Birgit Kelle zur Sexismus-Debatte: "Komm runter, Mädchen!" – News vom 24. Oktober 2017
Die Sexismus-Debatte hält in unseren Leitmedien weiterhin an. In einem Text der Feministin Franziska Schutzbach verdichtet sich die Stoßrichtung dieser Debatte:
Die Zeit der breitbeinigen Männlichkeit, der Polter-Eidgenossen, Welterklärer, Maskulisten, Mansplainer, Werte-Verkünder, Pussygrabscher und Bescheidwisser ist vorbei. Sie sterben bald aus.
Schutzbachs Beitrag ist von nicht wenig Ideologie durchtränkt: Bespielsweise möchte sie uns Männern die "Weltherrschaft" wegnehmen – meine kann sie gerne haben. Dafür mangelt es ihr für jemanden, der Geschlechterforschung unterrichtet, ganz erstaunlich an Fachwissen. ("Weshalb geht sexualisierte Gewalt fast ausschliesslich von Männern aus?" fragt Schutzbach etwa allen Ernstes.) Präsent ist auch die übliche feministische Rhetorik, der zufolge jede Stimme der Kritk beweise, wie richtig das radikalfeministische Lager liege. Würde man dieser Logik folgen, säßen die radikalen Feministinnen fest im Sattel, denn vernünftige Gegenstimmen zu der allgemeinen Männer-Verdammung gibt es weiterhin – Gegenstimmen übrigens von Frauen wie Männern.
"Ein Staatsamt eignet sich nicht für politische Kampagnen" schreibt Jost Müller-Neuhof zunächst mal Sawsan Chebli ins Stammbuch. Der Artikel ist in Gänze lesenswert.
In der "Welt" gelangt Kathrin Spoerr in dem Artikel "Wir wollen doch alle nur spielen" zu folgendem Fazit:
Ja, die Grenze zwischen Spiel und Belästigung ist schmal, und manchmal geht einer einen Schritt zu weit. Doch die meisten Männer und Frauen kennen die Grenze sehr genau. Wenn das Kompliment eines älteren Mannes, eine Bemerkung, von der beide wussten, dass sie nicht verletzen sollte, Sexismusschock ist, dann verschiebt sich diese Grenze gerade – und zwar in die falsche Richtung.
Bei der FDP widerspricht Katja Suding dem Wunsch der SPD nach einer nochmaligen Verschärfung des Sexualstrafrechts:
Schärfere Gesetze, wie sie Familienministerin Barley forderte, "helfen allerdings nicht weiter", sagte Suding und sieht keinen Handlungsauftrag für die Jamaika-Koalitionäre. Schon zuvor hat Suding Position bezogen. Sie selbst wehre sich gegen "dumme Sprüche", sagte Suding in der Debatte über Sexismus-Vorwürfe in der Berliner CDU. Wer das nicht könne, müsse "solidarisieren und Hilfe suchen". Jungen Frauen müsse vermittelt werden, dass sie sich gegen sexistische Übergriffe wehren dürften.
Birgit Kelle besticht ohnehin durch ihre unnachahmliche Art, an das Thema heranzugehen.
Im Schweizer "Tagesanzeiger" kritisiert Axel Flach, dass sich die Jusos mit Sexismus zu profilieren versuchen, und wirft ihnen vor, dass ihre Vorschläge nach separaten Frauenräumen in Clubs "reißerisch und unumsetzbar" seien.
Die Faktenchecker-Website "Mimikama" überprüft eine Meldung über angeblich überfallene und brutal misshandelte Frauen in Deutschland.
Die Washington Post weist darauf hin, dass sich Harvey Weinstein gegenüber Männern genauso übel wie gegenüber Frauen verhalten habe. Das entzieht einer reinen Frauenschutz-Kampagne ebenfalls das Fundament. Zudem: Hätte man sich früher darum gekümmert, was Weinstein seinen Mitarbeitern generell antut, wäre man unweigerlich auch auf seine sexuellen Übergriffe gestoßen.
Im US-amerikanischen "National Review" schließlich schreibt Annika Henroth-Rothstein über #MeToo and Trial by Mob. Ein Auszug:
As a mother raising boys in this era, one of them a teenager, I now have to have a long talk with them, warning them that they can be accused after the fact, that in any and all situations that start off consensual they can be deemed a culprit, and that it is important to err on the side of caution when it comes to relationships with girls. This pains me, as both boys and girls are missing out on all the giddy excitement of adolescence, the innocent phase before things cross a line, and I am afraid that we have forever erased the line between childhood and adulthood and tainted what was once innocent with our assumption of guilt, abuse, and shame. There are no more gray areas, just black and white, and for that I believe we are all the poorer, as people and as a society.
(...) I hesitated for two days to write about this topic because, honestly, I was afraid of the backlash. We live in a time where one must take sides or face the consequences and outrage, and there is very little space left for debate and shades of gray. That, in itself, freaks me out. A lot.
Zuletzt die Post. Einer meiner Leser schreibt mir zu dem SPD-Aufschrei nach noch mehr Law und Order im zwischenmenschlichen Bereich:
Sie haben ganz Recht: Nach der Gesetzesverschärfung ist vor der Gesetzesverschärfung. Ein Trend setzt sich gnadenlos fort - das ist sein Wesen. Bis es mehr und mehr Menschen doch zuviel wird und sie mit ihm brechen.
Apropos SPD: Erinnern Sie sich an den US-Western "Ringo"? Am Anfang des Films marschiert ein Verein für Sitte und Tugend auf, der ein Barmädchen zur Stadt hinaustreibt. Dieser Verein steht heute an der Spitze der SPD. Natürlich in zeitgemäßen Begriffen gewandet. Aber drinnen stecken dieselben Totenköpfe und Lebensfeinde.
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