Sonntag, November 09, 2014

Frankensteins Monster und die Ausgrenzung von Männern

Sobald man einmal für dieses Thema sensibilisiert ist, entdeckt man auch in Büchern, die mit der Männerdebatte im eigentlichen Sinne wenig zu tun haben, immer wieder aufschlussreiche Informationen. Momentan lese ich zum Beispiel Subversive Horror Cinema. Countercultural Messages of Films from "Frankenstein" to the Present und finde darin die folgende Passage zum Horrorfilm der Weltwirtschaftskrise in den Dreißiger Jahren und dabei insbesondere "Frankenstein":

The 1930s saw war veterans, unemployed homeless men and homosexuals increasingly persecuted as a result of the "sex crimes" panics which swept America during the Depression era (...). Throughout "Frankenstein", the Monster becomes increasingly identified iconographically with all those that 1930s society sought to demonize, persecute and oppress, most notably veterans ("unionized troublemakers"), organized labor ("communists"), unemployed homeless men ("vagrants") and homosexuals ("sexual deviants"). (...) These sex crime panics linked unemployed homeless men and homosexuals in particular to incidents to molestation. Gay men especially suffered persecution as a result of ensuing laws which criminalized homosexuality within the broader categroy of violent crimes, associating homosexuality with child molestation and the public mind.

Concerns about sexuality had entered the discussions about migrant labor and homelessness as the Depression deepened. At the same time, crimonlogists became increasingly interestend in sexual abnoramlity and the male sex crime. The male deviant became the subject of particular attention, focusing on the homosexual and the psychopath. (...) From the origin of the concept, the psychopath had been persecuted as a drifter, an unemployed man living on the boundaries of society and lacking family. (...) Likewise, sociological studies such as "Twenty-Thousand Homeless Men: A Study of Unemployed Men in Chicago Shelters" suggested that the underlying cause of men's unemployment was a lack of normal sexual experiences with women. These studies began finding their way into legislation, creating a whole new set of crimes on sexual deviancy: The "sexual psychopath" was born – an amalgamtion of drifter, homosexual and child molester. These sex crime laws (...) were really aimed at curbing the non-conforming individual, by allowing the regulation of much less serious but socially disturbing behaviors such as vagrancy and homosexual practices.


Ich brauche vermutlich nicht eigens zu erwähnen, dass auch die aktuelle "sex panic" in den USA einer beängstigenden Wirtschaftskrise gefolgt ist (und mit der Aufschrei-Hysterie auch Deutschland erreicht hat), wobei diesmal allerdings nicht Obdachlose und Homosexuelle als die gefährlichsten Gruppen unter den Männern phantasiert werden. Wenn es einen etablierten Forschungszweig "Männerstudien" gäbe und nicht nur eine feministisch verkrüppelte Version, in der Männer vor allem als Täter und Hindernisse wahrgenommen werden, wäre es reizvoll, das damalige Feindbild mit dem heutigen zu vergleichen. Die von mir zitierte Passage schließt ja auch an andere Erforschungen historischer Traditionen von Männerfeindlichkeit an, wie sie etwa von Christoph Kucklick, David Benatar, Roy Baumeister, Martin van Creveld und Adam Jones vorgelegt wurden.

So verfemt, wie Männlichkeit allerdings im derzeitigen akademischen Diskurs ist, bietet sich diese Möglichkeit leider kaum. Stattdessen hat auch unsere Zeit "soziologische Studien" zu bieten, in denen non-konformistische Männergruppen als ähnlich bedrohlich und "nicht salonfähig" ausgegrenzt werden, wie es vor achtzig Jahren geschah. In erster Linie trifft es heute uns Männerrechtler, denen, ähnlich wie es anderen Männergruppen vor achtzig Jahren geschah, gerne unterstellt wird, wir seien degeneriert, weil uns der Einfluss einer Frau fehle, auf neudeutsch "wir keine abbekommen hätten" (hier nur mal das aktuellste Beispiel dieser Rhetorik in einem Diskussionsforum der Gamer-Community).

Dass einige Leute in Blogs und Foren der Männerbewegung gegen dieselben Gruppen Stimmung machen, die schon vor achtzig Jahren als Feindbld dienten, nämlich Marxisten/Kommunisten und Homosexuelle, sei in diesem Zusammenhang nur als kleine Peinlichkeit am Rande ergänzt.

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