Samstag, April 28, 2018

Die Grenzen der Diskussionskultur sind erreicht – News vom 28. April 2018

1. Unter dem von Genderama verlinkten antimaskulistischen Artikel "Die Gewalt der Beta-Männer", erschienen auf der Website der Wochenzeitung "Freitag", kam es zu einer angeregten Diskussion. Dabei wurde der Kommentator Gunnar Jeschke gesperrt, wozu eine ganze Reihe von Teilnehmern an der Debatte ihr Unverständnis äußerten. Jeschke äußert sich jetzt unter dem Pseudonym Gunter Jested in einem neuen Beitrag zu den Hintergründen seiner Sperre:

Tatsächlich hat sich der Community Support auch mir gegenüber nicht darauf festlegen wollen, was an meinen beiden Kommentaren konkret gegen die Netiquette verstoßen hätte. Nehmen wir einmal an, er habe mir in einem E-Mail heute Mittag stattdessen mitgeteilt, dass ich mehrfach durch aktive Beteiligung an anti-feministischen Diskussionen aufgefallen sei. In der Summe habe das nun zu einer Sperre geführt. Unter diesem E-Mail hätte dann gestanden, dass es vertraulich sei.

Hätte ich diese Information trotzdem weitergeben sollen? Das Argument wäre ja von öffentlichem Interesse gewesen, weil es impliziert hätte, dass Kommentare eingeklappt wurden, die für sich genommen nicht gegen die Netiquette verstoßen haben, nicht einmal nach Ansicht der Moderation. Die Freitag-Community hätte dann wohl ein Recht, das zu wissen.

Nehmen wir ferner an, der Community Support habe mir folgendes Angebot gemacht. Wenn ich mich in Zukunft gegenüber weiblichen Schreiberinnen und mit Meinungsäußerungen dieser Art zurückhalten würde, würden sie mich gern wieder frei schalten. Mit anderen Worten, wenn ich ihnen zusichern würde, in Zukunft in der Summe meiner Äußerungen nicht mehr meine eigene Meinung zu vertreten, dürfe ich wieder an den Diskussionen teilnehmen. Wenn dem so gewesen wäre, hätte ich dem Community Support des Freitag wohl das folgende Antwort-E-Mail geschrieben (...)


(Nachtrag vom Samstagabend: Wie von vielen erwartet, blieb der Beitrag nicht lange stehen.)

Der "Freitag" hatte aktuell eine Zusammenarbeit mit dem feministischen Portal "editionf" verkündet, bei dem einzelne Artikel gegenseitig ausgetauscht werden sollten.



2. Apropos Grenzen der Diskussionskultur: Andreas Kemper lehnt ein Interview mit der "Welt" ab.



3. Svenja Flaßpöhler, Chefredakteurin des Philosophie Magazins, wurde mit ihrer Kritik an der MeToo-Kampagne auch auf Genderama zitiert. Am 2. Mai gibt sie ihr Buch zu der Debatte heraus: "Die potente Frau". Auf den Seiten der "Welt" ist ein Vorabdruck erschienen, der für die Absage von mindestens 50 Interviews ausreichen dürfte. Ein Auszug:

Je nachdem, ob eine Frau einen Mann attraktiv findet oder nicht, ob sie in Stimmung ist oder nicht, und je nachdem, wie sie sozialisiert wurde, kann ein und derselbe Sprechakt, kann ein und dieselbe Geste als Verführung oder als Belästigung wahrgenommen werden (dasselbe gilt natürlich auch für den Fall, dass eine Frau einen Mann verführen will). Daraus folgt: Wer eine Welt ohne Belästigung will, will in letzter Konsequenz eine Welt ohne Verführung. Kein Mensch kann eine solche Welt ernsthaft wollen.

(...) Sich im Nachhinein auch in Situationen, in denen klare Handlungsmöglichkeiten bestanden hätten, als reines Opfer der Umstände hinzustellen, ist nicht selbstbestimmt, sondern der Weg des geringsten Widerstands. Um es zugespitzt zu sagen: Mit welchem Argument beanspruchen Frauen für sich, paritätisch Führungspositionen zu besetzen, wenn sie sich auf solche Weise selbst infantilisieren?

(...) Kommen wir nun auf jene Folgen zu sprechen, die #metoo für das konkrete Geschlechterverhältnis, für die Beziehung zwischen Mann und Frau hat. Was genau ist das Ziel von #metoo? Will die Bewegung das Verhältnis verbessern? Umkehren? Oder nachhaltig zerstören? Eines ist offensichtlich: Wenn Menschen Probleme nicht direkt miteinander klären, sondern die Kommunikation über Bande, das heißt über einen Dritten spielen, dann verhärten sich die Fronten. (...) Kommuniziert wird über den Hashtag – und zwar absolut einseitig. Die Frau teilt sich mit, der Mann schweigt, weil eine Äußerung von ihm nicht vorgesehen ist. Er kann sich weder gegen explizit gegen ihn erhobene Vorwürfe verteidigen, noch kann er seine Sicht der Dinge darstellen – die ja durchaus interessant wäre.


Für Svenja Flaßpöhler, mich und viele andere schon. Andere sehen hier die "Grenzen der Diskussionskultur" erreicht.

Flaßpöhler führt weiter aus:

#metoo zeichnet ein klares Bild des Mannes: Im Dienste seiner eigenen Lust bricht er den Willen der Frau, geht über ihr Wohl hinweg und beherrscht sie schon allein körperlich. Im Grunde ist der Mann also ein Tier, dem nur durch schärfere Gesetze Einhalt geboten werden kann: "Balance ton porc", "Klage dein Schwein an" – so nennt sich die französische Variante von #metoo.

Der Pranger hatte seine Blütezeit im 13. Jahrhundert. Es gab verschiedene Methoden des Anprangerns. Die wohl gängigste: Der Verurteilte wurde an einen Schandpfahl gefesselt, öffentlich vorgeführt und der gesellschaftlichen Schmähung preisgegeben. Wer einmal am Pranger stand, konnte nicht mehr so weiterleben wie zuvor, er war als gesellschaftliches Subjekt vernichtet. Heute übernimmt die Funktion des Schandpfahls der Hashtag (so Klarnamen genannt werden) oder auch die sogenannte Verdachtsberichterstattung.

Ob Dieter Wedel schuldig ist oder nicht (und es ist gut möglich, das man diese Frage nicht mehr wird klären können, weil die Fälle zu lang zurückliegen), seine Existenz ist irreparabel zerstört. Der regressive Zug der #metoo-Bewegung wird auch an dieser Stelle deutlich sichtbar: Was im Gewande des Fortschritts daherkommt, ist in Wahrheit ein Rückschritt – und zwar buchstäblich ins Mittelalter.




4. Schon ein paar Wochen alt, aber nach der Ausschlachtung der Amokfahrt von Toronto wieder brandaktuell: Der US-amerikanische Nachrichtensprecher Tucker Carlson warnt sarkastisch vor "toxischer Weiblichkeit".



5. Warum sollten Frauen unschuldige Männer fälschlich der Vergewaltigung bezichtigen? fragt manche Feministin. Zum Beispiel weil die betreffende Frau nicht mit in den Zoo kommen konnte.

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