Wikipedia: Wie Torsten Kleinz taz-Leser für dumm verkauft
Die Debatte um die feministische Ideologisierung der Wikipedia ist inzwischen so hoch gekocht, dass man offenbar die Berliner "taz" um Unterstützung bitten musste. Dort saß Torsten Kleinz nun vor einer schwierigen Aufgabe: Wie sollte er einen Artikel über die aktuelle Debatte um die Wikipedia verfassen, ohne darin zugleich die zahllosen Dinge zu erwähnen, die belegten, dass die Kritik an der Online-Enzyklopädie schlicht berechtigt ist: vom ideologischen Umfrisieren etlicher Artikel, bis diese dem englischen Vorbild nicht mehr das Wasser reichen konnten, über diverse Verleumdungen politisch unliebsamer Personen bis hin zum Herauszensieren hunderter von internationalen Studien, von der Vernetzung der Wikimedia-Projektleitung mit Feministinnen bis zum massenhaften Sperren von Wikipedianern, die dieser Ideologie kritisch gegenüberstehen? Schon wenn Kleinz auch nur erwähnte, von wem die aktuelle Kritik an der Wikipedia ausging, bestand doch das Risiko, dass interessierte Leser nach diesen Websites suchen und dort die Belege finden würden, die es den taz-Lesern unbedingt vorzuenthalten galt! Wenn er aber andererseits auf sämtliche Informationen verzichtete, die seinen Lesern erlauben würden, sich ein eigenes Bild zu machen, würden die ihm doch sicher dahinterkommen, dass er sie für dumm zu verkaufen suchte? Ach je! Was soll man da als taz-Journalist nur tun? Was hätten Sie in dieser Situation getan? Und was erwarten Sie von einer Zeitung wie der taz?
Sie haben Recht: Tatsächlich entschloss man sich in der "taz" für einen Desinformations-Artikel. Klare Strategie: Keine Namen der Kritiker an der Wikipedia nennen! Keine von ihren Kritikpunkten anführen! Keine Belege dafür nennen, dass diese Vorwürfe zutreffen! Stattdessen die Standardstrategie fahren: Schauen, ob die Kritik an der Wikipedia nicht vielleicht auch von einer fragwürdigen Website zitiert wird – wenn ja, allein diese Website nennen. Kritik an sexistischen Auswüchsen des Feminismus weiterhin als "Sexismus" etikettieren. Möglichst schnell zu dem Thema schwenken, dass angeblich zu wenig Frauen in der Wikipedia schreiben und konstruieren, dass es auch in einer für jeden außer den Männerrechtlern frei zugänglichen Online-Enzyklopädie "gläserne Decken" gebe, die Frauen draußen halten – wie auch immer diese Rhetorik im Rahmen einer Ideologie greifen soll, deren Hauptthese darin besteht, dass Frauen und Männer doch absolut gleich seien. Ja, so macht man Propaganda. und so verkauft man seine Leser in der Tat für dumm. Die taz-Leser, scheint sich Torsten Kleinz zu denken, werden es schon nicht merken. Sobald es um die Geschlechterdebatte geht, kennen sie es von unserem Blatt ja nicht anders.
Nur an einer Stelle wird der taz-Artikel dann doch ungewollt informativ. Man wolle "den Vorgängen Einhalt gebieten", zitiert die taz Pavel Richter, den Vorstand von Wikimedia Deutschland, der damit wie schon zuvor Nicole Ebber das Schauspiel einer unparteiischen Wikipedia aufgibt. Stattdessen wettert er gegen "selbsternannte Maskulisten" – eine Formulierung, die ähnlich schwachsinnig wie die von "selbsternannten Feministinnen" wäre, so als ob es eine Instanz gäbe, die Maskulisten oder Feministinnen fremdernennen könne. Vor allem aber fragt man sich, wie dieses "Einhalt-Gebieten" aussehen soll? Ist Pavel Richter klar, dass man Leute nicht mit derselben totalitären Lässigkeit aus dem Internet wie aus der Wikipedia sperren kann? Wie will Pavel Richter verhindern, dass Menschen, die in der Wikipedia verleumdet werden, in Blogs und Zeitschriften darüber berichten und solche Verleumdungen richtigstellen? Wie will er verhindern, dass die Wikipedia zunehmend von außen kritisiert wird, wenn sie sich immer mehr zu einer ideologischen Plattform entwickelt? Wir will er unterbinden, dass diese Kritik von all jenen aufgegriffen wird, die über die Wikipedia seit langem ebenfalls nur noch den Kopf schütteln können? Es informiert sich doch nicht ganz Deutschland nur ausschließlich über die taz, wo man alles unter den Tisch fallen lassen kann, was einem nicht in die eigene Ideologie passt!
Man muss Torsten Kleinz und Pavel Richter zugestehen: Sie haben sicher im Rahmen des Ihnen Möglichen ihr Bestes gegeben. Sich mit allen Beteiligten eines Konfliktes an einen Tisch zu setzen und sämtliche Argumente gegeneinander abzuwägen, war im Feminismus nie vorgesehen; insofern darf man es wohl weder von Torsten Kleinz noch von Pavel Richter erwarten. Wenn man aber so überfordert ist, dass einem, ob als Journalist oder als Verantwortlichen für eine Online-Enzyklopädie, nichts anderes einfällt, als sich demonstrativ nur auf eine Seite zu stellen, dann outet man sich damit auf eine Weise, die in diesem Zusammenhang kaum noch zu toppen ist. Aber ich will nicht unken. Vielleicht findet man ein Interview mit Pavel Richter schon in der nächsten EMMA, wo es dann heißen wird: "Die Wikipedia ist eine neutrale Wissenschaftsenzyklopädie! Es lebe der Feminismus! Maskus raus!"
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