Kontroverse Presse für "Der entsorgte Vater"
Morgen läuft Douglas Wolfspergers Dokumentarfilm "Der entsorgte Vater" in vielen Kinos an. In den Medien gibt es dazu schon seit einigen Tagen eine breite Berichterstattung, zu der sich bereits ein übergreifendes Zwischenfazit ziehen lässt: Damit, dass ein Filmemacher genauso parteiisch für Männer und Väter eintritt, wie seit Jahrzehnten etliche Autorinnen parteiisch für Frauen und Mütter eingetreten sind, kommen insbesondere die weiblichen Rezensenten einfach nicht zurecht. Mit ihrer eigenen Parteilichkeit bei den Rezensionen haben sie hingegen keine Probleme.
Martina Knoben setzt sich auf den Seiten der "Süddeutschen" so mit dem Film auseinander, wie man es von diesem Blatt erwarten darf: "Frauen sind Schweine" lautet polemisch bereits die Überschrift in dieser Zeitung, die sich noch nie einer sehr realen Männer-sind-Schweine-Propaganda entgegengestellt hat. Knoben verharrrt in dem Glauben, irgendetwas müssten die bösen Männer doch angestellt haben, damit ihnen ihre Ex-Frauen auf so perfide Weise zusetzen. Dass deren Sichtweise in der Dokumentation nicht vorkommt, daran sind natürlich ebenfalls nicht diese Frauen schuld, die sich Interviews verweigert haben, sondern der böse Filmemacher, der dieses Thema "ausspart" und so einen Dialog der Geschlechter "gar nicht erst versucht". Hätte Wolfsperger die Damen vor die Kamera prügeln sollen?
Wer es geschafft hat, nach diesem Artikel leichte Würgegefühle zu unterdrücken, sollte seine Selbstdisziplin auch beim folgenden Beitrag aufrechterhalten. "Neue Väter, alte Probleme" stänkert die linke Wochenzeitung "Freitag", und schon nach den ersten Zeilen hat man eigentlich keine richtige Lust mehr, den Artikel noch weiterzulesen:
In den Medien werden Väter gefeiert, die sich aufopferungsvoll um ihre Kinder kümmern. Die Realität sieht in den meisten Familien allerdings noch anders aus
Wer sich davon nicht abschrecken lässt und trotzdem weiterliest, stellt fest, dass Wolfspergers Film nur am Rande erwähnt wird und die "Freitag"-Macher vor allem die Sorge beschäftigt, dass wir Kerle uns wieder auf unsere Männlichkeit besinnen könnten - und dass die Männer viel zu sehr "von den Medien gehätschelt" würden. Ja, ich musste diese Zeilen auch erst zweimal lesen, aber das steht tatsächlich so da. Soviel also zu Augsteins Versuch, seine Zeitung mit weniger linker Ideologie zu befrachten.
Die Besprechung in der "Badischen Zeitung" macht von Anfang an keinen Hehl daraus, welche Gedanken die Autorin bei diesem Film am meisten beschäftigten:
Darf er das? Einen Film drehen, weil das seine Profession ist, und sich darin selbst zum Protagonisten machen? (…) Klar, niemand kann Douglas Wolfsperger verbieten, einen Dokumentarfilm über Väter (außer sich selbst hat er weitere vier Betroffene porträtiert) zu drehen, die von ihren Ex-Partnerinnen daran gehindert werden, ihre Kinder zu sehen.
Nein, verbieten konnte man Wolfsperger diesen Film nicht, seufzt der Rest der Rezension, wobei sich alle weiteren Zeilen in dem einen Wort bündeln lassen: leider.
Deutlich angemessener ist die Rezension des Berliner Stadtmagazins "Zitty", die auch gleich mit Matthias Matussek und der von ihm diagnostizierten "Scheidungs-Industrie" eröffnet:
Douglas Wolfspergers Dokumentarfilm „Der entsorgte Vater“ gibt jetzt anschauliche Fallbeispiele dafür. Denn auch zehn Jahre nach Matusseks entrüstetem Pamphlet scheint sich am unfairen Grundsatz hierzulande nichts geändert zu haben. (…) Wolfsperger macht von Anfang an keinen Hehl daraus, dass seine private Leidensgeschichte Anlass für diesen Film ist. Vier Leidensgenossen porträtiert er dazu, Männer, deren Ex-Frauen erfolgreich alles daran setzen, den Kontakt zwischen Vater und Kind zu boykottieren. Es sind alles beileibe keine Machos, sondern weinende Väter, die ihre Kinder sehen und persönlich umsorgen möchten.
Beim SWR gelangt der ebenfalls männliche Rezensent zu dem Urteil, dass man Wolfsperger seine Parteilichkeit zwar vorhalten könne, er gibt aber zu bedenken:
Andererseits ist "Der entsorgte Vater" ein leiser, unaufgeregter Film - und eine eindringliche Mahnung an Eltern, sich ihrer Verantwortung füreinander und für ihre Kinder bewusst zu sein - auch bei einer Trennung.
Zugleich einfühlsam, informativ und ohne selbst Partei zu ergreifen, behandelt Patrick Goldstein in der "Berliner Morgenpost" das Thema und legt den Schwerpunkt seines Artikels auf Wolfspergers eigenen Konflikt mit seiner Ex. Dazwischen kommen einige unschöne Fakten deutlich zur Sprache:
Ringen Mutter und Vater ums Kind, gewinnt in Deutschland am Ende fast immer die Frau. In 5884 Fällen wurde im Jahr 2007 für die Mutter entschieden, dagegen bekamen im gleichen Zeitraum nur 495 Väter vom Gericht das Sorgerecht. Wo derzeit alles über die neue Rolle der Frau, über die Vereinbarkeit von Mutterschaft und Karriere spricht, fühlen sich diese Väter mit ihren Sorgen vernachlässigt. Bis Wolfsperger im Frühjahr 2008 aufgeben muss, erlebt er (wie auch die Männer in seinem Film), dass er scheinbar keine rechtliche Handhabe besitzt, Umgang mit seinem Kind zu bekommen, wenn es zu keiner Einigung mit der Mutter kommt. "Der Machtfaktor der Männer nach der Trennung ist der Unterhalt. Für Frauen ist es der Umgang", sagt Peggi Liebisch unumwunden. Der Bundesgeschäftsführerin des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter zufolge hätten dabei "die Kinder das Nachsehen. Denn Kinder haben ein Recht auf beide Elternteile."
Hm, das ist jetzt schon das zweite Mal, dass der Verband alleinerziehender Mütter und Väter in einem der Artkel mit einer Stellungnahme zitiert wird. Die Mütter haben dort deutlich die Übermacht. Für eine Stellungnahme etwa des Väteraufbruchs für Kinder schien sich von den männerverhätschelnden Medien niemand zu interessieren.
Etwas aufgebrochen wird das Schema "Lob von den Männern, Kritik von den Frauen" schließlich in Nina Gleiwitz Beitrag für die 3sat-Sendung "Kulturzeit". Auch hier ein paar Auszüge:
Der Kinofilm "Der entsorgte Vater" greift ein Tabu auf, das für unzählige nicht verheiratete Väter und deren Kinder ein stilles Drama ist. Stellvertretend für alle Betroffenen erzählen hier fünf Männer, darunter der Filmemacher selbst, von ihrer Verzweiflung, zwar Vater zu sein, ihre Vaterschaft aber nicht leben zu dürfen.
"Ich bin da völlig ohnmächtig", sagt einer der Väter im Film. "Ich kann auch gar nicht mehr heulen. Ich bin einfach über den Zustand des Heulens weg, weil es für mich als Vater nicht möglich ist, mein Kind zu sehen. Das ist einfach unfassbar." 60 Prozent aller unverheirateten Väter verlieren nach einer Trennung gegen ihren Wunsch jeden Kontakt zu ihren Kindern. (…)
Unverheiratete Väter haben in Deutschland vor dem Gesetz kein Sorgerecht. Dieses Gesetz soll 2009 von der EU gekippt werden. Die Bundesregierung war dazu nicht fähig. (…)
Wolfspergers "Der entsorgte Vater" ist ein notwendiger, ein trauriger Film. Auch wenn diese Väter es nicht geschafft haben, sich auch in die Sehnsüchte und Ängste ihrer Kinder hineinzuversetzen und sie so zum Teil ihrer eigenen Trauer zu machen.
Vielleicht wäre das bei einer Trauer, die selbst schon so groß ist, dass man sie kaum bewältigen kann, auch ein klein wenig viel verlangt.
Labels: Freitag, Kino, Medien, Sorgerecht, Väter
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