Dienstag, Juli 18, 2017

Internet-Pranger für Kritiker der herrschenden Geschlechterpolitik online – News vom 18. Juli 2017

1. Weil die Wikipedia offenbar für die Feindbildproduktion nicht mehr ausreicht, gibt es jetzt mit dem Namen "Agent*In" das neueste Internet-Lexikon, das Feminismuskritiker in einen Zusammenhang mit radikalen Rechten stellt. Auch über mich gibt es dort natürlich einen eigenen Eintrag.

Vielleicht wundern Sie sich bei dessen Lektüre beispielsweise darüber, dass Sie, obwohl Sie seit langen Jahren Genderama lesen, hier noch auf keinen einzigen der angeblich so häufigen Verweise auf die "Jungen Freiheit" gestoßen sind. Dann aber sagen Sie sich vielleicht: Naja, leider kann heutzutage so ziemlich jeder anonym irgendein denunziatorisches Wiki online stellen.

Von wegen. Die Agitation wird ganz offen betrieben: Das hier sind die Verantwortlichen für die neueste Attacke aus dem Genderlager.

Beim Lesen des Eintrages über mich dürfte Ihnen ebenfalls aufgefallen sein, dass Sie über meine politische Haltung zu verschiedenen geschlechterpolitischen Fragen keine Silbe erfahren. Das ist bei anderen Personen, die auf diesem skurrilen Internet-Pranger gedisst werden, ähnlich. Das Engagement dieser Personen für Bürger- und Menschenrechte wird konsequent ausgeklammert, wodurch sich die Betreiber dieser Website unterschwellig gegen solche Bürger- und Menschenrechte positionieren.

Eine Sachdebatte auf Augenhöhe scheut das Genderlager noch immer wie der Teufel das Weihwasser. Und eben weil beispielsweise den Grünen statt guten Argumenten auf Sachebene nur noch so etwas wie dieses Wiki einfällt, um politische Auseinandersetzungen zu führen, können sie seit Jahren bei vielen Wählern nicht mehr punkten. Harald Marteinstein hatte ich zu diesem Thema ja erst neulich zitiert:

Wegen eines kritischen 'Zeit'-Artikels über die Genderforschung wurde ich von der den Grünen nahestehenden Heinrich-Böll-Stiftung als NPD-nah eingestuft. Und diese Grünen hatte ich, verdammt noch mal, davor rund zehn Mal gewählt.


Viele Wähler der Grünen haben inzwischen dazu gelernt. Die Partei und ihre Stiftung leider nicht.

Das Gunda-Werner-Institut in der Heinrich-Böll-Stiftung bewirbt seinen Internet-Pranger ausführlich hier.



2. Christoph Reimann hat sich beim Deutschlandradio unter der Überschrift "sexuelle Diskriminierung" Gedanken zum "Mann als (Lust-)Objekt" gemacht.



3. Die Frankfurter Allgemeine hat einen neuen Vorschlag für die feministische Verbesserung unserer Sprache zu bieten: "Bäcks und Hausmeistis".



4. Kritik erntet derzeit eine seit Jahrzehnten beliebte britische Science-Fiction-Serie. Nach zwölf Generationen von Männern ist der neue "Doctor Who" jetzt eine Frau. Feministinnen sind empört, weil sich die Macher der Serie nicht für einen transsexuellen Schwarzen entschieden haben.



5. Die Post. Einer meiner Leser ist befremdet von einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen, der gleichen Lohn auch für Profi-Fußballerinnen fordert:

Absurd, wie der Autor die naheliegenden, berechtigten Einwände gegen gleiche Bezahlung (mehr Geld im Spiel, Einschaltquoten, LEISTUNG etc.) in einem langem Kommentar binnen ganz weniger Sätze wegzuwischen versucht, ohne irgendein Argument vorzubringen - und stattdessen HeforShe zu bemühen, ziemlich wenig emanzipatorisch.

Abgesehen davon, dass die Fußballstars ihren männlichen Fans nichts abgeben, sondern von ihnen und ihrer Leidenschaft leben, während sich die meisten Frauen nicht für Fußball interessieren und kein Geld dafür ausgeben - schon gar nicht für Frauenfußball.


Ein anderer Leser teilt eine Einschätzung nicht, die ich gestern veröffentlicht habe:

Lieber Arne Hoffmann,

heute haben Sie zu Worten des Forschers Klaus Schroeder angemerkt, man sollte Parteien mit einem derart ungeklärtem Verhältnis zur Gewalt nicht wählen.

Ich bin in diesem Punkt nicht ganz einverstanden mit Ihnen. Ich meine, dass man damit unnötig dazu beiträgt, alles, was "links" ist, pauschal zu diskreditieren. Fast schlimmer noch: Man etikettiert Gruppierungen als links, die es nicht sind. Ich meine damit die SPD.

Die SPD von Schröder, Schulz, Heil und Schwesig ist Lichtjahre entfernt davon, links zu sein. Sie ist neoliberal, falls sie überhaupt durch Überzeugungen auffällt. Dieses Milieu hat überhaupt keine Nähe zu der radikalen Linken. Kapitalismuskritik ist ihm fremd. Ich kann mir daher überhaupt nicht vorstellen, dass diese Partei auch nur ansatzweise irgendwelche Sympathien für gewalttätige Links-Autonome empfindet. Als Zyniker könnte man sagen: Ach, gäbe es doch wenigstens im Ansatz in der SPD ein wenig Revoluzzertum! Dann würde sich die Partei wenigstens noch irgendwie mit inhaltlichen Auseinandersetzungen befassen.

Was stimmt, ist, dass die Jusos sich tatsächlich auf solche Demo-Bündnisse einlassen. Der eine oder andere Juso geriert sich auch als hart links. Wenn es aber echte Kontakte zur linksradikalen Szene gibt, dann sehe ich diese eher bei der Linkspartei. Diese bindet auch eher linksalternative und linksradikale Milieus ein. Hier haben dann tatsächlich einige Leute mal darüber nachzudenken, was sie dort unterstützen.

Dennoch muss man selbst bei der Linkspartei sagen, dass man das nicht so generalisieren sollte. Leute wie Wagenknecht und Bartsch haben mit dieser Sorte Linke wenig am Hut. Wagenknecht z.B. hat irgendwann in der letzten Zeit auch diese Fraktion in der Partei stark kritisiert. Sie hat ihnen vorgeworfen, dass sie Linkssein mit dem Einsatz für die sprichwörtliche Gendertoilette verwechseln und dass die damit die wirklich brennenden ökonomischen Ungerechtigkeiten aus dem Blick verlieren.

Fazit: Es ist falsch, alle in Bausch und Bogen zu verdammen. Es ist insbesondere falsch, etwaige denkbare Verbündete in diesen Parteien anzugreifen und somit die Tür zuzuschlagen für die Frage der Männerrechte. Vielmehr sollte man auch in diesen Parteien Leute suchen und kontaktieren, die ein offenes Ohr für die Interessen von Männern haben. Wenn man jetzt "links" und "Gewalt" gleichsetzt, spielt man bloß das Spiel der Union mit.

Das führt aber am Ende dazu, dass nur noch Union und AfD als denkbare Bündnispartner übrig bleiben. Aber damit fühlt sich nicht jeder Männerrechtler wohl. Nur weil ich Feminismuskritiker bin und das Mitte-Links-Spektrum diesbezüglich null Diskursbereitschaft zeigt, möchte ich nicht nach rechts rücken. Und ich fänd es fatal, wenn viele eher politisch naive Männerrechtler sich den rechtskonservativen Leuten der "Kulturmarxismus"-Fraktion in die Arme werfen, ohne zu merken, dass auch die vor allem ihr eigenes politisches Süppchen kochen.

Ich bin links und möchte es auch bleiben. Ich lehne den Generalverdacht ab, mit Gewalttätern zu sympathisieren, zumal ich parteilos bin und keinerlei Szenekontakte habe. Sippenhaft, das war in meiner Ex-Heimat DDR üblich. Aber in einer offenen Demokratie sollte es möglich sein, differenziert zu diskutieren.


Ich stehe ja weltanschaulich selbst links und kann die Argumentation meines Lesers zu weiten Teilen nachvollziehen. Allerdings sind mir Werte wie Gewaltfreiheit, Antisexismus, Menschenrechte und eine faire Sachdebatte wichtig. Diese Werte finde ich in Parteien wie den Grünen, der SPD und der Linken seit Jahren nicht mehr im für mich ausreichenden Ausmaß, und ich weiß, dass ich nicht der einzige Linke bin, der sich gegenüber diesen Parteien zunehmend entfremdet fühlt. Die AfD steht für mich ohnehin nicht zur Diskussion, insofern bleiben für meine Wahlentscheidung von den einflussreicheren Parteien derzeit tatsächlich nur CDU und FDP übrig. Eine Verbrüderung mit gewaltbereiten Extremisten wird man bei den Liberalen etwa nicht finden. Wenn allerdings jemand auf SPD, Grüne und Linkspartei einwirken möchte, damit dort verantwortungsbewusstere Politiker an Einfluss gewinnen, bin ich der letzte, der sich solchen Versuchen entgegenstellen würde. Wobei mich schon interessieren würde: Die "etwaigen denkbaren Verbündeten in diesen Parteien für die Frage der Männerrechte" – wer soll das sein?



6. Weitere geschlechterpolitische News findet man heute Morgen hier.

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