Männerrechtler urteilen: Wie gelungen ist die "Zeit"-Titelgeschichte "Not am Mann"?
Die Krise des Mannes wird nicht einfach nur übersehen. Die These, dass Männer Hilfe brauchen, wird schlicht bekämpft. Sie passt nicht in unser Bild von Frauen und Männern. Sie macht die Diskussion über Macht und Gerechtigkeit noch komplizierter, als sie schon ist. Denn natürlich gibt es sexuelle Gewalt gegen Frauen, natürlich gibt es den Gender Pay Gap, die Geschlechterdifferenz beim Verdienst von Männern und Frauen.
Deshalb werden Autoren und Experten, die sich mit spezifisch männlichen Problemen befassen, als Revanchisten und Antifeministen angesehen. Sie werden ähnlich wahrgenommen wie die Frauen, die sich in den siebziger Jahren mit Frauenfragen beschäftigten: als Menschen mit persönlichen Problemen, Frustrierte, die mit dem anderen Geschlecht nicht zurechtkommen und die Schuld dafür der Gesellschaft geben.
Mit diesem Abschnitt zitiert der Verfasser des neu zu unserer Community gestoßenen Blogs "Männerrechte" die aktuelle "Zeit"-Titelgeschichte "Not am Mann" von Elisabeth Raether und Tanja Stelzer. Ich finde diese Passage - wenn man einmal von dem Gender-Pay-Gap-Unsinn absieht - sehr gelungen. Der Verfasser von "Männerrechte" gelangt so auch zu dem Urteil:
Das Dossier in der aktuellen ZEIT bringt viele Fakten, ist sehr gut, zieht aber wenige notwendige Schlüsse, und endet mit einem grandiosen Fauxpas. Ganz vergessen werden im Artikel die Ungerechtigkeiten, mit denen Männer vor dem Gesetz zu kämpfen haben.
Der angeblich "grandiose Fauxpas" besteht darin, dass die Autorinnen argumentieren, wenn es Männern gut gehe, profitierten davon doch auch Frauen - eine Argumentation, die unser anonymer Blogger dahingehend kritisiert, dass sie Unterstützung für Männer nicht als Wert an sich schätze, sondern nur weil sie dem "wichtigeren" Geschlecht zugute komme. Diese Kritik ist zwar durchaus berechtigt; ich selbst würde das aber hier nicht so streng sehen. Ich verstehe die Autorinnen hier eher so, dass sie dafür werben, von der Logik des Geschlechterkampfes wegzukommen, wo ein Gewinn für ein Geschlecht automatisch als Schaden für das andere Geschlecht wahrgenommen wird. Das bewegt sich schon stark in die Richtung des von mir durchaus geschätzten Equity-Feminismus. Schwerer wiegt für mich, dass die Autorinnen die seit über zehn Jahren bestehende Männerbewegung in Deutschland fast komplett totschweigen.
Weitere Einschätzungen der aktuellen "Zeit"-Titelgeschichte liefern der MANNdat-Vorsitzende Dr. Andreas Kraußer sowie Tristan Rosenkranz für Gleichmaß e.V.
Zuletzt sollte man ein paar Worte über die Autorinnen verlieren, die ich beide geschlechterpolitisch spannend finde. Elisabeth Raether ist eine Feministin, die als Co-Autorin des Buches Neue deutsche Mädchen bekannt wurde, in dem sie den Alice-Schwarzer-Feminismus als vorgestrig und überholt verurteilte. Raether gehört zwar zu den Unterstützerinnen von ProQuote, von ihr stammen aber auch feminismuskritische Artikel. Prompt bekam sich das "Missy-Magazin" vor Empörung kaum mehr ein. (Für die Verlinkung dieses grottigen "Missy"-Beitrags muss ich fast schon um Entschuldigung bitten.) Gemeinsam mit Elisabeth Raether berichtete Tanja Stelzer ausführlich über einen falschen Vergewaltigungsvorwurf und interviewte den Kachelmann-Verteidiger Johann Schwenn.
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