Mittwoch, April 08, 2015

MOGIS: "Ein Feminismus, der sich nicht mehr erklärt, hat verloren"

Von drei verschiedenen Seiten bin ich gestern Nacht auf einen lesenswerten aktuellen Artikel des Vereins MOGIS hingewiesen worden. In diesem Verein haben sich seiner Selbstdarstellung zufolge "Betroffene sexuellen Missbrauchs, sexueller Ausbeutung und sexualisierter Gewalt zusammengeschlossen um ihren Interessen eine Stimme zu geben". MOGIS ist auch Mitglied des Bundesforums Männer. Der akuelle Artikel beschäftigt sich mit der derzeit hoch umstrittenen gesetzlichen Ausweitung von Fällen, die als Vergewaltigung gelten sollen.

Sein Autor Christian Bahls erklärt "dem Feminismus" zunächst seine Dankbarkeit, macht dann aber ähnlich wie zuvor Lucas Schoppe in seinem Blog Man Tau darauf aufmerksam, dass durch die auf weibliche Opfer verengte feministische Perspektive beispielsweise sexueller Missbrauch bei den Grünen bis heute teilweise tabuisiert statt aufgearbeitet wird:

Während man zum Beispiel schon Anfang der 80er verstand, dass es in der Sexualität Erwachsener mit weiblichen Kindern keine Einvernehmlichkeit geben kann und solche Verhältnisse grundsätzlich als Missbrauch zu werten sind, liefen in der links-liberalen Szene und auf Parteitagen der Grünen (sowie auf deren Podien und in ihren Gremien) erwachsene Männer mit männlichen Kindern herum und propagierten unwidersprochen den Sex mit ihnen als eine sexuelle Befreiung der betroffenen Jungen.


Auch aktuell verliere "eine feministisch geprägte Debatte berechtigte Belange von Jungen und Männern aus dem Blick":

Glaubwürdig kann eine Forderung nach Gleichberechtigung nur sein, wenn sie auch berechtigte Belange, Bedürfnise und Wünsche von Männern ernsthaft und vor allem gleichberechtigt diskutiert. Ein partnerschaftlicher Feminismus erkennt, dass Männern, genauso wie Frauen, Gestaltungsspielräume brauchen um ihre Rechte zu verwirklichen. Ein berechtigtes Bedürfnis von Männern ist der Wunsch nicht wegen Vergewaltigung falsch beschuldigt zu werden und den Folgen einer möglichen Falschbeschuldigung nicht wehrlos ausgesetzt zu sein.


Die Einsicht, dass der Feminismus damit seit jeher unglaubwürdig war, kommt Bahls nicht. Stattdessen versucht er es noch mal im Guten und erläutert seine Besorgnis darüber, dass "zukünftig eine fahrlässige Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung - also die Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale - ohne Wollen und Wissen des Täters vorliegen kann." (Diese ausführliche und mit Beispielen arbeitende Passage möge man bei Interesse bitte im Original lesen; ich kann hier schlecht den gesamten Beitrag zitieren oder paraphrasieren.)

Bahls legt dar, inwiefern das geplante Gesetz die ohnehin schon erodierte Unschuldsvermutung als Prinzip des Rechtsstaats weiter aushöhle, und argumentiert:

Ehrlichweise kann ich an dieser Stelle auch nicht verstehen, wie frauenbewegte Mütter, die ihre Söhne lieben, eine (zukünftige) Gesetzgebung hinnehmen können, die ihre Kinder so eklatant den Gefahren einer falschen Beschuldigung auszusetzen bereit ist - denn selbst wenn das Verfahren gegen ihn dann irgendwann aus Mangel an Beweisen eingestellt wird - in der Wahrnehmung der Umgebung wird er immer der mögliche Vergewaltiger von nebenan bleiben. Seine Stelle hat er da vielleicht schon verloren, einen großen Teil seiner Freunde sowieso.

(...) Ein partnerschaftlicher Feminismus würde anerkennen, dass es Männern nun möglich erscheint, unter der vorgeschlagenen gesetzlichen Regelung auch wegen einvernehmlicher sexueller Handlungen der Vergangenheit einem Vergewaltigungsvorwurf und den entsprechenden Folgen (gesellschaftliche Ächtung, Arbeitsplatzverlust, Untersuchungshaft und Verurteilung) unschuldig - und vor allem: wehrlos - ausgesetzt zu werden.


(Ich hatte selbst kürzlich einmal angemerkt, dass es meiner Auffassung nach höchste Zeit für eine neue, solidarische Frauenbewegung wäre. Einen solchen Feminismus gibt es bislang allerdings lediglich als utopisches Denkmodell beziehungsweise bei einigen wenigen Equity-Feministinnen wie Christina Hoff Sommers und Cathy Young, die für ihre Haltung vom Mainstream-Feminismus massiv angefeindet werden.)

Ich kann an dieser Stelle überhaupt nicht verstehen, warum sich der Feminismus nicht ebenso vehement von Frauen distanziert, die sich durch Vortäuschung einer Vergewaltigung zum Täter machen, wie von Männern erwartet wird, sich von möglichen Vergewaltigern zu distanzieren. Stattdessen wird mit Aussagen wie "In diesem Fall mag die Frau gelogen haben, aber überleg mal warum sie so verzweifelt war das sie lügen musste. Sie hat psychische Probleme und sie ins Gefängnis zu schicken wird ihr nicht bei ihren Problemen helfen" versucht, an das Mitgefühl zu appellieren.


In den folgenden Absätzen kommt Bahls auf die entgegen der radikalfeministischen Ideologie sehr hohe Rate an Falschbeschuldigungen zu sprechen, wenn es um angebliche Vergewaltigungen geht, und führt verschiedene Quellen an.

Die Ausführungen unseres Justizministers lesen sich in diesem Zusammenhang aber geradezu wie eine Gebrauchsanleitung für den Missbrauch eines Vergewaltigungsvorwurfs. (...) Gerade als Opfer sexuellen Kindesmissbrauchs muss ich einsehen, dass eine solche falsche Beschuldigung, gerade bei Vorliegen eines Kindheitstraumas, wahrscheinlich sehr glaubwürdig vorgebracht werden kann - die dafür nötige Emotionalität wäre sicherlich mobilisierbar, auch der Erlebnisgehalt könnte glaubhaft konstruiert werden.

(...) Unschuldig der Vergewaltigung beschuldigt zu werden scheint nun ein weiteres Lebensrisiko zu werden, dem man Männer schutz- und bedingungslos auszusetzen bereit ist.

Ein Feminismus, der nicht bereit oder in der Lage ist, die berechtigten Ängste vor Falschbeschuldigungen wahrzunehmen, sie in die Diskussion zu integrieren und sie jenseits von Plattitüden zu beantworten, ist weder partnerschaftlich noch glaubwürdig, er opfert die Rechtsstaatlichkeit auf dem Altar einer fragwürdigen, weil unmündigen, Auffassung sexueller Selbstbestimmung.

kostenloser Counter