Lesermail (Better-Life-Index)
Einer meiner Leser schreibt mir:
Auf Genderama war heute in einer Lesermail zu lesen, dass Mexiko häufig als Hochburg der Gewalt gegen Frauen beschrieben wird. Diese Behauptung ist sehr interessant, wenn man sie mal mit Daten vergleicht, die unter dem Punkt Sicherheit im Better-Life-Index der OECD zu finden sind.
Wie die meisten Leser von Genderama sicherlich wissen, werden Männer weltweit etwa viermal häufiger ermordet als Frauen. Im Better-Life-Index liest man über Mexiko folgendes: Die Mordrate pro 100.000 Einwohner beträgt dort bei Frauen 4,2. Das liegt zwar tatsächlich deutlich über dem internationalen Durchschnitt, allerdings beträgt die Mordrate bei Männern 44,7. Das ist fast das Elffache wie bei den Frauen und damit ein weitaus größerer Unterschied als der internationale Durchschnitt. Vergleicht man dies mit Deutschland, so ist in Mexiko die Wahrscheinlichkeit für eine Frau ermordet zu werden 8,4mal so groß wie in Deutschland, für Männer jedoch 74,5mal so groß. Schaut man sich im angesprochenen Index jetzt andere Länder an, so scheint Mexiko einen Trend zu bestätigen, nach welchem mit ansteigendem Gewaltniveau auch die unterschiedliche Gewaltbetroffenheit der Geschlechter wächst. So haben z. B. Japan und die Schweiz nicht nur eine extrem niedrige Mordrate, sondern sie gehören auch zu den wenigen Ländern, in denen die Mordrate bei Frauen und Männern identisch ist.
Im Falle Mexikos bietet sich da ein Vergleich mit den Afroamerikanern in amerikanischen Gettos an. Viele Feministinnen werden nämlich sicherlich dahingehend argumentieren, dass die Männer in Mexiko hauptsächlich von anderen Männern getötet werden. Das ist auch sicherlich richtig, nur lässt sich das ebenfalls über viele getötete Afroamerikaner in den USA sagen. Hier spricht man allerdings von einem klaren Zeichen für Rassismus. Viele gewalttätige Mexikaner leben dabei in ähnlichen wenn nicht sogar noch schlechteren Verhältnissen wie die Afroamerikaner in den USA.
Mexiko ist also letztlich ein Paradebeispiel dafür, dass männliche Gewalt häufig das Ergebnis von Ohnmachtserfahrungen (Armut, Klassenzugehörigkeit, psychische Probleme oder eigene Gewalterfahrungen) ist. Und damit auch ein gutes Beispiel dafür, dass durch eine stärkere Konzentration auf männliche Probleme sich letztlich auch die Sicherheitslage der Frauen verbessern würde. Letzteres ist dabei ein Argument, das aus meiner Sicht häufiger verwendet werden sollte.
Der von mir angesprochene Better-Life-Index zeigt übrigens noch andere interessante Fakten. Wer sich schon mal mit dem Gender-Gap-Report beschäftigt hat (unter anderem auch mit dessen einseitiger Berechnung), weiß sicherlich dass dieser häufig Island auf Platz 1 und damit als das gegenüber Frauen fairste Land auflistet. Laut Better-Life-Index ist Island wiederum das einzige Land in dem Frauen häufiger ermordet werden als Männer. Island hat also offenbar eine derartig starke Umdrehung früherer Verhältnisse erreicht, dass die Frauen dort jetzt einen typischen Männernachteil zu spüren bekommen.
Zum Schluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass der Better-Life-Index in einigen Punkten Geschlechtervergleiche enthält, die auffällig häufig zu Ungunsten der Männer ausfallen. Insbesondere in den Punkten Sicherheit, Bildung, Gesundheit und auch einige Male im Punkt Lebenszufriedenheit.
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