Donnerstag, Dezember 12, 2013

Häusliche Gewalt: "Wir müssen die Männer da rausnehmen!"

In der Kommentarspalte eines gestern online gestellten Beitrags auf Christian Schmidts Blog "Alles Evolution" findet sich seit gestern Abend ein zitierenswerter Kommentar des Blogbesuchers "virtual-cd". Dabei spricht sich "virtual-cd" gegen den Versuch aus, dass wenn schon nicht häusliche Gewalt generell Männergewalt gegen Frauen bedeute, man dieses Vorurteil doch wenigstens retten müsste, solange es um schwere Gewalt gehe. Dagegen wendet "virtual-cd" ein:

(...) Wenn man den inzwischen vielfältigen und kulturübergreifenden Studien und den entsprechenden Überblicksartikeln glauben darf, so ist es tatsächlich so, dass auch bei der schweren Gewalt Frauen mindestens genauso häufig die Täterinnen sind oder sogar prozentual überwiegen.

Beleg: Wenn man die hier angeführten Studien und reviews sich anschaut (immerhin 286 Stück) und in den Kurzbeschreibungen der Ergebnisse nach “severe violence” scannt, dann beschreiben die Ergebnisse fast durchgängig, dass der Anteil der weiblichen Täter nicht nur bei der “minor” sondern auch bei der “severe” als moderat bis deutlich höher angegeben wird als der Anteil der männlichen Täter.

Mein eigener Stand des Wissens und des Vermutens lief in mehreren Stufen:

1. Zunächst habe ich lange Zeit (unhinterfragt) angenommen, dass Gewalt in Partnerschaften weit überwiegend von Männern den Frauen gegenüber ausgeübt wird. Ich habe hier das gesellschaftliche Narrativ einfach geglaubt – ohne mich näher mit der Empirie zu beschäftigen.

2. Dann hatte ich Anlass, mich damit zu beschäftigen. Dazu weiter unten mehr. Und bin zunächst darauf aufmerksam geworden, dass

a) Gewaltausübung in Partnerschaften ziemlich gleichverteilt bezüglich des Merkmals Geschlecht ist

und

b) der überwiegende Teil der Gewaltausübung reziprok ist, also beide Teile der Partnerschaft üben Gewalt aus.

Ich haben aber dann gedacht: Gut, aber bei der schweren Gewalt und den schweren körperlichen Verletzungen als Folge, da werden sicherlich die Männer den weit überwiegenden Anteil der Täter ausmachen.

Bis ich dann lernte, dass auch diese Annahme durch die empirischen Daten nicht gedeckt ist. Und insbesondere dieser Teil der Information … tja, das hat ein wenig gedauert, bis ich das geschluckt hatte. Da sträubte sich einiges in mir dagegen, das WOLLTE ich erst so nicht glauben. Erst eine noch weitere Beschäftigung mit dem Thema und den empirischen Daten dazu brachte mich dann zu Stufe

3. Gewalt in Partnerschaften wird generell in etwa gleich häufig von beiden Geschlechtern ausgeübt. Tendenziell mit einem leichten "Vorsprung" bei den Frauen. Und das gilt auch für schwere Gewalttaten mit schweren Verletzungsfolgen.

(...) Ich wollte aber noch etwas dazu schreiben, was bei mir persönlich der Auslöser war, mich überhaupt mit der Empirie zu diesem Thema zu beschäftigen.

Ich hatte vor einigen Jahren (so um 2000 herum) beruflich mit einer Studie zu tun, die häusliche Gewalterfahrungen in Partnerschaften erforschte durch Befragungsmethoden. Durchgeführt durch eine deutsche Universität und finanziert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ministerin damals Christine Bergmann.

Mein Job dabei war, einige Datenaufbereitungen und statistische Analysen mit diesen Daten durchzuführen. Das Ergebnis war – was mich damals schon überrascht hat, ich war noch auf Stufe 1. – dass Gewalterfahrung in der Stichprobe ziemlich gleichverteilt war zwischen den Geschlechtern – und zwar auf allen Stufen der Gewaltintensitätsskalierung. Der Anteil der männlichen Befragten lag bei 30% in dem Sample.

Und dann rief mich ganz aufgeregt und verzweifelt eine Doktorandin aus dem Projekt an und sagte: "Wir müssen die Männer da raus nehmen, die gehören da nicht hinein".

Ich war etwas überrascht und meinte, technisch sei das über Filter kein Problem, aber es würde mich etwas wundern, warum die männlichen Befragten nun nicht gezählt werden sollten.

Darauf kam sie ins Stottern und stammelte – es war wirklich so, das waren keine zusammenhängenden Sätze mehr – etwas davon, dass es ja eigentlich nur um Gewalterfahrung von Frauen ginge und die Männer da nur versehentlich hinein geraten seien.

Was mich sehr verwunderte. Weil ich den Fragebogen ja kannte, und da stand oben drüber "Gewalterfahrung in Partnerschaften". Nicht "Gewalterfahrungen von Frauen". Und vor allem, weil: Wenn von Anfang an nur auf Frauen eingegrenzt werden sollte, dann machte ja die Erfragung des Geschlechts der Befragten im Fragebogen keinen Sinn. Das hatte mich doch stark irritiert.

Und da fing sie dann an zu weinen und meinte zwischen den Schluchzern: Ihre Professorin habe ihr gesagt "die Ministerin will das so" und "wir müssen die Männer rausnehmen".

Ich war einigermaßen perplex. Es ist für mich bis heute ein Lehrstück, wie speziell in Deutschland bei diesem Thema "geforscht" wird. Wenn die Ergebnisse nicht passen, dann werden einfach die Daten angepasst. Ich denke, über die wissenschaftliche Ethik eines solchen Vorgehens brauchen wir nicht weiter zu reden.

DAS war für mich der Auslöser, mich mit dem Thema zu beschäftigen – und führte bei mir zu den drei oben genannten Stufen der Entwicklung. Und es führte auch dazu, dass ich inzwischen bei Studien, die politisch motiviert sind und insbesondere wenn sie aus dem "Ministerium für Alles außer Männer" finanziert werden, sehr sehr misstrauisch bin.


Eigentlich ein Unding, dass ein solcher Bericht über das sexistische Türken regierungsamtlicher Studien nur Teil eines längeren Kommentars eines anonymen Autors ist, der sich in einer Flut anderer Kommentare in einem von zahllosen geschlechterpolitischen Blogs verliert. Viel besser verstecken kann man einen solchen Skandal nicht.

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