Freitag, September 12, 2014

"Die Zeit" über die Genderdebatte im Netz: "Vom Zorn abgehängter Männer"

Im Internet wie im Feuilleton suhlen sich rechte Meinungskrieger in ihren Ressentiments. Ein Gegenangriff


erfolgt hier.

(416 Kommentare??? Der Artikel ist erst vor ein paar Stunden online gestellt worden! Einer der prägnantesten Kommentare: "Schöner Artikel. Hört sich nach dem Rückzugsgefecht zorniger weißer Frauen an xD".)

Da wir in diesem Beitrag noch etwas Platz haben, folgen hier zwei Auszüge aus zwei anderen aktuellen Blogbeiträgen.

In Einspruch unerwünscht – Wie sich die Mainstreammedien von ihren Lesern entfremden, veröffentlicht von Jens Berger auf den linken "Nachdenkseiten", heißt es:

Was diese Kritiker fordern, sollte eigentlich in einem funktionierenden Mediensystem der Normalfall sein – eine ausgewogene Berichterstattung, bei der in einem Konflikt beide Seiten zu Wort kommen und in der sich die Pro- und Contra-Seiten in einem fairen Verhältnis befinden. Beides ist bei der Berichterstattung und vor allem der Kommentierung (...) nicht der Fall. Dies treibt kritische Geister dazu an, ihre Position – wenn sie denn schon im redaktionellen Teil keine Erwähnung findet – zumindest im Kommentarbereich zu veröffentlichen. Ist es wirklich erstaunlich, dass die Kommentarbereiche zu einschlägigen Artikeln auf Süddeutsche.de, ZEIT.de und anderen Plattformen zum allergrößten Teil eine diametral andere Position einnehmen als die redaktionellen Artikel?


Und Gregor Keuschnig, auch nicht im rechten Spektrum zu Hause, merkt über die von den Mainstreamjournalisten als "Trolle" beschimpften Leser mit abweichender Meinung an:

Der Troll bekommt ein Gesicht. Ein Mann von Mitte 50 in blauem T-Shirt mit Zigarettenpackung in der Tasche. Der Blick eher suchend als aggressiv. (...) Immer auf der Suche nach Krawall. (...) "Hass im Netz" steht über der Titelzeile des Artikels. Die Suggestion ist deutlich: Der Troll, der hier dargestellt wird, ist ein Netzphänomen. Als sei das Netz, also das Internet, eine Insel, auf der eine besonders hässliche, brutale oder einfach nur abscheuliche Tierart lebt. Die Charakteristika dieser Tierart werden auch gleich geliefert: Frührentner, Raucher, Frau weg = gescheiterte Existenz = fertig ist der Querulant. Ein Troll aus der Tüte.

(...) Das Wichtigste aber: Ist der Troll nicht nur eine besondere Abart des Meinungs-Journalisten, der nicht mehr ergebnisoffen recherchiert, sondern nur noch sein Urteil bestätigt haben möchte? Und wie steht es mit den Superlativen im Journalismus? Der Troll sagt zu Beginn, dass er am Anfang anders geschrieben habe. Reaktionen gab es kaum. Erst mit den Provokationen wurde er wahrgenommen. Aufmerksamkeit erreicht man kaum noch mit sachlicher Auseinandersetzung. Stattdessen gibt es knackige Schlagzeilen und an den Haaren herbeigezogene Skandalisierungen. Der Troll nimmt damit nur eine Entwicklung vorweg, in dem er sie potenziert. Vielleicht ist er eine perverse Form von Avantgarde eines Journalismus, der immer mehr mit Vermutungen, Halbwahrheiten und eben Meinungen arbeitet.


In den Beiträgen von Jens Berger und Gregor Keuschnig geht es nicht um die Geschlechterdebatte. In den unterschiedlichsten Themenfeldern schreiben Journalisten inzwischen gegen ihre Leser an und diffamieren diejenigen Leser, die sich dem medialen Gleichklang widersetzen, als dumpfe Primitivlinge. Wundert sich da jemand über die Krise, in der unsere Medien stecken?

Ich habe überhaupt nichts gegen Medien, die einen bestimmten Meinungstenor vertreten. Viele Medien, die ich selbst konsumiere, von eher links bis eher rechts, gehören dazu. Auch Genderama-Leser wissen, dass sie hier eher selten profeministische Beiträge entdecken werden. Aber je größer und einflussreicher ein Medium ist, desto mehr Ausgewogenheit erwarte ich auch – mindestens von den Öffentlich-Rechtlichen, aber auch von anderen Leitmedien wie der "Zeit". Wenn dort überall Feminismuskritiker lediglich als rechte Dumpfbacken erscheinen, wenn sie schon nicht mehr komplett ignoriert werden können, schießen die betreffenden Medienmacher sich selbst, ihrer Verantwortung und einer liberalen Demokratie gezielt in die Knie. Derzeit gewinnen immer mehr Leser den Eindruck, dass eine Handvoll Journalisten mit viel Energie manipulieren, wie in diesem Land gedacht werden soll und welche Gedanken erst gar nicht aufkommen dürfen.

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