Dienstag, November 18, 2014

Lesermail (Naturkatastrophen)

Einer meiner Leser schreibt mir zu diesem Genderama-Beitrag zu Ruben Östlunds Film "Force Majeure":

Es macht auf mich nicht den Eindruck, dass Du den Film gesehen hast und nur von der (wie so oft bei Filmthemen hierzulande gruseligen) Rezeption in den Medien ausgehend argumentierst.

Ich sah den Film in Anwesenheit des Regisseurs im September auf dem Toronto-Film- Festival, und er ist meines Erachtens weitaus vielschichtiger, als es aus Deinem kurzen Beitrag oder eben der hiesigen Verhandlung in den Medien spricht. For starters: Er thematisiert zu gleichen Teilen die Reaktion der männlichen Hauptfigur auf die anscheinend gefährliche Situation wie eben auch die Erwartung der weiblichen Hauptfigur an ihn und hält sich auch eines Urteils zurück. Eigentlich geht es dem Film gerade um den "kulturellen Code", den er zu gleichen Teilen fest- und in Frage stellt. Die Tatsache, dass er dabei durchaus hin und wieder ausgesprochen komische Passagen einarbeitet, rechtfertigt für mich ganz sicher nicht, von "sich verächtlich machen" zu sprechen. Und das Ende, über das in weiten Teilen wieder mal gar nicht gesprochen wird, für mich aber crucial für ein Verstehen des Films ist, stellt vieles von dem, was in den 90 Minuten vorher erzählt wird, quasi auf den Kopf.

Es mag sein, dass die von dir angesprochene Lesart des Films durchaus eine mögliche ist, doch ich würde argumentieren, dass das, wie so oft, mindestens genausoviel mit einem selbst zu tun hat wie mit dem rezipierten Werk. Meine Lesart ist eben tatsächlich eine etwas andere. Der Film ist ohne Frage in der Lage zu einer Debatte über maskulistische Thesen und Themen anzuregen - auch wenn, wie gesagt, die hiesige veröffentlichte Rezeption das nicht sehen will. Their loss.

Ansonsten Grüsse und so und vielen Dank für Deine wichtige Arbeit.


Ich habe mich in meinem Blogbeitrag tatsächlich auf die Darstellung des Films in unseren Leitmedien (hier: "Heute journal" und Spiegel-Online) bezogen. Dass deren Berichterstattung oft hanebüchen ist, man sich aber oft fast zwangsläufig darauf beziehen muss, weil man als unbezahlter Blogger (im Gegensatz zum bezahlten Journalisten) nicht die Darstellung jedes Artikels mal eben gegenrecherchieren kann, ist natürlich immer wieder ein Problem bei diesem Job.

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