Dienstag, Februar 20, 2018

AfD hat SPD überholt – News vom 20. Februar 2018

1. Die AfD hat die SPD inzwischen bei der Sonntagsfrage überholt. Offenbar ist beim Wähler noch nicht angekommen, dass bei den Sozialdemokraten jetzt Frauen das Ruder übernehmen und damit sämtliche Probleme der Partei bald der Vergangenheit angehören werden.

Eine andere Interpretation dieser Zahlen wäre, dass Andrea Nahles den im Patriarchat herrschenden Sexismus nicht überwinden kann. Anders als mit Frauenfeindlichkeit dürfte ihre Wahrnehmung in der Bevölkerung kaum zu erklären sein:

Auch werden Nahles nur wenig positive Eigenschaften zugeordnet, ihr Eigenschaftsprofil fällt deutlich negativer aus als das von Martin Schulz kurz vor der Bundestagswahl: So halten sie nur 13 Prozent aller Bundesbürger für fähig, die Probleme des Landes in den Griff zu bekommen. Und eine angenehme Ausstrahlung sehen bei ihr auch nur 13 Prozent. Von Schulz dachten dies im September doppelt so viele Befragte.

32 Prozent der Deutschen glauben, dass Nahles "eine Sprache spricht, die die Menschen verstehen". Von Martin Schulz dachten das im vergangenen September 51 Prozent. 26 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass Nahles "weiß, welche Sorgen und Nöte die Menschen haben" (Schulz: 45 Prozent). Führungsqualitäten sehen die Deutschen weder bei Nahles (24 Prozent) noch bei Schulz (27 Prozent). "Gute Ideen für die Zukunft Deutschlands" erwarten 20 Prozent der Deutschen von Nahles, Schulz kam immerhin auf 33 Prozent. Für vertrauenswürdig halten Nahles nur 18 Prozent der Deutschen (Schulz: 33 Prozent).

Und dass sie "die Probleme des Landes in den Griff" bekommt, trauen Nahles nur 13 Prozent zu – ein bitterer Wert für eine potenzielle Kanzlerkandidatin bei der nächsten Bundestagswahl. Bei Schulz waren es 21 Prozent. Ebenfalls nur 13 Prozent sind der Meinung, dass Nahles eine "angenehme Ausstrahlung" habe, Schulz kam mit 26 Prozent auf einen doppelt so hohen Wert.


Die US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton hatte ihre Niederlage nach dem Wahlkampf etliche Male durch Frauenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft erklärt. Ich rechne damit, dass uns bei Andrea Nahles oder Manuela Schwesig demnächst dasselbe blüht.



2. Es ist aber immer noch Luft nach unten, und die Genossinnen scheinen entschlossen, diesen Spielraum zu nutzen. So unterstützt Frauenministerin Katharina Barley (SPD) eine Frauenquote in der Filmbranche:

Auch Frauenministerin Katarina Barley (SPD) hält eine Begrüßungsrede, in der sie ihre Sympathie für die Forderungen der ProQuote-Bewegung bekundet. ProQuote fordert, die Hälfte der Fördergelder und Regieaufträge an Frauen zu vergeben und bei allen Filmgewerken und Filmrollen eine 50/50-Verteilung qua gesetzlicher Regelung zu erzielen. (...) Eindringlich gerät ihr Appell an die anwesenden Produzenten und Fernsehleute, ihre Verantwortung für emanzipierte Frauenbilder ernst zu nehmen. Ihr habe sich als Teenager eine Episode aus der Fernsehserie "Hart aber herzlich" eingebrannt, in der die Hauptdarsteller Robert Wagner und Stefanie Powers sich folgenden Dialog liefern. Sie: "Schatz, was liebst du eigentlich am meisten an mir?" Er: "Dass du noch nie Nein zu mir gesagt hast." Zwei Sätze, die 35 Jahre später im Tipi entgeistertes Gelächter ernten.


Na, dann hat die SPD ja doch noch eine zentrale Aufgabe für die kommende Legislaturperiode gefunden.

Siehe zu Barleys aktuellen Auftritten auch: Katarina Barley voll des Selbstlobes sowie Hauptsache Minister! - Katarina Barley macht alles.



3. Wie das SPD-Fanmagazin "Vorwärts" in seiner aktuellen Ausgabe (01-02/2018) berichtet, will die Partei im Willy-Brandt-Hausim Rahmen ihres "Erneuerungsprozesses" eine Stabstelle für die Belange von Frauen einrichten. Der Artikel mit der Überschrift "Mehr Frauen an die Macht: Die SPD muss weiblicher werden" steht nicht online. Er berichtet über Nancy Böhring, seit Dezember Bundesgeschäftsführerin der SPD, für die die Gleichstellung ein Kernanliegen darstelle, die aber von einer "Frauenpolizei" nicht sprechen wolle. Stattdessen gehe es darum, wie die Partei das Vertrauen der Frauen gewinnen könne: "Es gehe um den Blick der Frauen auf unsere Gesellschaft, um ihre Perspektive auf Probleme sowie um ihre Lösungsideen."



4. Die "taz" überrascht mit einem männerfreundlichen Artikel:

Nicht alle Männer können immer. Aber das Bild vom stets geilen, stets willigen Mann macht es Betroffenen schwer, darüber zu sprechen.


Hier berichten dann doch einige Männer darüber, welche Folgen die weibliche Erwartung, dass sie sexuell "funktionieren" sollten, für sie hat.



5. Es gibt schon wieder neue Vorwürfe gegen die MeToo-Vorkämpferin Cristina Garcia:

Kernick, 38, der 2014 fünf Monate lang für die Abgeordnete arbeitete, beschrieb POLITICO einen Abend mit starkem Alkoholkonsum, bei dem Garcia mit etwa einem halben Dutzend Menschen - darunter auch ihre Mitarbeiter und mindestens ein Freund - auf einem Hotelzimmerboden saß und sie zu einem Spiel aufforderte, bei dem sich die Teilnehmer gegenseitig küssten.

(...) In getrennt durchgeführten Interviews sagten die ehemaligen Mitarbeiter Garcias, dass sie ihr Büro verlassen hätten, zum Teil wegen des regelmäßigen Drucks, ihre Chefin zu alkoholgeschwängerten Abendveranstaltungen zu begleiten.

"Es war ein Machtungleichgewicht," sagte eine Mitarbeiterin in einem Interview letzte Woche. "Du sagst mir, dass wir in eine Happy Hour gehen werden," und das will ich nicht tun. Es war etwas, das zentral war - "Wir werden ausgehen" ... und ich dachte: "Ich will nicht mit dir abhängen, ich will nach Hause gehen".

Die Ex-Mitarbeiterin sagte, dass die Angestellten sich Sorgen um Vergeltungsmaßnahmen ihrer Chefin machten, wenn sie nicht mitmachten, und dass die Unterzeichnung des aktuellen Offenen Briefes "die Gelegenheit war, gehört zu werden" hinsichtlich eines ungesunden Arbeitsplatzes, der oft "vulgäre" Gespräche über Garcias persönliche sexuelle Erfahrungen beinhaltete.

"Es war eine Einbahnstraße. Normalerweise waren es nur wir, die zuhörten," sagte sie. "Ich fand es seltsam. Es wirkte als Prahlerei."

(...) Der Veteranen-Bürgerrechtsanwalt Dan Gilleon, der den Offenen Brief der ehemaligen Mitarbeiter an das Büro des Sprechers überreichte, sagte, sie seien besorgt, dass Garcia "wie eine Heldin der #MeToo-Bewegung" auftrat und ein öffentliches Profil annahm, "das nicht annähernd der Wahrheit entsprach".

Kernick sagte, dass er sich öffentlich zu diesen Anglegenheiten äußere, um Bedenken über eine Frau zu äußern, von der er sagt, dass sie zu einer Ikone der #MeToo-Bewegung geworden ist, aber auch, um zu beweisen, dass in Sacramento "mächtige Frauen genauso handeln können wie mächtige Männer".

Die Abgeordnete wurde von Kritik abgeschirmt, sagte Kernick, während sie ein Büro beaufsichtigte, in dem die Behandlung oft "bösartig" war und in dem der Alkoholkonsum die Feindseligkeit und die Misshandlung von Mitarbeitern anheizte. Als ehemaliger Marine glaubt er, daß er vom Büro entlassen wurde, weil er als älterer, erfahrener Mitarbeiter nicht so formbar war wie jüngere Mitarbeiter und weniger bereit, Garcias häufig "böswilliges" Verhalten in ihrem Büro hinzunehmen.

(...) Die gegen Garcia eingereichte Beschwerde besagt, dass Garcia "nicht kritisch gegenüber der Arbeit von [Kernick] war, bis er die Angemessenheit ihres Vorschlags in Frage stellte, nach einer Benefizveranstaltung in einer Whiskey-Bar auf dem Boden ihres Hotelzimmers Flaschendrehen zu spielen".

In der Beschwerde wird behauptet, dass "kurz nach dem Protest gegen diese sexuelle Belästigung" Garcia Kernick "mit einem Schreiben wegen Ungehorsamkeit diszipliniert hat". Zwei Tage später habe Garcia Kernick der Beschwerde zufolge gefeuert.


In den deutschen Medien kann ich außer dem kürzlich von mir erwähnten "Stern"-Online-Artikel weiterhin keinerlei Berichterstattung über diese Vorwürfe im Zusammenhang mit MeToo finden. Als weibliche Beschuldigte bleibt Garcia im deutschen "Qualitätsjournalismus" unsichtbar.



6. Das US-amerikanische National Labor Board hält die Kündigung des Entwicklers James Damore bei Google für gerechtfertigt. Der Konzern habe ihn nicht wegen geschützter Meinungsäußerungen, sondern wegen diskriminierenden Argumentationen gefeuert. Österreichs "Standard" berichtet darüber mit Formulierungen, die gut auch in einer Antifa-Postille stehen könnten:

Damores Rauswurf war Googles Reaktion auf ein sexistisches Memo, das argumentierte, Frauen seien aus biologischen Gründen schlechtere Programmierer. (...) Stattdessen will der Entwickler, der nach seiner Entlassung in rechtsextremen und frauenfeindlichen Kreisen verehrt wurde, nun mit einer Diskriminierungsklage gegen Google vorgehen.


(In der Kommentarspalte unter dem Artikel zeigen sich viele Leser angekotzt von einer derart tendenziösen Berichterstattung.)

Schon vor Monaten hatte ein Autor des linksliberalen Magazins The Atlantic seine Irritation darüber ausgedrückt, dass Damores Position von den Leitmedien grotesk verzerrt wiedergegeben wird:

Die Bilanz seines Memos besagt, dass er nicht gegen die Verfolgung einer größeren Geschlechtervielfalt bei Google ist; er sagt, dass es gegen die derzeitigen Mittel ist, mit denen Google dieses Ziel verfolgt, und gegen die Art und Weise, wie das Unternehmen Kompromisse zwischen dem Wohl der Vielfalt und anderen Gütern sieht.

(...) Der Autor lehnt es ausdrücklich ab, diskriminierende Mittel zu verwenden, um eine größere Geschlechterdiversität zu erreichen, und fügt hinzu, dass er konkrete Vorschläge für Veränderungen bei Google hat, die "die Vertretung von Frauen in der Technik erhöhen würden, ohne auf Diskriminierung zurückzugreifen". Dies ließe sich erreichen, indem man das Software-Engineering "menschenorientierter mit Paarprogrammierung und mehr Kollaboration" gestalte und Veränderungen initiiere, die "denjenigen, der kooperatives Verhalten an den Tag legt, gedeihen lassen". Sinnvoll seien auch mehr Möglichkeiten für die Angestellten, Teilzeit zu arbeiten.

Ob man diese Vorschläge als brillant ansieht, verwurzelt in schädlichen Geschlechterstereotypen oder irgendwo dazwischen, es handelt sich eindeutig und explizit um Vorschläge zur Erhöhung der Vielfalt in einer Weise, die der Autor als eine größere Chance betrachtet, tatsächlich zu funktionieren, als einige der Taktiken, die er kritisiert.


Die Auffassung des National Labor Board dürfte indes die Haltung in vielen Redaktionsstuben, bei diesem Thema der korrekten Ideologie statt der Recherche den Vorzug zu geben, noch weiter festigen. Im gegenwärtigen "Qualitätsjournalismus" wird Damore wohl weiter als eine Art frauenfeindlicher Nazi dargestellt werden.

Die Versuche, Damore von einem Auftritt an der Portland State University abzuhalten (bis hin zu einer versuchten Manipulation des Audiosystems) sind allerdings gescheitert.



7. Die Post. Einer meiner Leser mailt mir heute:

FreeBSD ist ein freies Betriebssystem, das man kostenlos herunterladen und installieren kann. Es wird von vielen Freiwilligen und einigen Firmen auf unterschiedliche Weise unterstützt. Die Leitung der Community hat sich jetzt einen neuen Code of Conduct gegeben. Heise berichtet über die neuen "Gender-Vorschriften bei FreeBSD" folgendes:

"Verboten sind (...) Debatten, deren Wortgefechte die "systematische Unterdrückung aufgrund der Gender-Identität und des Ausdrucks eben jener, der sexuellen Orientierung, Behinderung, geistigen Einschränkungen und von Persönlichkeitsstörungen, einer Neurodiversität, des Körpergewichts und -größe, des Alters, der Rasse oder Religion" verstärken. Ferner sind Kommentare über die Lebensführung untersagt, darunter solche, die die "Ernährung, Gesundheit, Erziehung, Drogen und Medikamente oder Beschäftigung" betreffen. Dasselbe gilt für absichtliches "Misgendering" und Verwenden "toter Namen", also dürfen Nutzer bei Transgender-Personen nicht den ursprünglichen Namen und das zugehörige Geschlecht verwenden. Auch – digitale – Zuneigungen wie eine *Umarmung* im Chat sind ohne vorige Zustimmung untersagt."

Wer weiss, vielleicht wird unerlaubtes digitales Umarmen demnächst ins Strafgesetzbuch aufgenommen. Inzwischen halte ich so etwas tatsächlich für möglich.

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