Ein Nachspiel: Wie sich Ministerin Barley bei "Hart aber fair" blamiert hat – News vom 9. Februar 2018
1. Vor ein paar Tagen noch hatte die Huffington Post den Auftritt von Frauenministerin Barley (SPD) bei "Hart aber fair" gefeiert. Inzwischen zeigte sich, dass sie sich einen üblen Schnitzer geleistet hatte. Alexander Wallasch berichtet auf der Website von Roland Tichy über das Nachspiel von Barleys Auftritt.
2. Auch Lucas Schoppe und MANNdat haben sich unsere neue Regierung näher angesehen. So wie der Artikel von Alexander Wallasch sind auch diese Analysen in Gänze lesenswert.
3. Mit Heinrich Schmitz erläutert ein weiterer Jurist, wie sich die "Zeit" im Umgang mit Dieter Wedel vergallopiert hat: Das Blatt habe eine Grenze überschritten, urtelt Schmitz, "und der Rest der Medien macht munter mit, als hätte es die Fälle Kachelmann, Gina-Lisa Lohfink oder Andreas Türck nicht gegeben."
Diese mediale Vernichtung eines Menschen, die durchaus auch mit eine physischen Vernichtung einher gehen kann, gilt es zu vermeiden. Ich habe erlebt, dass Mandanten, denen der Vorwurf einer Sexualstraftat gemacht wurde – und die ich jedenfalls schon mal für unschuldig hielt – Suizid begingen, weil über ihren Fall berichtet wurde. Auch ich habe erlebt, dass es im zeitlichen Zusammenhang mit so einem Vorwurf über den lediglich eine Lokalzeitung ohne Namensnennung berichtete, zu einem Herzinfarkt kam.
Wie will man solche Medienberichte jemals zurückholen, wenn sich die ganzen Vorwürfe als heiße Luft entpuppen? Mit einem Vierzeiler im hinteren Teil einer Zeitung ist es da nicht getan. Durch die Berichterstattung fühlt sich jetzt jedermann berufen, Herrn Wedel nach Kräften zu beleidigen, ihn als Arschloch zu bezeichnen und Anekdoten vom Stapel zu lassen, die ihn als Drecksack dastehen lassen. Mag sein, dass hier auch noch Trittbrettfahrerinnen auflaufen und weitere Behauptungen aufstellen werden. Klar könnte Wedel versuchen, gegen eine ausufernde und unfaire Verdachtsberichterstattung vorzugehen. Damit sammelt er aber nur einzelne Artikel und Berichte ein. Seinen bereits jetzt ruinierten Ruf wird er nie mehr wiederbekommen. Da wünscht man sich ja direkt, dass er tatsächlich schuldig ist und nicht als Unschuldiger die Reality-Version einer Hexenjagd durchmachen muss.
4. Warum kommen solche Einwände regelmäßig von außerhalb des journalistischen Sektors, wo MeToo kaum kritisiert werden darf? Das beleuchtet ein aktuelles Interview mit der MeToo-Kritikerin Katie Roiphe, die auch schildert, wie frostig das Klima in den USA durch MeToo insgesamt geworden ist:
Wenn ich keine Festanstellung an der New York University hätte, wüsste ich nicht, ob ich meinen Artikel geschrieben hätte. Ich bin glücklich, eine bestimmte Jobsicherheit zu haben, die Leute nicht haben. Und es gibt definitiv Leute, die bei meiner Universität anrufen und versuchen, mich jeden Tag feuern zu lassen. Es gab Leute, die diese Anrufe und Tweets machten, und die Leute drohten mir auf Twitter: "Dein Job ist vorbei, deine Karriere ist vorbei". Und wenn Sie ein Schriftsteller oder ein freiberuflicher Schriftsteller oder ein Romanautor sind, haben Sie nicht unbedingt das Gefühl, dass Sie diese Art von Bedrohung ertragen können. Ich habe sicherlich mit vielen Leuten gesprochen, die sagen: "Ich kann das nicht schreiben, weil ich Angst um meinen Lebensunterhalt habe".
(...) Ich habe Briefe von Leuten erhalten, die meinen Artikel schätzen und Dinge schreiben wie: "Total anonym, ich denke, dein Beitrag ist brillant" oder "Du kannst verstehen, dass ich auf meine private E-Mail schreibe, nicht auf meine Büro-E-Mail. Ich wollte nur sagen, dass ich deinen Beitrag zu schätzen weiß."
Dasselbe erlebe ich regelmäßig bei Genderama. Leser, die mir schreiben, bitten mich immer wieder explizit, bei Veröffentlichung ihrer Zuschrift bloß nicht ihren Namen zu erwähnen. Warum schreiben die meisten Journalisten denn entweder gar nicht oder nur abfällig über die Männerbewegung und über Feminismuskritik? Und das obwohl die Presse mit ihrer offenkundigen Einseitigkeit beständig an Auflage verliert? Das Klima der Angst findet man mit Sicherheit auch in deutschen Redaktionen. Lieber gemeinsam mit etlichen anderen den Arbeitsplatz verlieren als als Einzelner ausgegrenzt und zur Unperson erklärt zu werden.
Viele Leute schreiben mir, dass sie in einem Büromeeting waren und ihnen dort gesagt wurde: "Du hast kein Recht, dazu eine Meinung zu äußern." Menschen berichten mir aus allen möglichen Blickwinkeln über ihre eigene persönliche Erfahrung mit diesem Gefühl, zum Schweigen verdammt zu sein. Und ich glaube, die Menschen sind besorgt, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren. Ich höre auch Männer, die sich Sorgen um einen Vorfall machen, der vor fünf Jahren passiert ist. Und wenn sie dir diese Geschichte erzählen, ist es die langweiligste Geschichte der Welt. Aber sie sind besorgt, dass dieser wirklich triviale unangenehme Moment sich in etwas verwandeln wird, das zu ihrer Entlassung führt. Die Leute machen sich Sorgen darüber. Wenn sie freiberufliche Autoren sind, sind sie besorgt, dass sie nicht in der Lage sein werden, Aufträge zu bekommen. Die Menschen sind besorgt über die beruflichen Auswirkungen, und ich verstehe warum.
(...) Es war ein Redakteur des Magazins "Esquire", der eine Halloween-Maske aus meinem Gesicht gemacht hat: Diese Person geht zu seinem Arbeitsplatz und verhält sich tagsüber normal. Einige dieser Leute sind Redakteure beim New Yorker. Diese Leute sind die wortführer in unserer Gesellschaft. Ich arbeite an einer Universität und das sehe ich auch dort. Es gibt eine sehr große Anzahl von Leuten, die das Gespräch führen, die wirklich denken, und sie glauben, dass jemand wie ich, der von der Menschheit verunglimpft und verstoßen werden sollte, nicht für eine Zeitschrift schreiben darf. Die bloße Erwähnung meines Namens bedeutet, dass ich boykottiert oder gefeuert werden sollte. Dazu gehört ein stalinistisches Element, muss ich sagen. Es ist ein Mangel an Glauben an die Meinungsfreiheit.
5. In der Schweiz immerhin (in der Neuen Zürcher Zeitung und in der Basler Zeitung) findet man immer noch offen kritische Beiträge zu der aktuellen Entwicklung:
Die Hysterie, mit der die #MeToo-Debatte im Westen geführt wird, ist eine Verhöhnung all jener Frauen, die in Ländern leben, die ihre Rechte wirklich beschränken, nur weil sie Frauen sind.
So argumentiert Martin Senn mit besonderem Blick auf das Verhalten Anne Wizoreks bei "Maybrit Illner" in der Basler Zeitung.
6. Ein Schlussstrich unter MeToo wäre wie ein Schlussstrich unter den Holocaust, findet der Schauspieler Ulrich Matthes.
7. Um Zensur als Folge der MeToo-Debatte geht es heute Nachmittag im Radio-Talk beim SWR: Sind Schurken schlechte Künstler?
Kevin Spacey, Dieter Wedel, Balthus und Chuck Close, John William Waterhouse und Eugen Gombringer, Bruce Weber und James Levine. Sie alle haben ein paar Dinge gemeinsam: sie sind Künstler, sie sind Männer, und sie sollen sexuell übergriffig geworden sein, in Gedanken, Worten oder Taten. Deswegen werden sie aus Filmen herausgeschnitten, wird ihre Kunst aus Museen und Konzertsälen verbannt oder einfach übermalt. Künstler dürfen Monster sein, aber nur in ihrer Phantasie, andernfalls sollen sie künstlerisch verstummen. Aber darf man die Kunst büßen lassen dafür, was ihrem Urheber zur Last gelegt wird? Wer entscheidet, welche Kunstwerke nicht mehr oder gerade noch vorzeigbar sind? Droht der Kunst die Zensur? Und was besagt all das über den Kunstbetrieb?
Eugen Gomringer dürfte sich freuen, mit seinem Frauen-Blumen-Alleen-Gedicht in einem Zusammenhang mit "Monstern" genannt zu werden.
Gestern schon war übrigens dasselbe Thema Anlass einer Radiosendung beim Hessischen Rundfunk. Claudia Sautter ist die Moderatorin; die Sendung hat also vermutlich einen feministischen Touch. (Ich habe sie mir selbst noch nicht angehört.)
8. Ein Vater half beim Kindergarten-Fest. Das Urteil: 500 Euro Strafe.
9. Eine Schule in den USA sagte den dort traditionellen Vater-Tochter-Tanz ab, um die Gender-Richtlinien nicht zu verletzen. Die entstandene Empörung breitete sich aus bis zum Sohn von Donald Trump.
10. Vor einigen Tagen verlinkte Genderama einen englischsprachigen Beitrag, der erklärte, warum männliche Uber-Fahrer mehr als ihre Kolleginnen verdienen. Inzwischen verwendet die Frankfurter Allgemeine, diese Analyse, um zu erklären, wie die Gehaltslücke zwischen Frauen und Männern zustande kommt.
11.
Mehr Wirbel als erwartet hat eine Gender-Tagung der Konrad-Adenauer-Stiftung kürzlich in Mainz ausgelöst. Das Schwulenreferat im Asta der Universität Mainz rief zu einer Gegendemo auf. Bento, die Jugend-Ausgabe des Magazins "Spiegel" im Internet, und das Online-Magazin Queer.de versuchten, die Tagung der CDU-Parteistiftung niederzuschreiben. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag von Rheinland-Pfalz, Bernhard Braun, verbreitete den Bento-Artikel über die Internet-Plattform Twitter und wähnte bei der CDU das Ende der Gleichberechtigung gekommen. Das Schwulenreferat spricht gar von "salonfähigem Rechtsextremismus".
Hat sich die Empörung gelohnt? Die katholische Tagespost berichtet über die angeprangerte Veranstaltung.
12. In den letzten Tagen sind vermehrt rechte Feministinnen ins Rampenlicht getreten. Die linken versuchen, damit irgendwie umzugehen, aktuell mit der Behauptung, so etwas wie rechten Feminismus könne es gar nicht geben. Christian Schmidt betrachtet diese Ausflucht genauer.
13. Es wird täglich bekloppter.
14. Die Post. Damit im Koalitionsvertrag von Union und SPD Männer überhaupt irgendwie erwähnt werden, fand darin ja folgende Worthülse Eingang:
Zeitgemäße Gleichstellungspolitik nimmt auch Jungen und Männer in den Blick. Auch sie müssen sich auf gesellschaftliche Entwicklungen und neue Anforderungen einstellen. Dies wollen wir politisch unterstützen.
Dazu schreibt mir einer meiner Leser:
Wie sich das schon anhört: Wir müssen uns auf etwas einstellen. Das klingt nach "Schaut mal zu, dass Ihr Euch ändert".
Im Übrigen stimmt das aber nicht, was dort geschrieben wird. Es ist keineswegs so, dass sich für Männer irgendetwas verändert hat. Dieses einseitig gynozentrische Geichstellungszeug ist ja der beste Beweis dafür: Von Männern wird nicht angenommen, dass sie Unterstützung benötigen, ihre Befindlichkeiten sind unwichtig, und wenn, dann müssen sie sich selbst darum kümmern. Als Mann stört mich das nicht unbedingt - ich bin das gewohnt und finde, dass es meine Selbstwirksamkeit und Kompetitivität fördert. Ich kann mich mit dieser traditionellen Männerrolle gut arrangieren - vor allem weil ich keine Familie habe und selbst über mein Leben bestimmen kann. Familienväter haben es da schwerer.
A propos Famlienväter. Ich bin letztens über die Väter GmbH gestolpert. Dort findet sich folgender Satz: "Die berufliche Förderung von Frauen und Müttern ist ein wichtiges gesellschaftliches Anliegen. Dabei stehen zunehmend auch die Bedürfnisse und die Verantwortung der Männer und Väter für eine neue Vereinbarkeitskultur im Fokus"
Ich finde diesen Satz sprachlich äußerst interessant: Zunächst wird die Förderung von Frauen vorangestellt. Die Männer werden mit "Verantwortung" attribuiert - Frauen nicht. Das fällt erst mal nicht weiter auf, und vielleicht ist es auch nicht mal Absicht. Wenn man aber viele Texte zu diesem Thema gelesen hat, kehrt hier ein Muster wieder. Diese sprachliche Grundfigur taucht häufig auf: Frauen sind förderungswürdig und Männer "verantwortlich". Argumentativ läuft das oft so ab: Frauen müssen gefördert werden und Männer müssen da mit in die Verantwortung genommen werden, damit es die Frauen besser haben, weil ausgeglichene Frauen indirekt wieder gut für die Männer sind - aber halt nur indirekt - das ist schon wichtig, dass Männer da die zweite Geige spielen.
So ähnlich findet man das z.B. auch in dem FAZ-Artikel "Wenn Väter zu viel arbeiten leiden die Kinder". Darin heißt es: "Außerdem könnten zu Hause weniger präsente Väter ihre Frauen weniger entlasten und daher in der Kindererziehung weniger ablösen. Es bleibe mehr und manchmal eben auch zu viel an den Müttern hängen"
Naja, alternativ könnte auch die Frau mehr arbeiten, dann bliebe weniger Erwerbsarbeit am Mann hängen und die Frau hätte etwas von beiden Welten. Ich frage mich bei dieser frauenzentrierten Argumentation immer, ob Männer eigentlich nur noch dazu da sind, Frauen glücklich und zufrieden zu machen, ob Männer nur Automaten mit einem Mach-mich-glücklich-Knopf sind. Ich bin so froh, dass ich nicht verheiratet bin. Viele Männer wissen wahrscheinlich gar nicht, wie schön das ist, sich auch eigene Bedürfnisse gönnen zu dürfen. Das scheint ein zunehmend weibliches Privileg zu sein.
Ich sehe jedenfalls, dass viele meiner männlichen Kollegen mit Kindern völlig übermüdet zur Arbeit kommen. Man kann mit denen auch nicht richtig zusammenarbeiten, weil sie ständig unkonzentriert sind. Erst wenn sie geschieden sind, wird es meist besser - da sie ja ihre Kinder dann oft überhaut nicht mehr sehen und sich ganz auf ihren Job konzentrieren können bzw. müssen, um die Alimente zu finanzieren. Ich selbst hätte gerne Kinder - aber nicht zu diesem Preis.
15. Zuletzt: Der Postillon greift das Thema "Gewalt gegen Männer" auf.
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