Dienstag, Mai 06, 2014

Lesermail (Pizzey-Zitat)

Einer meiner Leser schreibt mir zu diesem Zitat Erin Pizzeys:

Das erscheint mir wie das bekannte Henne-Ei-Problem. Sind Frauengruppen erfolgreich, weil Frauen so kooperativ sind? Oder können Frauen es sich leisten, kooperativ aufzutreten, weil ihnen der Erfolg sicher bzw. ein Mißerfolg nicht so tragisch ist?

Zwar paßt die Äußerung "Women will submerge their egos and cooperate" wie die Faust aufs Auge zu dem Beitrag über die Zusammenhänge zwischen Feminismus und Faschismus. Schließlich fordern ja gerade faschistische und totalitäre Bewegungen von ihren Anhängern unbedingten Gehorsam, totale Unterordnung und ein völliges Aufgehen in der Organisation - eben ein "Unterdrücken der eigenen Persönlichkeit".

Trotzdem: Bewegungen wie Faschismus und Kommunismus oder eben auch der Feminismus sind nicht deswegen erfolgreich, weil sie so geschlossen agieren - sie agieren geschlossen, sobald sie erfolgreich sind. Der Erfolg für revolutionäre Bewegungen setzt aber in der Regel immer erst dann ein, wenn das überkommene Wertesystem der Gesellschaft drumherum in eine Krise gerät. Diese Krise wird wiederum nur selten von diesen Bewegungen selber herbeigeführt.

Der Faschismus, der Kommunismus und der Feminismus haben ihre Wurzeln alle im mittleren 19. Jahrhundert, und sie alle wurden als Bewegung erst dann stark und erfolgreich, als der Erste Weltkrieg die alte europäische Gesellschaftsordnung hinwegfegte. Davor bestanden all diese Bewegungen jeweils aus krakeelenden Stammtischbrüdern bzw. Kaffeekranztanten, sowie ein paar klugen Köpfen, die sich lieber untereinander beharkten, statt zu gemeinsamer Aktion zu finden.

Schließlich wurde ja auch in der Vergangenheit viel über Stutenbissigkeit und Grabenkämpfe im feministischen Lager berichtet. Und gerade die Meinungsführerinnen im Feminismus offenbaren bei genauem Hinsehen eine ganz beachtliche Kompromißlosigkeit gegenüber Kritikern und Abweichlern aus den eigenen Reihen. Erin Pizzey hat das doch am eigenen Leib zu spüren bekommen!

Erfolg verdeckt innerhalb einer Bewegung viele Konflikte, die sonst ungeschminkt aufbrechen würden. Und er schafft das Selbstvertrauen, das nötig ist, um zwischendurch mal Kompromisse einzugehen und nicht alles auf einmal erreichen zu wollen. Umgekehrt macht Mißerfolg reizbar und ungeduldig.

Wenn der Erfolg ausbliebe, würden die schon jetzt nur notdürftig kaschierten Grabenkämpfe und das "unterdrückte Ego" vieler Protagonistinnen des feministischen Lagers binnen kürzester Zeit völlig offen zutage treten. Umgekehrt würden manche Berserker unter den Maskulisten vielleicht ein bißchen ruhiger werden, wenn die Männerrechtsbewegung endlich mal allgemein sichtbare Erfolge verbuchen könnte.

Bei der Frage, was zuerst da war - der ausbleibende Erfolg oder die 'männliche' Ungeduld - handelt es sich also eher um ein Henne-Ei-Problem. Und bei der Äußerung von Erin Pizzey trotz allem doch wieder nur um ein recht konventionelles Mann-Frau-Klischee, das scheinbar alles, tatsächlich aber rein gar nichts erklärt.

Denn falls Pizzey doch recht haben sollte - welchen praktischen Schluß sollte man daraus ziehen? Braucht nun etwa auch die Männerrechtsbewegung eine Frauenquote, weil Frauen auch hier allemal besser, klüger, erfolgreicher usw. als Männer wären?

Und würde es einer von Frauen geführten Männerbewegung etwa besser ergehen? Wenn man weiß, wie Erin Pizzey und andere Frauen für ihre abweichende Meinung gebrandmarkt und mundtot gemacht wurden, wagt man das zu bezweifeln.

Es würde durchaus nichts schaden, wenn die Männerbewegung endlich einmal kraftvoll mit einer Stimme spräche, statt sich untereinander zu zerfleischen. Es würde auch nichts schaden, wenn es gelänge, all die ungehobelten Flegel in der Bewegung in den Hintergrund zu drängen.

Der entscheidende Faktor für den Mißerfolg der Männerrechtler liegt aber doch nach wie vor völlig außerhalb der Bewegung: Der größte Teil der Allgemeinheit kann sich nach wie vor einfach nicht vorstellen, daß Männer auch schwach und hilfsbedürftig sein können. Oder daß Frauen auch privilegiert oder sogar Täter sein können.

Wenn aber selbst eine Erin Pizzey immer noch mit reichlich konventionellen Mann-Frau-Stereotypen als "Erklärung" daherkommt, dann werden wir wohl noch sehr lange darauf warten dürfen, bis die Gesellschaft von all den Genderklischees abrückt und endlich das Individuum in den Mittelpunkt stellt.

Hierbei aber könnte man sich sehr wohl die Frauenbewegung zum Vorbild nehmen. Schließlich dauerte es bei dieser von den Anfängen bis zu den ersten ernstzunehmenden Erfolgen (Frauenwahlrecht etc.) ja auch mehrere Jahrzehnte.

Und vielleicht könnte ja auch die Ahnung, daß noch sehr viele Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte vergehen könnten, bis einmal die ersten Erfolge sichtbar werden, dämpfend auf radikale Gemüter wirken.

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