislang natürlich kaum jemand (Rape Culture). Aber dieser junge Mann macht das. Und wir wissen nicht, ob er ein Einzelfall ist oder typisch für seine Generation – die Autorin selbst vermutet ja Letzteres. ("Irgendwo in unserer fünfjährigen Alterslücke muss sich in der Sexualerziehung ein dramatischer Wandel vollzogen haben.)
Wir wissen nach ihrem Bericht allerdings eines: Dieses politisch durchgesetzte Verhalten nervt im realen Leben wie Hölle.
In dieser Art geht dieser Artikel jetzt noch ein paar Seiten lang weiter, bis Courtney Sender zum Ende kommt: Irgendwann im Laufe ihrer Beziehung meldet sich der Typ nicht mehr bei ihr. Worauf sie feststellt, dass sie ihm DAZU nicht ihre Einwilligung gegeben hat, weshalb dieses Verhalten der Konsens-Kultur beim Sex komplett zuwiderlaufe:
Eine Kultur des Einverständnisses sollte eine Kultur der Fürsorge für den anderen Menschen sein, in der die Menschlichkeit des anderen gesehen und geehrt wird und in der Wege gefunden werden, sich mit Sex zu beschäftigen, während unsere Menschlichkeit intakt bleibt. Es sollte eine Kultur sein, in der sich der andere gut und nicht schlecht fühlt.
Und wenn das das Ziel ist, dann funktioniert die Zustimmung nicht, wenn wir sie ausschließlich in den sexuellen Bereich verbannen. Unser Körper ist nur ein Teil der komplexen Konstellation dessen, wer wir sind. Unsere Kultur der Zustimmung allein auf den Körper zu gründen, bedeutet zu erwarten, dass die Pflege nur das Physische umfasst.
Ich wünschte, wir könnten die Zustimmung als etwas betrachten, das weniger um Vorsicht als vielmehr um die Fürsorge für die andere Person, die ganze Person, geht, sowohl während einer Begegnung als auch danach, wenn wir oft am verletzlichsten sind.
Weil ich nicht glaube, dass viele von uns Ja zur Frage "Ist es in Ordnung, wenn ich so tue, als würde ich mich um dich kümmern und dann verschwinden?" sagen würden.
Kurz: Die New-York-Times-Autorin wünscht sich einen Lover, der sie nach ihrer Einwilligung zu sexuellen Aktionen fragt, wenn sie sich das insgeheim wünscht, der die Klappe hält, wenn sie solche Fragen als störend empfindet, und der sie auch um Erlaubnis fragt, bevor er den Kontakt beendet. Eigentlich möchte sie gerne alles an ihm so einstellen, dass es exakt ihren Wünschen entspricht und keinerlei Störfunktionen auftreten.
Man sollte JETZT in Firmen investieren, die damit anfangen, bis ins Kleinste programmierbare Sex-Roboter zu produzieren. MeToo hat unsere Gesellschaft mehr als ausreichend dafür vorbereitet.
2. Auch in der Schweiz wird es zunehmend neurotisch:
Eine Studentin entdeckt auf Tinder ein Profilbild, das sie stutzig macht. Sie begegnet auf der Online-Dating-Plattform einem Lehrbeauftragten, bei dem sie schon im Hörsaal sass. Aus Neugier stimmt sie einer Kontaktaufnahme zu. Auch er will mehr über die Frau auf dem Foto erfahren. Sie teilt ihm darauf mit, sie sei eine seiner Studentinnen. Sie hätte erwartet, dass er deshalb den Kontakt abbricht. Doch er schlägt vor, sich via Facebook weiter zu unterhalten. Nun beendet sie die Unterhaltung. Wie die Affäre ausgegangen wäre, bleibt ein Gedankenspiel. Dennoch hat die flüchtige Bekanntschaft an der Universität Fribourg Folgen.
Hier geht es mit Andreas Maurers Artikel über die dadurch entstandene Kontroverse lustig weiter, bis er zu folgendem Fazit gelangt:
[Der Fribourger Strafrechts- und Rechtsphilosophieprofessor Marcel Alexander Niggli] bestreitet auf Nachfrage, dass Sexismus an der Universität ein reales Problem sei. Kollegen hätten ihm schon vor 20 Jahren geraten, er solle die Bürotüre offenlassen, wenn er eine Besprechung mit einer Studentin habe. So könne er verhindern, dass ein falscher Verdacht entstünde. Er habe sich nie an den gut gemeinten Rat gehalten. Denn: "Zustände wie an US-Universitäten müssen wir bei uns verhindern. Sonst wird das Vertrauensverhältnis zwischen Lehrern und Schülern zerstört." In den letzten zwanzig Jahren habe er von keiner einzigen Beschwerde gehört wegen sexueller Belästigung. Er wäre "sehr erstaunt", wenn eine Universität mit Zahlen belegen könnte, dass Sexismus auf dem Campus tatsächlich ein verbreitetes Problem sei.
Dass die Universitäten mittlerweile Gleichstellungsbüros eingerichtet und Anti-Sexismus-Kampagnen lanciert haben, hält Niggli für übertrieben. Er erklärt sich den Aktivismus so: "Das ist ein symbolischer Diskurs, der weniger auf einem tatsächlichen Problem basiert als auf medialer Berichterstattung."
Jeremy Stephenson, Integritätsbeauftragter der Universität Basel und ehemaliger Basler Strafgerichtspräsident, hat Nigglis Essay gelesen. Er bezeichnet die Überlegungen als "hochinteressant". Er teilt die Einschätzung, dass die Studentin etwas zu einem Problem mache, das eigentlich keines sei. Ein Problem entstünde erst, wenn der Lehrbeauftragte psychischen oder physischen Druck auf die Studentin ausüben würde. Doch das habe er offenbar nicht getan. "In der aktuellen Sexismus-Debatte neigen wir leider dazu, alle möglichen Lebensbereiche zu problematisieren", sagt er. Als Beispiel nennt er die Diskussion um den Sommerhit "079" der Berner Musiker Lo & Leduc: "Wenn dieser Song sexistisch sein soll, dürften wir die meisten Rock-’n’-Roll-Hits nicht mehr hören. Sogar auf Schlager müssten wir verzichten."
Dennoch sagt Stephenson: "Wenn ein Lehrbeauftragter auf Tinder geht, begibt er sich auf Glatteis." Der Freiburger Dozent habe aus seiner Sicht zwar nichts falsch gemacht. Dennoch würde er ihm davon abraten, sich so zu verhalten. "Die Sexismus-Debatte bringt viele Männer in eine heikle Situation", meint er. Man müsse Problemen – auch wenn es nur vermeintliche seien – aus dem Weg gehen.
Mit anderen Worten: Für Männer wurde die liberale Gesellschaft, sobald es um Kontakte zum anderen Geschlecht geht, infolge einem Scheinproblem, das auf medialer Berichterstattung basiert, abgeräumt.
3. Die Linke blamiert sich auf Twitter mit dem Statement:
Auch Wohnungslosigkeit hat ein Geschlecht. Mehr als 100.000 Frauen in Deutschland sind wohnungslos.
(Natürlich sind Obdachlose nach wie vor weit überwiegend männlich.)
4. Der Mathematikprofessor Theodore Hill entwickelte ein Modell, um die Erkenntnis zu erklären, dass Männer im Schnitt eher in Extrembereichen zu finden sind als Frauen. Das kennen wir schon aus der Gaußkurve über die Verteilung der menschlichen Intelligenz: Frauen finden sich in der statistischen Gesamtsicht tendenziell eher im Mittelfeld, Männer eher bei den Extremwerten, also unter den Stockdoofen ebenso wie unter den Nobelpreisträgern und Schach-Großmeistern. Diese statistische Verteilung erklärt ohne das Konstrukt der "patriarchalen Unterdrückung", die "auch Männern schadet", warum Männer sich weit eher in den Spitzenpositionen unserer Gesellschaft finden, aber auch weit eher unter Problemgruppen.
Professor Hills Modell durchlief zunächst die üblichen Stationen vor der Veröffentlichung einer wissenschaftlichen Arbeit. In diesem Bereich erwies es sich als absolut sauber. Trotzdem wurde seine Veröffentlichung von der dafür vorgesehenen Zeitschrift unterdrückt – nicht auf wissenschaftlicher Basis, sondern weil sie sowohl "von Rechten aufgegriffen" als auch bei "leicht beeinflussbaren jungen Frauen Schaden anrichten" könnte. Leserinnen könnten den Eindruck gewinnen, dass jemand die Autorität der Mathematik benutzt, um sexistische Ideen durchzusetzen. Prinzpien wie die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Wissenschaft hätten manchmal gegenüber anderen Prinzipien zurückzustehen. Der Wissenschaftsverlag "Springer" und die Mathematkprofessorin Arnie Wilkinson unterstützten diese Argumentation.
Daraufhin, berichtet Professor Hill, geschah folgendes:
Am 13. Oktober erschien eine Rettungsleine. Igor Rivin, Redakteur der angesehenen Online-Forschungszeitschrift "New York Journal of Mathematics", nahm Kontakt mit mir auf. Er hatte von dem Artikel durch meinen ehemaligen Co-Autor erfahren, die archivierte Version gelesen und mich gefragt, ob ich einen neu überarbeiteten Entwurf zur Veröffentlichung einreichen möchte. Rivin sagte, dass Mark Steinberger, der Chefredakteur der NYJM, ebenfalls sehr angetan sei und dass sie zuversichtlich seien, das Papier zügig bewerten zu können. Ich habe rechtzeitig einen neuen Entwurf vorgelegt (diesmal als alleiniger Autor), und nach einer sehr positiven verlaufenen wissenschaftlichen Prüfung und einigen kontrollierten Revisionen schrieb Steinberger an die Bestätigung der Veröffentlichung am 6. November 2017. Erleichtert, dass die Tortur endlich vorbei war, leitete ich den Link an interessierte Kollegen weiter.
Drei Tage später war das Papier jedoch verschwunden. Und ein paar Tage später erschien ein völlig anderes Papier verschiedener Autoren an genau der gleichen Seite des gleichen Bandes (NYJM Band 23, S. 1641+), auf der sich einst meines befand. Wie sich herausstellte, ist Amie Wilkinson mit Benson Farb verheiratet, einem Mitglied der NYJM-Redaktion. Als er erfuhr, dass die Zeitschrift meine Arbeit veröffentlicht hatte, hatte Professor Farb eine wütende E-Mail an Steinberger geschrieben und gefordert, sie sofort zu löschen. "Rivin", beschwerte er sich, "ist bekannt als eine Person mit extremistischen Ansichten, die gerne Kämpfe über aufrührerische Aussagen führt." (...) Meine Arbeit sei "politisch aufgeladen" und "Pseudowissenschaft" und "ein Stück Mist", und durch die Ermutigung der NYJM, sie zu akzeptieren, hatte Rivin "eine wissenschaftliche Pflicht für rein politische Zwecke verletzt".
Ohne von all dem zu wissen, schrieb ich am 14. November an Steinberger, um herauszufinden, was passiert war. Ich habe darauf hingewiesen, dass, wenn die Löschung dauerhaft wäre, sie mich in eine unmögliche Lage bringen würde. Ich könnte nirgendwo anders nachveröffentlichen, weil ich kein Copyright-Formular unterschreiben könnte, in dem erklärt wird, dass dieses Papier nicht bereits an anderer Stelle veröffentlicht wurde. Steinberger antwortete später am selben Tag. Die Hälfte seines Vorstands, erklärte er unglücklicherweise, hatte ihm gesagt, dass sie alle zurücktreten und das Journal, das er 25 Jahre zuvor gegründet hatte, attackieren würden, "bis es stirbt", wenn er den Artikel nicht zurückziehen würde. Angesichts des Verlustes seines eigenen wissenschaftlichen Nachlasses hatte er aufgegeben. "Eine Veröffentlichung in einem toten Journal", argumentierte er, "würde Ihnen nicht helfen."
Die Kollegen, mit denen ich gesprochen habe, waren entsetzt. Keiner von ihnen hatte je davon gehört, dass ein Papier in irgendeinem Fachbereich nach der formalen Veröffentlichung verschwunden war. Vor der Veröffentlichung abgelehnt? Natürlich. Zurückgezogen? Ja, aber erst nach einer Untersuchung, deren Ergebnisse dann zur Erklärung veröffentlicht werden. Aber einfach verschwunden? Niemals. Wenn eine formal referenzierte und veröffentlichte Arbeit später aus dem wissenschaftlichen Verzeichnis gelöscht und durch einen ganz anderen Artikel ersetzt werden kann, ohne Diskussion mit dem Autor oder Ankündigung in der Zeitschrift, was bedeutet das für die Zukunft der elektronischen Zeitschriften?
Das Magazin Quillette berichtet ausführlich.
<< Home